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Burkhardt, Johannes [Hrsg.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 8): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Merseburg — Halle a. d. S., 1883

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https://doi.org/10.11588/diglit.23937#0213

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Kreis Merseburg.

von Kirmess unter dem Namen Ablass, wozu Tezels Ablasskrämerei in dortiger
Gegend Veranlassung gegeben haben soll.

Die Kirche ist 1756 neu erbaut. In die gerade Chorschlusswand ist eine
ältere spätgotische Sacramentnische, ähnlich wie in Kleingörschen (Fig. 54) mit
einem Steinmetzzeichen eingemauert. Ein schmuckloser kelchförmiger

Taufstein, ohne Fass, auf dem Kirchhof liegend, 0,8öm weit und 0,69m

hoch, mag derselben / Zeit angehören.

Yon den drei auf dem Thurm hängenden Glocken ist die grösste von 1,07m
Durchmesser nach dem Blattornament unter dem Schriftkranz und den jenen in
Kötzschen gleichenden bildlichen Darstellungen ein Werk des Halle’schen Giessers.
Die Minuskelinschrift lautet:

ii[f. misnmi9 rc* iH&mum amto inlt tit. crccc . m\\ .

Die andre Glocke von 0,82m Durchmesser ist von Gottfried Ulrich zu Laucha 1864,
die dritte von 0,51“ Durchmesser ihrem Ornament nach (vgl. Fig. 191) vermuthlich
von demselben Giesser wie die kleinste Glocke in Meuchen.

Naundorf.

Schwesterkirchdorf von Benndorf, 7,5 Km. südwestlich von Merseburg am
linken Ufer der Geisel. In das bis zum Jahre 1552 selbständige Pfarrdorf waren
die ehemaligen Dörfer Rathmannsdorf und Zaasdorf, jetzt wüste Marken, eingepfarrt.
Noch ist der Kirchweg vorhanden, auf welchem die Zaasdorfer in die Kirche zu
Naundorf gingen, der sogenannte „heilige Stieg.“ Seit 1552 ist der jedesmalige
Pfarrer von Benndorf Patron und beruft sich selbst für die Soror. — Der Ort ist
offenbar eine Colonie des Bisthums Merseburg. Seine Flur besteht aus Feldern,
welche der von Körbisdorf und Rathmannsdorf (ursprünglich Radawassendorf,
vulgär Rockendorf) abgezweigt, von K. Heinrich III. der Kirche zu Merseburg
1040 geschenkt worden sind (Urkunde N. 15 im Merseburger D. C. A.), und
deren Besitz von demselben Kaiser ca. 1053 dem Bischof Albericus vom neuen
bestätigt wurde (daher Nuendorp, Nuendorrff, Neudorf, Merseb. Bischofschronik).
Der Bischof Offo erweiterte den Flurbestand durch vier Hufen von der Flur
Kürbisdorf zu Ehren des heiligen Willebald und Wvnnebald (ca. 1060. Ygl. jedoch
oben S. 09); desgleichen Kaiser Friedrich 1.1162 um 7 Hufen und 1167 um andere
Güter (Urkunden Nr. 53 und 26 im Merseburger D. C. A.). Besitzer des Ritter-
guts: von Bose (1580), von Behr (ca. 1610), von Wuthenau (1745). — Yon der
ehemaligen Pfarrwohnung ist noch Keller und Garten auf der Westseite des
Dorfes vorhanden.

Die Kirche trägt auf einem Stein in der Südostwand des halbachteckig
schliessenden Chores die Jahreszahl 1568, ist jedoch vielleicht selbst noch jünger.

In einem Bauerngehöft befindet sich ein 1830 der Kirche für einen Reichs-
thaler abgekaufter, seitdem als Trog zu mancherlei Zwecken benutzter und
schliesslich nach Eintreibung eines Abzugslochs in Folge Behandlung mit heissem
Wasser zerplatzter runder, fast geradwandiger nach unten sich verjüngender ro-
manischer Taufstein mit hübschen vegetabilischen Reliefsculpturen an der äusseren
Wandung, Fig. 195. Im oberen Rande gewahrt man noch das Fragment eines
 
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