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Zeitschrift für christliche Kunst — 1.1888

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Bocholtz-Asseburg, Johann von: Meister Anton Eisenhut und sein Nachfolger Meister Otto Meier
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38ö

1888.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

386

Der Kelch läfst sich zwar in mehrere ein-
zelne Theile zerlegen und zwar schiebt sich u. A.
ein runder Zapfen unten an der Kuppe in eine
Hülse des Schaftes enge ein und wird durch
einen quer durch beide Theile laufenden Stift
festgehalten. Aber die daraus gefolgerte Mei-
nung, er sei als Reisekelch verfertigt und habe
als solcher „ursprünglich dem Paderborner Fürst-
bischof Dietrich von Fürstenberg gedient", ist
nach dem Vorstehenden hinfällig.

Die Patene, deren Durchmesser 12 cm, und
deren Gewicht 80 g beträgt und welche ebenso
wie die Kuppe aus Gold und deshalb weich
und biegsam ist, enthält, Caspar's oben aus-
gesprochenen Wünschen entgegen, auffallender
Weise keinen Edelsteinschmuck. Sie ist schüssei-
förmig, ohne Absätze und hat am Rande der
Unterseite eine Inschrift getragen, welche aber
durch das Purifiziren undeutlich geworden ist.
Die Worte AVRVM . . . DJCIT DOMINVS ..
TVVM ... MEVM sind noch zu entziffern. Das
Löffelchen ist kunstlos und versilbert, scheint
nicht zum Kelche zu gehören, sondern später
hinzugemacht worden zu sein.

Gegenüber dem in erster Linie hervor-
stechenden Charakterzug der Eisenhut'schen Ar-
beiten, der technisch höchsten Vollendung bei
Behandlung des getriebenen Silbers, findet sich,
abgesehen davon, dafs jene hohe Perfektion
hier nicht erreicht ist, dafür hier der reiche
Farbenschmuck bunter Edelsteine und des Emails
— Mittel, welche Eisenhut, soviel bekannt,
zur Verschönerung und Ausschmückung seiner
Werke, nicht angewendet hat. Auch Engelköpfe,
von Eisenhut nur an den acht Ecken des Pon-
tificals angebracht, bekanntlich eine sehr beliebte
Renaissance-Verzierung, finden sich an dem
Kelche, sowie leichteres, durchbrochenes Blatt-
werk. Aus allem diesem letzteren bestehen
höchst wahrscheinlich diejenigen Zuthaten, durch
welche Eisenhut's angefangenes Werk von Meister
Otto Meier vollendet wurde. Im Einzelnen
festzustellen, was von dem einen, was von dem
andern Meister herstammt u. s. w., mufs sach-
kundigen Kunstkritikern überlassen werden —
wenn es überhaupt möglich ist. Uns sollen hier
weniger das künstlerische Schaffen, wie die
kunstgeschichtlichen Momente beschäftigen. Und
da ist die nächste Frage, was wissen wir von
Meister Otto Meier von Lichtenau? Wenn
schon das W. in den Eisenhut'schen Kupfer-
stichen zu den sonderbarsten Emendationen

Veranlassung gab und selbst P'üssli und auch
Nagler in ihren Künsterlexicis nicht Warburg
in Westfalen daraus erkannten, was ist da von
einem Manne mit dem ungewöhnlichen Namen
Meier zu erwarten, der, wie es scheint, aus
Lichtenau stammt, einem kleinen Orte an den
Abhängen des Teutoburger Waldes zwischen
Warburg und Paderborn? In der That, man
wufste bislang nichts von ihm.6) Und doch
mufs in jenen Tagen, als Caspar von Fürsten-
berg denselben würdig hielt, unmittelbar nach
dem Tode Eisenhut's, ihn mit solcher Arbeit zu
betrauen — er hätte ja bei seinen vielfachen
Relationen ebensogut in Köln oder Frankfurt,
wie er es wiederholt gethan, diese Arbeit fer-
tigen lassen können — Meister Otto Meier als
tüchtiger und gewandter Künstler der Heimath
bereits bekannt gewesen sein. Die Fürsten-
bergischen Geschwister werden, als Mäcene für
Kunst und Architektur — die Nachwelt sieht
es! — sowie sie den ersten Künstler des Landes
Anton Eisenhut soviel für sich beschäftigten,
dafs sein Bestes in ihren Besitz gelangte, auch
von dem jüngeren Künstler längst Kunde ge-
habt haben, um so mehr, als des Meisters Bruder
fürstlich Paderbornischer Sekretär war. Viel-
leicht auch, dafs der vor der Erwerbung von
Laer bei Meschede in Lichtenau wohnende
Vetter der Fürstenberge, der Paderbornische
Hofmeister Heinrich Westphalen — ihn wird
auch zweifellos jenes Bild von Eisenhut vor-
stellen, dessen Lessing (die Silberarbeiten Eisen-
hoits) bei Aufzählung der Kupferstiche unter
Nr. 4, als im Jahre 1585 gestochen, erwähnt —
ihre Aufmerksamkeit auf ihn gelenkt hat. Von
jener Seite ist freilich leider auf weitere Auf-
hellung kaum zu rechnen, da das überaus werth-
volle und umfangreiche Archiv der Familie West-
phalen sammt Bibliothek bis auf wenige Reste
im Jahre 1848 auf dem Gräflich Westphalen-
schen Schlosse zu Fürstenberg am Sentfelde,
wo es sich befand, verbrannt ist. Auch mufs
Caspar mit der dem neuen Meister anvertrauten
Vollendung zufrieden gewesen sein, da er bei
Ablieferung der einen Arbeit, neben Reparatur
alten Silberwerks, ihm gleich wieder eine neue,
die Altarpullen (Mefskännchen für Wein und
Wasser) in Auftrag gibt.



•■>) So ist z. B. in Mithoff „Mittelalter]. Künstler
und Werkmeister Niedersachsens und Westfalens" lexi-
kalisch dargestellt (s>. Aufl., 1885) sein Name nicht
erwähnt.
 
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