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Zeitschrift für christliche Kunst — 1.1888

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Kleinere Beiträge und Nachrichten
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251

1888.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

252

Ausstellungen und Nachrichten.

Deutsch Nationale Kunstgewerbe-
Ausstellung zu München 1888.
III.

(Schlussartikel.)

Das ursprüngliche Programm der Ausstellung,
wonach die Anordnung nicht nach Fachgruppen
erfolgen sollte, um kein Jahrmarktsbild entstehen
zu lassen, mufste, den Verhältnissen entsprechend,
vielfach durchbrochen werden; in Bezug auf
die kirchliche Kunst blieb es aber aufrecht
erhalten, und so zeigt sie sich denn in dem ihr
zugewiesenen Raum, welchem durch hohe Bogen-
wölbungen und gothische Fensteröffnungen ein
kirchliches Ansehen gegeben wurde, ziemlich
übersichtlich zusammengestellt, wenn auch Ein-
zelnes anderswo zerstreut zu suchen ist. Wenn
wir behauptet haben, dafs die Gefahr des Rococo
nicht allzugrofs ist, so trifft diese Behauptung
am meisten bei der kirchlichen Kunst zu; leider
aber werden die hier heimischen mittelalterlichen
Stile nicht in der Weise ausgeübt, dafs sie einem
kräftigen Vorstofs modernerer Richtungen Stand
halten könnte. — Um mit dem kirchlichen
Mobiliar zu beginnen, so mufs vor Allem
bemerkt werden, dafs dafselbe zumeist an
dem Grundübel leidet, dafs Stein-Architektur
und -Ornamentik den Holzarbeiten zu sehr die
direkt nachgeahmten Vorbilder geliefert haben.
Abgesehen von einem Altar (von Kiefer, Kiefers-
felden, Oberbayern), welcher in einfachen Formen
aber vorzüglich schönen Verhältnissen aus ver-
schiedenen Marmorsorten hergestellt ist, sind
z. B. alle romanischen Kirchenmöbel in
Holz imitirte Steinbauten. Wenn die von Gebr.
Böhme (Mühlhausen i. Eis.) gebrachten, sehr
hervorragenden Stücke — Beichtstuhl, Altar,
Kanzel mit Wendeltreppe und Schalldeckel —
von Stein wären, könnten sie vielleicht als
passend gelten. Am meisten unter den Re-
präsentanten des romanischen Stils mögen Marg-
grafs (München) Arbeiten entsprechen, da sie
den Bedingungen des Materials und des Stils
im Ganzen angepafst sind. — Etwas besser sieht
es mit der Gothik aus, wenn auch diese
Häufung von parallelen geraden Linien an Strebe-
pfeilern, Fialen, Wimpergen, an welchen durch
das Gewimmel von Krabben und Kreuzblumen
jeder grofse Zug erstickt wird, nicht überall
gefallen wird. Die Frühgothik nahm das ge-

schnitzte Ornament als hauptsächlichste deko-
rative Beigabe für den Altaraufbau — wie das
sehr schön an dem Altar von F. Radspieler et Co.
(München) vor Augen tritt — und die Meister
der Spätgothik wufsten ihr Bedürfnifs nach
Unterbrechung der durch Streben und Fialen
geschaffenen trockenen Liniensysteme dadurch
zu befriedigen, dafs sie die Fialen in allen mög-
lichen Richtungen bogen und wandten. In
dieser Art, aber ohne Zügellosigkeiten, sind die
Altäre von L. Vogt (Memmingen) und Simmler
c~t Venator (Offenburg). Neben einer Anzahl
kleiner Hausaltärchen, einer nicht sehr erfreu-
lichen Orgel und eines dito Harmoniums, gehört
nur noch ein Altar der nachmittelalterlichen
Zeit an (von J. Schaidhauf, München). Für die
Wallfahrtskirche von Wemding bestimmt, mufste
er sich in die Rococoformen des Aufstellungs-
ortes einpassen und er trifft diesen Stil so voll-
kommen, dafs auch ein Gegner desselben seine
Freude daran haben kann. Die Farbenharmonie
ist die schwache Seite der Altarbauten, besonders
aber der dabei vorkommenden polychromen
Plastik; hier herrscht im grofsen Ganzen noch
eine Richtung, die wir nur mit dem Namen
„Bauerngeschmack" belegen können. Es mag
sein, dafs Vieles in der „Kirchen ehrwürdiger
Nacht" besser aussieht, aber ein bischen haus-
hälterischer dürfte man schon mit grellen Farben-
kontrasten umgehen. Schon durch blofses Ueber-
lasiren der tiefer liegenden Stellen der Draperie
könnte Vieles verbessert werden; und wenn
die Vergoldung der Architektur und des Orna-
mentes nicht durch allzu feine Vertheilung zer-
splittert würde und mehr dazu diente, die grofsen
Züge deutlicher zu markiren, so wäre schon
Viel gewonnen.

Um ein gut Theil tröstlicher sieht es mit
der Glasmalerei aus; hier sind wirklich be-
deutende Fortschritte zu verzeichnen. Die grellen
giftigen, nur zu oft kraftlosen Farben und die
grofsen Glasstücke sind fast ganz verschwunden
und an ihre Stelle sind farbentiefe, harmonische,
mehr mosaikartig zusammengesetzte Bilder ge-
treten. München, das soeben die Centenarfeier
für Ludwig T. begangen hat, dankt diesem König
bekanntlich auch die erneute Pflege der Glas-
malerei, und es könnte in dieser Hinsicht seine
Dankbarkeit dafür nicht besser zeigen, als durch
die jetzt vorliegenden Resultate. Namentlich
 
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