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Burkhardt, Johannes [Hrsg.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 8): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Merseburg — Halle a. d. S., 1883

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https://doi.org/10.11588/diglit.23937#0071

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Kreis Merseburg.

In die Nord wand des Chores ist eine im umgekehrten Spitzbogen gedeckte
mit Rosetten besäumte ziemlich hohe Sakramentnische eingelassen und .ebenda
das Grabdenkmal eines Hieronymus von Bose angebracht. Im Schiff sind die auf
der Nordseite lehnenden beiden Grabsteine eines Besitzers von Benkendorf und
seiner Gattin mit fast lebensgrossen Reliefs, deren Namen gerade hinter den an
die Wand gestossenen Gestühlen verborgen sind, von 1599, sowie die an der südlich
einspringenden Ecke zwischen Chor und Schiff angebrachte Holzkanzel mit den
4 Evangelisten auf den Brüstungsfeldern — Reliefs von späterer, ungeschickter
Ausführung — zu erwähnen.

Die drei Glocken auf dem Thurme von 1,28, 0,99 und 0,82m Durchmesser
sind von den Gebrüdern Ulrich in Laucha 1880 gegossen. Eine zum Umguss
hergegebene frühere grosse Glocke hat nach dem Urtheile des Giessers ein Alter
von ca. 600 Jahren gehabt. Ueber dieselbe war nur noch zu erfahren, dass sie
Schrift gar nicht besessen, dagegen verschiedene bildliche Darstellungen — unge-
heuerliche Wesen wie Elefanten u. dgl. —- in etwa 0,06 m hohen rautenförmigen
Reliefs aufzuweisen gehabt habe.

Horburg.

Mutterkirchdorf am linken Ufer der Luppe, 11,2 Km. östlich von Merseburg
gelegen. Der Name des Orts ist im Munde des Yolks corrumpiert in Horrwrich
(wie Altenburg in Almrich, Naumburg in Numrich). — Hier besass das Stift
Merseburg um das Jahr 1301 ein Schloss, welches Heinrich von Harras, der Oheim
Bischof Heinrichs von Merseburg (genannt Kindt) für 800 Mark verpfändete. —
Zu dem Einkommen des von Bischof Gebhard zu Merseburg am 2. Februar 1333
gestifteten Hospitals St. Barbarä auf dem Neumarkte zu Merseburg gehörte auch
alles Geld, Silber und Wachs, welches bei der Marienkirche in Horburg am Tage
Mariä Geburt und sonst einkam. Am Tage Mariä Geburt (8. Sept.) findet hier
auch noch ein Jahrmarkt statt.

Ein Stein auf der Südseite des im Westen der Kirche stehenden Thurmes
zeigt in einem Ring die Jahreszahl 1516, über welche nichts von den vorhandenen
Baulichkeiten zurückweist. Das Nordporta.l des Schiffs zeigt die seiner Zeit beliebten
übersclmittenen Stäbe, die zum Theil auf gewundenen Basen ruhen, und das

Steinmetzzeichen "TI . In die Rückwand der Altarmensa ist ein steinerner Kopf ein-
gemauert, welch er ^ der einer ehemals vielfach von Wallfahrern aufgesuchten
wunderthätigen Marienstatue sein soll. Die Pfarracten sollen erzählen, der hohle Kopf
jenes Bildes sei mit Wasser gefüllt und dieses durch hineingesetzte Eischchen in
Bewegung gebracht worden, sodass die mit Oeffnungen versehenen Augen Thränen
vergossen hätten. Da die Wallfahrten seitens der Katholiken, auch nachdem die
Kirche evangelisch geworden, nicht aufgehört hätten, so hätte evangelische Reaction
die Säule zerschlagen und den Kopf an besagter Stelle znm Andenken eingesetzt.
Den Werth der Sage lassen wir auf sich beruhen. Oeffnungen in den Augen des
betr. Werkstückes sind nicht wahrzunehmen, könnten aber allerdings unter der
dicken Tünche verborgen sein. Indess lässt die ganze Physiognomie hinsichtlich
ihrer Zugehörigkeit zu einer Marienstatue begründeten Zweifeln Raum. — Der
achtseitige Taufstein (Big. 64) wird gleichfalls dem Jahre 1516, wo nicht einer noch
spätem Decade desselben Jahrhunderts, entstammen. Der massive aus dem
 
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