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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 1.1857

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6. Heft
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Bock, Fr.: Aeltere Meßgewänder im Dom zu Krakau in plastischer Stickerei
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Technische Erklärung der Beilagen, [6]
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https://doi.org/10.11588/diglit.18467#0112

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93

Aeltere Mßgewänder im Dom zu Kra-
kau in plastischer Stickerei.

Der Dom zu Krakau theilt mir so oielen
andern Kathedralkirchen daS traurige Loos,
daß jene Schrcinke, welche in sruherer Zeit
der Aufbewahrung kuustreicher Gewänder ge-
dient habcn, heutzutage nur noch mit limr-
gischen Prachtgewändern aus der Zopfzeit
angefüllt siud. Nur einige wenige Meßornate
auS älterer Zeit legen noch das Zeugniß von
dem früheren Reichthume ab. Es sind dieß
nämlich einige Gewänder, auf welchen figür-
ltche Darstellungen verschiedener Heiligen in
Relief mit größterPräcisiou von Mcisterhand
gestickt sind. Diese erhabcn ausgeführten Sti-
ckereien sind technisch dadurch erzielt worden,
daß man zuvor in einer Art Maske oder aus-
gestopften Unterlage eine Figur in halb er-
habener Arbeit bildete. Die Fletschtheile der-
selben wurden dann entweder im Plattstich
überstickt oder mit fleischfarbtgem Atlas über-
zogen. Sämmtliche Gewänder und Drape-
rien dieser stguralen Darstellungen sind da-
durch hergestellt worden, daß man dicht neben
einander Goldfäden gelegt, sie mit einzelnen
Stücken befestigt und erst über diesen mit dün-
ner Haarseide Schatten- und Lichtpartieen in
vielen Farben gestickt hat. Es ist nicht zu ver-
kenuen, daß Gewänder in der augedeuteten
Technik in der Ferne effektvoll wirken, je-
doch läßt es sich auch nicht in Abrede stcllen,
daß diese plastischen Stickereien, welche sämmt-
ltch, sowie auch die in Rede stehenden im Dom
zu Krakau aus dem Schlussc des Miitelalters
herrühren, die Brücke zum später einrcißcnden
Verderben bildeten, ja vielleicht gar Veran-
laffung waren, daß allmälig der geistlicheOr-
nat seinen Faltenreichthum und seine Bieg-
sanikeit einbüßte und zu der bretterförmigen
Steifheit und Unbeweglichkeir herabsank, wo-
durch fich heute uoch auf eine so unvortheil-
hafte Weise die Gewänder des 17. und 18.
Jahrhunderts hervorthuu. Aus dem Schlusse
des 15. Iahrhunderts haben sich auch analog !
mit den Reliefsttckereien an den eben gedachten !

Meßgewändern im Dom zu Krakau solche
Stickereien in der Sakristei von St. Stephan
zu Mainz erhalten.* Nach unscrem Erachten
hat die Kunst des Stickcns im Mittelalter die
höchste Stufe ihrer Ausbildung erreicht, als
es thr gelungeu war, in einer bis an's Wuu-
derbare der Feiuheit grenzenden Technik Figu- j
ren und Oruamente in weicher, gläuzender
Seide mittelst des Plattstichcs darzustellen,
welche in dieser Frische und Zartheit dem !
Maler kaum erreichbar war. Das wtrd auch
fernerhin das Jdeal bleiben, uach welchem die !
wieder zu erweckende Stickkunst zu strcben
berufen ist. Hoffentlich wird sie sich durch die
Geschichte des Verfallcs ihres Vorbildes be-
lehren lassen, sich vor den Ausartungen zu !
hüten, welche sogar deu Zweck und die Brauch-
barkett der heiligen Gewänder selbst in Frage
stellen. Wenn nian dieß recht beherzigt, so
wird man uoch viel weniger den in neuester
Zeit üblichen Relief-Stickereien auf Pappen- '
deckel das Wort reden. ibr Loclr.

Technil'che Erkiärung der Deilagen.

r«. 1—4. Verzierung für eiu Altar- oder
Commuuiontuch. Die Linneiiornamente wer- !
den in der Weise, wie man Buchstaben auf >
Wetßzeug zeichnet, also mit Stiel- oder Kreuz- >
stich ausgeführt. Eignet sich der Stielstich >

beffer zu feinen Dessius, so wird sich das große, j

hier mitgetheilte schneller und uicht weniger
wirkungsreich im Tambouriiistich ausführen.
Man bringt die Zeichnuug auf die Leiuwand
u»d spannt dtese nach und nach auf den Tam-
bourin.

Der Farbendruck zeigt, wie man das Zeich-
nengarn in verschiedenen Farben verweuden
kann. Die vierpassigen Medaillvns sind mit
kletncn Zeichuungen, Namenszügen oder auch
ganzeii Sprüchen auszufüllen. Um die Sprüche j
zweckmäßig einzutheilen, mißt man zuerst die
Länge ab, dte der Besatz haben muß, und die
sich nach der Länge des Altars oder der Com- i
munioiibank richtet. Aus diesem Längenmap

* Jn der Pfarrkirche zu Wasseralfingen, D's-
zese Rottenburg, befindet fich ein Pluviale, de»en
Aurifrise mit ähnlichen Relief-Ttickereicn vrna-
mentirt süid. A»M.d.Red.
 
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