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Kreis Merseburg.
derselbe in der Form nicht merkwürdig. Er ist das Geschenk eines Leipziger
Kupferschmieds und dessen der Gemeinde ungehörigen Bruders vom Jahre 1675.
Yon den drei auf dem Thurm in später zugefügtem Fachwerkaufsatz unter
dem abgewalmten mit Dachreiter versehenen Dach befindlichen Glocken ist die
grösste von 1,045m Durchmesser Umguss einer gesprungenen älteren durch George
Leonhardt in Leipzig 1740; die mittlere von 0,825m Durchmesser trägt die Minuskel-
umschrift :
cgi (jilf 0ot + ituc imtr tit
zwischen je zwei gewundenen Schnüren und ein in ein Quadrat gefasstes Medaillon
von 0,03m Durchmesser mit einem schlecht ausgeprägten (Christus?-) Kopf zwischen
den beiden letzten Wörtern. Die kleinste Glocke von 0,45m Durchmesser und
0,47 m Höhe dürfte ihrer eigentümlich langgestreckten Form nach etwa gleich
hohen Alters mit dem Unterbau des Tliurmes sein.
Rössen.
Schwesterkirchdorf von Leuna am linken Ufer der Saale, 2,7 Km. südlich
von Merseburg, ln der Urkunde Iv. Heinrichs II. vom 17. October 1012 wird der
Merseburger Kirche auch der Besitz von Rossini vom neuen bestätigt. In der
Merseburger Bischofschronik heisst der Ort an der betreffenden Stelle Russzin.
Nach dem Güterverzeichniss erhielt das Stift Merseburg in Russin bedeutende
Zinsen an Geld, Getreide und Hühnern. Das Domcapitel hatte Ober- und Unter-
gerichte, der Domdechant die Collatur über die Kirche. Im Jahre 1531 wurde die
Pfarrstelle in Rössen mit der zu Göhlitzsch vereint, weil die letztere aus Mangel
an katholischen Priestern im Stift nicht wieder besetzt werden konnte. Auf einer
alten amtlich aufgenommenen Flurkarte vom Jahre 1711 befindet sich westlich des
Dorfes Rössen an der Saale ein Stück Land, welches die Sköten heisst.
Die Kirche weist in der Anordnung des Altars’unter dem im Osten stehenden
Thurm auf ein einigermaassen höheres Alter und zwar auf das 13. Jahrli.: denn
die Ostwand wird von drei gleich hohen ganz schmalen im Spitzbogen gedeckten
Fenstern durchbrochen, während sich die Westwand gegen das Schiff in hohem
Spitzbogen öffnet. Die flache Decke des um drei Stufen über das Schiffsniveau
erhöhten Altarraums trägt in dem den Namen HIT umgebenden Stuckornament-
gurt den Charakter des vorigen Jahrli., wogegen die Kämpfersimse, auf denen die
Bogenschenkel aufsetzen (Fig. 209), romanischer Form folgen.
Dem Neubau des Schiffs mit schlicht spitzbogiger nördlicher Eingangsthür —
hinter noch jüngerer Fachwerkvorhalle — in spätgothischer Zeit verdankt die sehr
zierliche Sacramentnische an der Ostwand (Fig. 210) ihre Entstehung. Das eigent-
liche Gehäuse derselben ist aus einer einzigen über 1 m hohen Steinplatte ausge-
meisselt, welche aus der Wand hervorkragend von einer Art Pilaster getragen
wird, der seinerseits auf einem stark beschädigten Stein ruht; letzterer war so
profiliert, dass seine eingezogene Abschrägung von drei parallelen horizontalen
Hohlkehlen durchbrochen war. Die Nische ist mit steilem Kielbogen gedeckt,
welcher inwendig mit gewundenem Stab besäumt und mit Lilienmaasswerk aus-
gefüllt, aussen mit Bossen besetzt und in eine überschlanke Kreuzblume zusammen-
Kreis Merseburg.
derselbe in der Form nicht merkwürdig. Er ist das Geschenk eines Leipziger
Kupferschmieds und dessen der Gemeinde ungehörigen Bruders vom Jahre 1675.
