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Zeitschrift für christliche Kunst — 1.1888

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Kraus, Franz Xaver: Der Altarfund von Gering
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https://doi.org/10.11588/diglit.3545#0239

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Abhandlungen.

Der Altarfund von Gering.

Mit Abbildungen.

in Brief des Herrn Domvikars und

bischöflichen Registrators Weber

in Trier an Herrn Domkapitular

Schnütgen, d. d. 29. Mai 1888,

gab folgenden Bericht über den hochinteres-
santen Fund, welcher im Nachstehenden be-
kannt gemacht wird:

„In der Kapelle des sehr alten Filialdorfes
Gering auf dem Maifelde (Pfarrei Kehrig) stellte
sich unlängst bei Revision des Altares heraus,
dafs der in den Stipes altaris eingelassene, das
Sepulcrum deckende Stein nicht mehr vor-
schriftsmäfsig festsafs. Um dem Uebelstande
abzuhelfen, mufste der Stein abgehoben werden,
und es fand sich auf demselben folgende aus
römisch-christlicher Zeit stammende Inschrift:
Caritati Diffus (oder Dcffus) .... Qui vixit
annos .... Filiolos suos .... Venius .... Hier
folgt das Zeichen der Taube, deren Schnabel
ein Blatt entfallen ist oder welche einen Zweig
mit mehreren Blättern hält.... Mit Sicherheit
ist dieses nicht zu erkennen, da vom Kopf an die
Fortsetzung der Zeichnung nach dem Schnabel
hin fehlt, bezw. dort der Stein aufhört und
nur unten ein Blatt in den Stein hineinragt."

„Unter dem Stein, welcher eine Dicke von
5 cm hat, und aus sehr schwerem weifsen
Kalkmarmor besteht, stand in dem Sepulcrum
ein kleines hölzernes Reliquiarium, in Form
eines mit einem Deckel verschliefsbaren Dös-
chens gearbeitet. Das Ganze war von oben
verschlossen durch das wächserne Siegel des
Erzbischofs Egbert (gestorben 993). Der Inhalt
des Döschens ist auf keine Weise festzustellen;
nur läfst sich noch ein kleiner Pergamentstreifen
erkennen, der wahrscheinlich die Authentik
enthält, jetzt aber kein Inschriftzeichen mehr
erkennen läfst u. s. f."

Dazu gab ein zweites Schreiben vom 8. Juni
noch den Nachtrag: „Eben als ich den Inhalt
(des Reliquiars) noch einmal durchsehe, bevor
ich ihn in ein anderes Büchschen brachte, finde
ich ein Restchen Pergament, das deutlich fol-
gende Bezeichnung erkennen läfst: {S)ebastiani
mart{iris). Das Reliquiar war also mit Reli-

quien dieses Heiligen (Sebastian) versehen. Es
sind noch 4 bis 5 Partikelchen von Gebeinen
zu erkennen."

Nachdem mich die Redaktion der »Zeitschrift
für christliche Kunst« ersucht hatte, den im An-
geführten besprochenen Fund an diesem Orte
zu publiziren, hatte Herr Domvikar Weber die
Güte, mir die Fundgegenstände zur Untersuchung
zu übersenden. Es sind deren, wie bemerkt, drei,
welche wir der Reihe nach erörtern werden.

Der aus dem Altar ausgehobene Stein ist
unzweifelhaft das Bruchstück einer alt-
christlichen Grabschrift, welche sich sofort
als der Familie unserer Trierer Epitaphien zu-
gehörig herausstellt. Für die Verwendung solcher
Fragmente altchristlicher Grabschriften zu Altar-
steinen lassen sich, gerade aus dem Trierischen,
auch andere Belege beibringen. Meine Samm-
lung der christlichen Inschriften des Rhein-
landes wird ein dem hier in Rede stehenden
ganz analoges Beispiel aufweisen, wo eine von
S. Maximin abhängige Kapelle einen altchrist-
lichen Titel, vermuthlich von dem Coemeterium
bei S. Maximin, als Altarstein erhielt.

Ueber das Filialdorf Gering, welches jetzt
zur Pfarrei Kehrig, Dekanat Mayen (vgl. Schema-
tismus der Diöcese Trier, Trier 1869, S. 125),
gehört, haben Barsch (Eifl. illustr. III, 1, 2,
S. 155 f.) und de Lorenzi (Beitrag zur Ge-
schichte sämmtlicher Pfarreien der Diöcese Trier,
Trier 1887 II, 299 f.) einige Nachrichten zu-
sammengestellt. Erwähnt wird der Ort urkund-
lich zuerst 1257, Okt. 10, wo der Münster-
maifelder Scholaster Heinrich dem Stifte des
hl. Martin und Severus zu Münstermaifeld alle
seine Güter in Girreke und sein Horreum da-
selbst schenkt (Mittelrh. Urkdb. III, Nr. 1418).
Wann die Filiale eine eigene Kapelle erhielt,
ist durchaus unbekannt; de Lorenzi begnügt
sich mit der Bemerkung: „Auch die Filiale
Gering hat schon lange ihre dem hl. Nikolaus
geweihte Kapelle nebst Kirchhof. Sie lag früher
im Pfarrbezirk von Mertloch." Ihren Thurm
zerstörten die Franzosen 1672 (eb. 300). Nach
Barsch wurde Gering unter der französischen
Verwaltung der Mairie Mertloch zugetheilt; ob
es vorher, wie jetzt, in Kehrig eingepfarrt
 
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