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Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 2.1920/​1921

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Mengelberg, Rudolf: Musik in Holland
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https://doi.org/10.11588/diglit.41961#0319

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MUSIK IN HOLLAND
DR RUDOLF MENGELBERG

Seif Jahrhunderten behauptet Holland in der Kulturgeschichte einen Ehren-
plaß als das Land der Maler. Als solches ist es in unser aller Bewußtsein
lebendig. Die vielfältigen Brechungen des Lichtes in dem feuchten Seeklima,
die zarten Farben der verschwommenen Übergänge, die reichen Formen der fein-
gegliederten Landschaft, dabei das auf gesunden Realismus gestellte ernste und
derb-fröhliche Wesen des Volkes, eine eigene alte, hochstehende Kultur und die
all diesen Bedingungen entsprechenden Lebensformen, dies alles waren gegebene
Grundlagen für eine Entwicklung des Malerisdien. So günstig in dieser Hinsicht
alle Vorbedingungen waren, so wenig kamen diese den anderen Kunstzweigen,
der Dichtung und Musik entgegen. Einer Blüte und vor allem einer fruchtbringen-
den Auswirkung der Literatur hat stets die relative Begrenztheit des holländischen
Sprachgebietes im Wege gestanden. Und doch wird man allenthalben schöne Ansätze
und hie und da höchst wertvolle, ja wirklich bedeutende Einzelerscheinungen kon-
statieren können. Die Sprache der holländischen Dichter als solche ist reich und
ausdrucksfähig, namentlich auch für das Malerische. Im Ausland, nicht zuleßt in
Deutschland sieht man vielfach Derbheit für die hervorstechende Eigenart dieser
Sprache an, meist auf Grund ganz oberflächlicher Eindrücke, die man von einzelnen,
häufig schlecht gesprochenen Lauten erhalten. Das ist eine große Verkennung!
Nicht elegant freilich ist die holländische Sprache, aber warm, schlicht und innig.
Die realistische, unromanfische Lebensauffassung, die Eigenart des Holländers,
die der Entwicklung der Malerei so sehr zugute gekommen, ist einer bedeutenden
Produktivität auf musikalischem Gebiet feindlich gewesen. Damit sei keineswegs
gesagt, daß der Holländer nicht musikfreudig ist — im Gegenteil, es gibt wohl
wenig Länder, wo mit so viel Ernst, Verständnis und Liebe musiziert und Musik
gehört wird. Hierauf ist besonderer Nachdruck zu legen, wenn man über die Musik
als Faktor im geistigen Leben Hollands spricht. Einen überragenden, epoche-
machenden Komponisten aber hat Holland nicht hervorgebracht. Daher kommt es
wohl auch, daß man in Deutschland im allgemeinen leider wenig Anteil nahm an
dem eigenartigen und reichen musikalischen Leben eines befreundeten und ver-
wandten Nadibarvolkes, weil eben kein großer Name und keine an einen solchen
Namen anknüpfende Tradition dahin weist.
Wenn man die Gesdiichte der Musik überschaut, findet man Holland produktiv

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