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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 1.1857

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11. Heft
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Die zweite Generalversammlung des christlichen Kunstvereins für Deutschland am 15., 16. und 17. September 1857 in Regensburg, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.18467#0190

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1857. WrcliLnsrlimml!. u,M

DiezweiteGeneralverslttMnlung des christ-
lichen Kunstvereins sür Deutschland

am 15.. 16. ,md 17. September 1857 m Regens-
burg.

m.

11. Ausstcllung mittelalterlicher Kunstgegen-
stände zu kirchliäien Zwccken.

3n unserem Bericht über die von dem Re-
gensbnrgcr Diözesankunstverein veranstaltete
sehr reichhaltige Ausstellung werden wir die-
jenigenRubriken übergehen, welche nicht direkt
die Paramcntik betreffen. Es genüge die Bc-
merkung, daß eine überraschend zahlreiche und
wohlgeordnete Sammlung von Kunsterzeug-
nissen in allcn Fächern ausgcstellt war, als:
Tafelmalereien, Holzsculpturen, ganze Flügcl-
altäre, prachtvolle Arbeiten in Gold, Stlber,
Bronze und Email, Elfenbeinschnitzereicn, ge-
druckte und geschriebcne Bücher, mit Miniatur-
gemäldcn und mit ihren alten kräftigen Ein-
bänden, Handzeichnungen auf Pergament rc.

Das Fach der Paramentik war würdig
vertrcten. Wtr werden das Znteressanteste da-
von in der Weise aushcben, die unsern Lesern
am meisten praktischcn Nutzen verspricht.

Dor Allem ist zu nennen dte Kasel, das
Meßgewand, in allen seinen Entwicklungs-
sormen.

Das Regensburger Stift St. Emeram bot
die alteehrwürdigeKasulades heil.Btschoss
Wolfgang, in der Form, welche von dcr
urchristlichen Zcit bis in's 12. Zahrhundert
die herrschende war. Es würde nämltch dieses
Kleid, auf dem Boden ausgelegt, etne kreis-
runde Scheibe vorstellen mit einer Oeffnung
im Mittelpunkt. Dieses Gewand, mittelst der
Ocffnung über den Kopf gezogen, wird auf
der Schulter ruhen und tn großen Falten den
Leib bis fast zum Boden umfließen. Legt nun
der Priester die zwei zu seiner Rechten und

Linken herabfallenden Enden des Gewandes
über seine Arme, so werden nur noch die vor-
dern und hintern Partien herabhängen und
der Faltenbruch von dieser aus über die Arme
und Schultern hinlaufen.

Man begreift, warum dieses Kleid mit einer
Glocke verglichen und daher Campanula,
Glocke, oder Casula, Hütte, genannt wird.

Um die Bewegungen des Priesters zu er-
leichtern, ließ man an dicsem Gewande rechts
und links Schnürc in Ringen von nnten bis
oben hinlaufen. Diese Schnüre oben zusam-
mengezogen und gebunden, legten das Gewand
von selbst in einen sehr natürlichen und wür-
digen Faltenwurf, und gaben den Armen des
Priestcrs die nöthige Fretheit der Bewegung.

Denselben Zweck erstrebte man später da-
durch, daß man die Seitentheile der Kasnla
ausschnitt. Dtesc und weitere Uiiiäiiderungen
der Kascl sind schon in Heft5, S. 70u. ff.
beschrieben.

Die Kasel des hetl. Wolfgang trägt als
Verzierung vorn und hinten das palliumartige
Kreuz, welches aus einem von unten aufstei-
genden Stabe aus über beide Schultern hin-
läuft. Es besteht aus einem eigenthümlichen
Goldgewebe, dessenFabrikationsweiseuns ver-
loren gegangen ist, mtt in Scide eingesticktcn
Dessins von Thier- und Pflanzenfiguren.

Besonders merkwürdig ist der Stoff, dessen
kleine Desstns auf den Ursprung aus einer
maurischen Fabrik htnweisen. Daher unter-
stützt er auch die Aniiahme, daß das Gewanb
aus derZeit des heil. Wolfgang stamme (972
—991), in wclcher Zeit noch vorherrschend
maurische Stoffe zu Kirchengewändern ver-
braucht wurden.

Ein würdiges Seitenstück deS obigenGe-
wandes ist die Kasula aus dem Schatze des
Regensburger Doms, ebenfalls in Form
der Campanula oder Glocke.

Lirchenschmuck. 18S7. XI.

s
 
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