Yon den drei auf dem Thurm in später zugefügtem Fachwerkaufsatz unter
dem abgewalmten mit Dachreiter versehenen Dach befindlichen Glocken ist die
grösste von 1,045m Durchmesser Umguss einer gesprungenen älteren durch George
Leonhardt in Leipzig 1740; die mittlere von 0,825m Durchmesser trägt die Minuskel-
umschrift :
cgi (jilf 0ot + ituc imtr tit
zwischen je zwei gewundenen Schnüren und ein in ein Quadrat gefasstes Medaillon
von 0,03m Durchmesser mit einem schlecht ausgeprägten (Christus?-) Kopf zwischen
den beiden letzten Wörtern. Die kleinste Glocke von 0,45m Durchmesser und
0,47 m Höhe dürfte ihrer eigentümlich langgestreckten Form nach etwa gleich
hohen Alters mit dem Unterbau des Tliurmes sein.
Rössen.
Schwesterkirchdorf von Leuna am linken Ufer der Saale, 2,7 Km. südlich
von Merseburg, ln der Urkunde Iv. Heinrichs II. vom 17. October 1012 wird der
Merseburger Kirche auch der Besitz von Rossini vom neuen bestätigt. In der
Merseburger Bischofschronik heisst der Ort an der betreffenden Stelle Russzin.
Nach dem Güterverzeichniss erhielt das Stift Merseburg in Russin bedeutende
Zinsen an Geld, Getreide und Hühnern. Das Domcapitel hatte Ober- und Unter-
gerichte, der Domdechant die Collatur über die Kirche. Im Jahre 1531 wurde die
Pfarrstelle in Rössen mit der zu Göhlitzsch vereint, weil die letztere aus Mangel
an katholischen Priestern im Stift nicht wieder besetzt werden konnte. Auf einer
alten amtlich aufgenommenen Flurkarte vom Jahre 1711 befindet sich westlich des
Dorfes Rössen an der Saale ein Stück Land, welches die Sköten heisst.
Die Kirche weist in der Anordnung des Altars’unter dem im Osten stehenden
Thurm auf ein einigermaassen höheres Alter und zwar auf das 13. Jahrli.: denn
die Ostwand wird von drei gleich hohen ganz schmalen im Spitzbogen gedeckten
Fenstern durchbrochen, während sich die Westwand gegen das Schiff in hohem
Spitzbogen öffnet. Die flache Decke des um drei Stufen über das Schiffsniveau
erhöhten Altarraums trägt in dem den Namen HIT umgebenden Stuckornament-
gurt den Charakter des vorigen Jahrli., wogegen die Kämpfersimse, auf denen die
Bogenschenkel aufsetzen (Fig. 209), romanischer Form folgen.
Dem Neubau des Schiffs mit schlicht spitzbogiger nördlicher Eingangsthür —
hinter noch jüngerer Fachwerkvorhalle — in spätgothischer Zeit verdankt die sehr
zierliche Sacramentnische an der Ostwand (Fig. 210) ihre Entstehung. Das eigent-
liche Gehäuse derselben ist aus einer einzigen über 1 m hohen Steinplatte ausge-
meisselt, welche aus der Wand hervorkragend von einer Art Pilaster getragen
wird, der seinerseits auf einem stark beschädigten Stein ruht; letzterer war so
profiliert, dass seine eingezogene Abschrägung von drei parallelen horizontalen
Hohlkehlen durchbrochen war. Die Nische ist mit steilem Kielbogen gedeckt,
welcher inwendig mit gewundenem Stab besäumt und mit Lilienmaasswerk aus-
gefüllt, aussen mit Bossen besetzt und in eine überschlanke Kreuzblume zusammen-