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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 1.1857

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3. Heft
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Kreuser: Briefe an eine edle Frau, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.18467#0047

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34

Stetnmeißel führt, glaubt sich jctzt auch be-
rechtigt, ohne wcitere Wtffenschast und ohne
alle Stndten setnen Einfällcn Gestalt geben
zn dnrftn. Wie wenig oon christltchem Knnst-
geiste geahnt, geschweige gefaßt wird, zeigt
ein Bild, wo dte h.Jnngfrau hinten und vorne
den Kopf von Lockcn umringelt hat, wie die
beste Balljnngfer. Jn der christltchen Knnst
gilt aber der Grundsatz: Haarfülle ist Sinn-
bild der Sünde (niultituclo oaxiüoouin niulti-
tuclo xeooatoruni). Maria Magdalena und
dte egyPtischeMaria werden daher mit reichem
Haare abgebildet. Der gottgewethte Geist-
liche, Mönch, auch die gottgeweihte Jungfrau
scheeren daher dieHaare, iind die gottgeweihte,
d. h. christlich verniählte Fran verbirgt darnin
ihrHaar nnter dcr Hanbe, die erst !n neuesten
Tagen, deutsam genug, zu verschwtnden be-
ginnt. Aber, sagen Sie, Sie haben sich ja
selbst mit der Darstellnng der Immrtoulats. be-
schäftigt, mtr auch die schöne Schrift des hoch-
würdigsten Bischofs Hrn. Malon: sur bimma-
oulss oonoextiou empfohlen, also können Sie,
dein Sie die Gelehrsamkeit schmeichelhaft zn-
trauen, mir einen Rath geben. Jch sage wic-
der, und kann dieseS Wort fnr nnsere Zeit
nicht genug betonen: ich darf nicht, und darf
es ebenso wenig als alle katholischen Ma-
ler und Bildhauer, die unbcfugt Aufträge
ausführen. Warum aber darf ich nicht? Aus
zwct Gründen. Erstens weil ich nicht gesen-
det, kein Hirte, aber ein Schaf bin. Der Weg
ist also vorgezeichnet: die geseudeten Hirten
haben zu billigen, zu genehmigen, zu richten.
Zweitens hat die Kirche sich noch nicht über
die Darstelliing der Unbefleckten trotz mancher
Versuche ausgesprochen, iiun leuchtet es doch
ein, daß kein Einzeluer befRgt ist, seinen Ein-
zelgeist eigenmächtig als Vertreter des allge-
meinsten Welt- uud Gemeiuschaftsgeistes vor-
zuschieben. Es gibt zwar Manche, die solchen
gesegncten Slolz habcn; abcr stcherlich den-
ken solche Künstler wenigstens nicht katholisch,
ja sie köniien sogar Geist haben, aber keiuen
christlichen, d. h. Weltgeist. Also werden wir,
Derehrteste! uns in Betreff der Marten-Kasel

noch etwas gedulden müssen, bis die Feststel-
lung und Entschcidung der Berechtigten
erfolgt, was leicht möglich wäre, und Jhnen
daun als frohe Nachricht glcich berichtet wer-
den soll.

Judessen, denke ich, werden Sie so lange
ntcht ruhen, soudern sogleich Jhr Liebeswerk,
etneganz gewöhnltcheKaftlanfangen,deun
das Gewöhiiltche hat gerade tn unsern Tagen
großen Werth, wie ja unser Herrgott, ftine
Sonne, Mond, Sterne, Jahreszeiten u. s. w.
nur die gewöhnliche Werkthätigkeit immer
wiederholen. Gerne möchte ich kurz seyn, lei-
der aber merke ich, daß es nicht möglich ist;
bitte also, daß Sie mich sür heute mtt dersel-
ben Geduld lesen, wie Sie mich wohl manch-
mal aiizuhören pflegten.

Zuerst ein Wörtchen über die Kasel. Bei
den Griechen heißt sie Planeta, auch Poderes,
unserem bis aus die Fersen hcrabreicheuden
Talar entsprechend. Sie ist das älteste priester-
liche Gewand, das nachweisbar ist; denn es
kommt schon beim Apostel Paulus vor, jedoch
nnter dem Namen Phainole oder Päuula, der
es wahrscheiulich wegen seiner Koiibarkett bei
der Abreift liegen ließ und es später im
Brieft* wtederforderte. Der griechische Name
Phatnole ist aus dem lateinischen xasnula
entstanden, denn dte Römer nannten wirklich
mit diesem Namen, der nicht selten ** vorkommt,
eiue Art Reisemantel, die sie über die Tunika
anzogen. Zugleich hatte er eine Kopfbedeckung,
oaxut oder oaxitiuin genauut, woher unser

* Die dnrch Reisemantel iibersetzen, thnn nicht
sehr klna; denn den vergißt ein Morgenländer nnd
läßt ihn ebenso wenig liegen, als Reilende bei uns
das Reisegeld n. dergl.

Lueton. lslsro 48. I'Iln. XXIV, 8. olc.
Xtt. XIII, 33. I^uinpriä. Llex. 8ev. 27. ULrtial.
VI. 59; XIV, 130. b'est. s. 8oortea. 8enec. IP.
87. Invenal. V, 78. tzuintil. u.s. w. — Wie wäre
es, wcnn die puenulu des Panlus von Seide und
gestickt gewesen wäre, deun daß es dcren damals
gab, beweiset Kaiser Kaligula. 8uepe äepictns
gernmutusgus inäutus pnenulus. . in publieuin
prooessit, sagt Sueton LuIiZ. 52. Eiue solche war
nicht überall bcqueni mitziinehmeii, es fordert sie
alsv der Npvstcl (2. Timoth. IV, 13) bei Gelegeu-
heit zuriick, svwie auch die Bücher, wahrscheinlich
das h. Opser betreffende.
 
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