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Burkhardt, Johannes [Hrsg.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 8): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Merseburg — Halle a. d. S., 1883

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https://doi.org/10.11588/diglit.23937#0253

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Kreis Merseburg.

vortretenden alten Mörtel sind überall eingeritzte Fugen zu verfolgen, was sonst
in unserem Kreise nur an Gebäuden des romanischen und des Uebergangsstils
vorkommt. Das Schiff und der Chor besteht aber aus dem gleichen Kalkbruch-
steinmaterial wie der Thurm, auch sind daran zugemauerte Fenster in der Art
der Thurmfenster zu erkennen. Das im hölzernen Tonnengewölbe gedeckte Schiff
öffnet sich in hohem Rundbogen gegen den Chor. — Links vom Altar befindet
sich in der Wand eine im spitzen Winkel gedeckte Sacramentnische, auf dem
Falz der Spitze ist das Relief eines sechszackigen Sternes angebracht. Ein zinnernes
Taufbecken von 1620 zeigt eine eingeritzte sehr rohe Darstellung der Taufe Jesu
durch Johannes mit aus einer Wolke herabschwebender Taube.

Die beiden Glocken auf dem Thurm haben 0,80 und 0,59m Durchmesser und
sind 1782 bezw. 1783 von Gebrüder Ulrich in Laucha und Apolda gegossen.

(Nieder-) Wünsch.

Schwesterkirchdorf von Ober-Wünsch im Kreise Querfurt, 13,1 Km. westlich
von Merseburg an der Schwerzeiche im Anfang des Clobikauer Grunds gelegen,
gehörte zu den Merseburger Dompropsteidorfschaften. Der Name lautet im Hers-
felder Zehntverzeichniss Vunschi. König Heinrich I. erhält Vuntza im Hersfelder
Tauschcontract von dem Abt Megingoz am 1. Juni 932. Im Güterverzeichniss
des Hochstifts Merseburg (c, 1320) heisst es Yunsch. Von dem Orte nennen sich
in einer Urkunde vom 14. August 1324 Bruno et hinricus de Wunsch (N. M. I.
4,65). — Die Dompropsteigerichte hielten hier jährlich einmal Stabsgericht, so ge-
nannt von dem Stabe, welchen der Richter bei Eröffnung und Schluss desselben
in den Händen hatte. — In kirchlicher Beziehung stand der Ort, der bis 1544
seinen eigenen Pfarrer hatte, unter dem Bischof von Halberstadt; der Merseburger
hatte nur die landesherrlichen Rechte. Im Bauernkriege (1525) wurde der Ort
von den Truppen Ernst’s von Schönburg geplündert und im Jahre 1547 auf dem
Rückwege KarTs V. von den Spaniern beinahe ganz abgebrannt.

Die Kirche ist im Jahre 1517 neu gebaut, wie die Jahreszahl oberhalb der
südlichen im Kielbogen gedeckten mit überschnittenem Stabwerk auf zum Theil
verwaschenen zierlichen Basamenten versehenen Eingangsthür (s. Fig. 240) dartimt.
Der Thurm im Westen, von gleicher Breite mit dem Schiff, ist dem Anscheine
nach mit aus Werkstücken eines früheren Baues aufgeführt und enthält im Erd-
geschoss ein Kreuzgewölbe. In seinen Spitzbogenfenstern unter dem Schiefer-
walmdach zeigen sich schwache Versuche von Maasswerkfüllung. Die Fenster der
mit Tonnengewölbe überdeckten Kirche sind ganz schlicht spitzbogig; der Chor
schliesst mit drei Achtecksseiten.

Hinter dem jetzigen hölzernen Altar steht ein Flügelschrein plumper spät-
gothischer Arbeit. In der Mitte befindet sich Christus mit der Weltkugel in der
Linken, links neben ihm die von ihm gesegnete Maria; links von dieser Gruppe
St. Vitus und St. Catharina, rechts Magdalena mit Kopftuch in orientalischer
Drapierung und in der Hand ein Salbgefäss, und St. Barbara mit Kelch.
Auf dem einen Flügel erscheint ein segnender Bischof zwischen zwei Heiligen
mit Büchern, deren andre Attribute fehlen; auf dem andren drei männ-
liche Heilige, die nach der geschlossenen. Hemd jeder in der einen ein
 
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