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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 1.1857

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4. Heft
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Ein guter Rath aus alten Zeiten
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Bock, Fr.: Etwas Gelehrtes über Stickkunst und Stickereien, und wie man in früherer Zeit diese Sachen benannt hat
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https://doi.org/10.11588/diglit.18467#0070

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55

über den Vollzug Ihrer Anwcisungen wachte.
Wir sind weit entfernt zu behaupten, daß der
Verfasser des genannten Vuchcs und Stell-
vcrtreter des Bischofs von Regensburg in sei-
nen Anweisungen überall das Nichtigste gc-
troffen habe, noch nwchten wir überhaupt der
kirchlichen Auktorität als solchcr auf diesem
Gebiete einc gewisse Jnfallibilitä't zuerkennen.
Jm Gegentheil werdcn wir immer daran sest-
halten, daß hier Wissenschaft und Technik
ganz wesentlich berathen wcrden müssen, nnd
gewiß darf auch die Kirche eine Wissenschaft,
welche von aufrichiigcr Liebe zu ihr geleitet
und von Koterierückstchten frei ist, unbedenk-
lich in thren Dienst nehmen. Da, wo nicht
unbestrit!eue kirchliche Gesetze vorliegen, und
»Ordnung und Ausweis geistlichen Rechts und
allgemeiner Concilien" jegliche Meinungsvcr-
schiedenheit ausschlicßen, ist es Sache der
Wissenschaft, den uralten kirchlichen Gebrauch
sowie den Zusammenhang zwischen der Gegen-
wart und Vergangenheit zu ermitteln und aus
dicser die richtigen Grundsätze zu erheben,
welche für dic neucn Cchöpfungcn uud, wenn
man so will, die Fortschritte jener maßgebend
scyn werden. Andererseits wird cs jedoch der
Thätigkeit der Archäologen, der Kunstvereine
und ausübenden Meister nie gelingen, stch in
allen jcnen Kreisen, die Berufs halber oder
aus freier Neigung für Kirchenzier wirken,
die nöthige Anerkenuung zu verichaffen. Hier
ist der Ort, wo die Auklorität in die Aus-
übung ihres Rechts wie ihrer Pflicht eintritt,
um die Einheit zu erzielen und, wenn auch
nicht Widerspenstige zu überzeugen, so doch
feiudseligen Einflüssen die Macht zu benehme»,
posttiv zu schaden.

Wenn wir uun von diesem Standpunkte
aus das im Kirchenschmuck vertretene Gebiet
überschauen, so läßt stch der gcgenwärtig herr-
schcnde Zustand als eine fast vollständigc
Emanzipation von aller Auktorität, wie von
alleu ehemals geltcndcn Gruudsätzen, schildern.
Mit der Aufhebung der Klöster, wo noch
einigc Tradition lebte, smd die lctztcn Fäden
durchschuitten worden, die uns an dte Ueber-

lieferung hätten knüpfen können. Jetzt, nach-
dem Mode und Spekulation nubeaufsichiigt
sich der Sache bemächiigt, ist alle Vürgschaft
gegeben, daß wir der wachsenden Neueruugs-
sucht immcr mehr verfallen, wenn ihr nicht
Eiuhalt gethan wird. Wir können einen
schlagenden Beweis anführcn: das eben bet
Waguer in Freiburg erschieneue „Kircheu-
Album", herausgegeben von dcr Redaktrice
der Stuttgarter »AllgemkincnMusterzeitung",
hat eine neue, noch nie gesehene Form des
Chor-Mantels, nüt einer Ari doppelter caxxm
erfiinden, di« ganz an die Damen-Mankille
uud die Criuoiiue erinucrt. Sicher wird diese
Form iu Gebrauch übergehen; die Thätigkeit
einzelner Sachverstäudiger oder Kuustvereiue
yat keine Macht in der Hand, dieß zu verhin-
dcrn. Die Auktorität ist in solchcn Fällen allein
im Stande, dem Verderben Einhalt zu ihun.
Diesen Ralh gibt auch unser oben genauntes
Buch. Jedoch wir wollen uicht unbillig seyn:
es ist unmöglich, in dem Schutte ebcn vollen-
detcr Zerstörung die schaffeuden Hände überall
zu gleicher Zeit und in gleicher Weise zu rüh-
ren, aber wenn Vestand hat, was begonneu
wurre, so witd sich die Kraft im Großen mit
dcr Trcue im Kleiuen paaren, um der jetzt
herrschenden Willkür des Geschmacks uud der
Spekulation die gehöiigen Schranken vorzu-
zeichuen. 8.

Etwas Gelehrtes ütier Ztickkunst und
Ztickereien, und wie man in srnhcrerZeit
diese Sachen benannt hat.

Weil wir aus Erfahrung wissen, daß Da-
men, namentlich wenn st'e stch nüt einer histo-
risch traditionellen kirchlichen Kunst beschäsü-
gcn, auch gcrne zuweilcn einmal cinen Spruch
Latein dazwischcu hören, so sühlen wir uus
hcute fast versucht, uiisern ganzen Dorrath
auszupacken, um nachzuweisen, wie sehr ge-
ehrt und vielfach geübt die Kunst des Sückens
schon im höchsten Alterlhume war, als cs noch
Helden und Heldinnen gab, und es noch zum
 
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