Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 40.1929
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https://doi.org/10.11588/diglit.10701#0236
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Berger, Joseph: Die Stil-Richtungen: Versuch einer Sichtung
DOI Artikel:Modern und gut
DOI Artikel:Abbildungen
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INNEN-DEKORATION
josef berger, martin ziegler - wien damen-wohnzimmer. birke und rosenholz
wie einen Garten an, der Besitzer bringt diesen
»zum Blühen«. Der Raum ist niemals fertig, immer
veränderlich, enthält immer neue Möglichkeiten:
er ist von Anfang an ein lebender Organismus. .
Die zweite Richtung versucht, den »Raum zum
Kunstwerk« zu gestalten. Der Architekt steht im
Vordergrund. Der Effekt ist: Pathos, strenge Ge-
bundenheit, Schwere, Unveränderlichkeit. Der Be-
wohner gibt die Staffage für das Kunstwerk ab. .
Drittens: Die extreme »technisch-sachliche«
Richtung, beginnend bei der bewußten oder unbe-
wußten Nachahmung von Maschinenformen bis
zum utopistischen »Metall-Glas«-Wohn-Raum, in
dem man vor lauter Maschinenromantik die Sach-
lichkeit nicht sieht. Freude an der Wohnlichkeit
wird durch Begeisterung für dasTechnischeersetzt.
*
Die moderne Raumgestaltung in Mittel-Europa
bewegt sich zwischen diesen drei Polen. . Alle
drei genannten Stile sind örtlich und zeitlich be-
gründet und an sich in ihrer Idee — wenn auch
nicht immer in den Erscheinungs-Formen — echt
und wahr. . Aber die Entwicklung führt vorläufig,
wenn wir nach den andern Künsten und sonstigen
Anzeichen Schlüsse ziehen, — von der Maschi-
nen-Romantik sowohl wie von anspruchsvollem
Pathos weg: zum Anmutigen und Heiteren. . j.b.
»MODERN UND GUT«
In Europa ist der neuzeitliche Stil in der Woh-
nungs-Einrichtung schon seit etwa dreißig Jahren
in Erscheinung getreten. . In unserem Land sind
wir erst in den letzten drei Jahren darauf aufmerk-
sam geworden«, — so stellt in der amerikanischen
Fachzeitschrift »Good Furniture Magazine« C. R.
Richards, Direktor der Abteilung »Industrial
Art« vom »General Education Board« in New-
York fest. . »Der höchste Begriff des Neuzeit-
lichen schließt in sich: die Abwesenheit alles
Exzentrischen. Es gibt nichts Exzentrisches
an einem modernen Auto oder in unseren besten
Geschäfts-Bauten, in unseren Küchen und Bade-
zimmern, — oder in der Straßenkleidung unserer
Frauen. . In Europa findet der neuzeitliche Stil
vielfachen Ausdruck. Die Note des Gesund-
vernünftigen und der guten Haltung über-
wiegt in den besten zeitgenössischen deut-
schen Arbeiten, (»the note of sanity and rest-
raint is uppermost in the best of contemporary
German work.«) Auch Wien zeigt, — trotz der
charakteristischen Neigung zur Phantasie-Betäti-
gung, — viele Beispiele von gesunder Schlicht-
heit und zweckmäßig-brauchbarer Qualität in
seinen neuzeitlichen Möbeln und Einrichtungen.« u
INNEN-DEKORATION
josef berger, martin ziegler - wien damen-wohnzimmer. birke und rosenholz
wie einen Garten an, der Besitzer bringt diesen
»zum Blühen«. Der Raum ist niemals fertig, immer
veränderlich, enthält immer neue Möglichkeiten:
er ist von Anfang an ein lebender Organismus. .
Die zweite Richtung versucht, den »Raum zum
Kunstwerk« zu gestalten. Der Architekt steht im
Vordergrund. Der Effekt ist: Pathos, strenge Ge-
bundenheit, Schwere, Unveränderlichkeit. Der Be-
wohner gibt die Staffage für das Kunstwerk ab. .
Drittens: Die extreme »technisch-sachliche«
Richtung, beginnend bei der bewußten oder unbe-
wußten Nachahmung von Maschinenformen bis
zum utopistischen »Metall-Glas«-Wohn-Raum, in
dem man vor lauter Maschinenromantik die Sach-
lichkeit nicht sieht. Freude an der Wohnlichkeit
wird durch Begeisterung für dasTechnischeersetzt.
*
Die moderne Raumgestaltung in Mittel-Europa
bewegt sich zwischen diesen drei Polen. . Alle
drei genannten Stile sind örtlich und zeitlich be-
gründet und an sich in ihrer Idee — wenn auch
nicht immer in den Erscheinungs-Formen — echt
und wahr. . Aber die Entwicklung führt vorläufig,
wenn wir nach den andern Künsten und sonstigen
Anzeichen Schlüsse ziehen, — von der Maschi-
nen-Romantik sowohl wie von anspruchsvollem
Pathos weg: zum Anmutigen und Heiteren. . j.b.
»MODERN UND GUT«
In Europa ist der neuzeitliche Stil in der Woh-
nungs-Einrichtung schon seit etwa dreißig Jahren
in Erscheinung getreten. . In unserem Land sind
wir erst in den letzten drei Jahren darauf aufmerk-
sam geworden«, — so stellt in der amerikanischen
Fachzeitschrift »Good Furniture Magazine« C. R.
Richards, Direktor der Abteilung »Industrial
Art« vom »General Education Board« in New-
York fest. . »Der höchste Begriff des Neuzeit-
lichen schließt in sich: die Abwesenheit alles
Exzentrischen. Es gibt nichts Exzentrisches
an einem modernen Auto oder in unseren besten
Geschäfts-Bauten, in unseren Küchen und Bade-
zimmern, — oder in der Straßenkleidung unserer
Frauen. . In Europa findet der neuzeitliche Stil
vielfachen Ausdruck. Die Note des Gesund-
vernünftigen und der guten Haltung über-
wiegt in den besten zeitgenössischen deut-
schen Arbeiten, (»the note of sanity and rest-
raint is uppermost in the best of contemporary
German work.«) Auch Wien zeigt, — trotz der
charakteristischen Neigung zur Phantasie-Betäti-
gung, — viele Beispiele von gesunder Schlicht-
heit und zweckmäßig-brauchbarer Qualität in
seinen neuzeitlichen Möbeln und Einrichtungen.« u