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Badische Fundberichte: amtl. Nachrichtenbl. für die ur- u. frühgeschichtl. Forschung Badens — 1.1925/​1928(1928)

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Heft 4
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Gersbach, Emil: Der Heidenstein bei Niederschwörstadt
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https://doi.org/10.11588/diglit.27168#0102

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Funde wurden bei diesen Arbeiten so gut wie keine gemacht; was zutage
trat, waren einige unbestimmbare Scherben, einige Bruchstücke von Hornstein-
werkzeugen und ein gröherer Kernstein, der an der Basis örr Gräben ge-
funden wurde.

Für die Richtigkeit der Volkstradition, die berichtet, es hätten am Heiöen-
stein schon öfters Schatzgräber gehaust, mag die Tatsache zeugen, dah 90 cm
tief, auf dem anftehenden Muschelkalk liegend, ein ganz modernes eisernes
Bratenfchäufelchen gefunden wurde.

Rach diesem negativen Ergebnis unserer Bemühungen wurden die Grä-
ben wieder zugeschüttet.

Gelegentlich der im Sommer des vergangenen Jahres in Säckingen statt-
gefundenen Tagung der Schweizer Gefellschaft für Ülrgeschichte besuchten die
Teilnehmer mit Lastautos auch den Heidenstein, wobsi Herr Geheimrat
Prof. Dr. W. Deecke über die Bedeutung des Heidensteins für die süddeutsche
ükrgeschichtsforschung berichtete.

Vei diesem Vesuch fand der bekannte Schweizer Ülrgeschichtsforscher Herr
Theodor Schweizer aus Olten in dem Acker neben dem Stein einige Ärtefakte
aus schwarzem Hornftein.

Jn Bälde soll am Heidenstein eine zweite Grabung, diesesmal auf öer
Rordseite, gegen deu Verg hin, stattfinden.

Für mich Perfönlich ist öie Fundsituation heute schon völlig geklärt, öenn
es kann keinem Zweifel mehr unterliegen, dah der Heidenstein öer lehte Rest
eines Grabmals öer Dolmen-Glockenbecherzeit öarstellt, von der in unserer
Gegend auch bereits andere Funde gemacht wuröen.

Die vier Steinplatten, deren Dorhandensein Prof. Schreiber noch von
alten Leuten versichert wuröe, bildeten die eigentliche Grabkiste, die mit
einer roten Sandsteinplatte abgedeckt war. Eine Steinsehung von hsute nicht
mehr feststellbarer Höhe zog sich rings um die Grabkiste hin. Das Ganze
wurde dann noch mit einem Erdmantel umgeben. Es bestehen hier bei Rie-
derschwörstadt also Beziehungen zur Mittelmeerkultur der Dolmen-Glocken-
becherleute.

Jn nächster Rähe von Uiederschwörstadt, auf öer Schweizerseite bei
Aesch (Kt. Baselland) wuröe eine weitere derartige Steinkistenanlage des
Aeolithikums sestgestellt, aber ohne Seelenloch. Ein Pendant zum Heiden-
stein steht bei Courgenay im schweiz. Kanton Bern. Auch dort ist das
Seelenloch noch vortrefflich erhalken.

Gelegentlich einer Exkursion mit den Borstandsmitgliedern der Schweiz.
Gesellschaft für Argeschichte nach der neuentdeckten Magdalenienstation beim
Böhnifelsen in der Aähe von Mumpf (Kantvn Aargau) wies Herr Bezirks-
lehrer Ackermann in Böegenstetten (Aargau), ein sehr veröienter schweiz.
Forscher, auf ein im Jahre 1873 in Basel erschienenes Buch hin, das die
Beschreibung einer ganz ähnlichen Steinkistengrabanlage bei Zeiningen
(Kanton Aargau) enthrelt, das in jenen Jahren noch erhalten war und in
dem ein Skelett aufgefunden wurde.

Es können also in nicht allzu groher Entfernung vom Heidenstein bei Aie-
derschwörstadt drei weitere grohe Grabanlagen der Megalith-Periode nach-
gewiesen werden. Es könnte nicht ganz unberechtigt erscheinen, aus ihnen den
Weg der Glockenbecherleute zu den Oberrheingestaden herauszulefen.

Aus der Erstellung des Kraftwerkes Schwörstadt und dessen wirtschafts-
politischen Auswirkungen könnten sich unseres Erachtens Gefahren für den
Bestand des Heidensteins ergeben. Da dieser als eines der seltensten Kultur-
denkmale aus der Steinzeit in Süddeutschlanö anzusehen ist, so richten wir an
dieser Stelle die dringende Bitte an die badische Aegierung, unter allen ÜIm-
ständen für den Schutz des Heidensteins einzutreten und keineswegs zu dulden,
dah dieser evtl. der Jndustrialisierung unserer Gegend zum Opfer fällt.
Kulturdenkmale haben dann den gröhten Bvert für die BZissenschaft und Be-
völkerung, wenn sie an Ort und Stelle und nicht im Museum studiert werden
können.

Säckingen. E. Gersbach.

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