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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 1.1857

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2. Heft
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Kreuser, ...: Briefe an eine edle Frau, [2]
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Bock, Fr.: Ueber Entstehung, Form und ornamentale Ausstattung des Röckleins (Rochet, Chorhemd)
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https://doi.org/10.11588/diglit.18467#0032

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21

fentlich werde ich esJhnen später zur vollstcn
Klcirheit bringen können, wie die Aufgcibe
auch in der Kunst beide Testamente zu ver-
cinigen, eben keine so uberaus schwterige ist,
wenn man nur selber auf den Grund der
Apostel und Propheten erbaut, mit andern
Worten, ein Christ ist. Ueber Jhre Kasel
nächstens. Lr.

Neber Entstehung, Form und ornamen-
tale Ausstattuiig des Nöckleins (Nochet,
Lhorhemd).

Bevor wir im Folgenden einige Zeichnun-
gen zum Besatz von Röcklein und Alben mit-
theilen, mag es nachdenkcnden Künstlertnnen,
die sich der Mühe des möglichst knnstgerechten
Ausführens solcher Ornate unterziehen, er-
wünscht seyn, etwas Genaucres über den Ur-
sprung dieses liturgischen Gewandes zu er-
fahren.

Jm 12. und 13. Jahrhundert, in welcher
Pcrtode überhaupt die liturgischen Gcwänder
in Bezug auf Form und dekorirte Ausstattung
eine sorgfältigere künstlerischeAusbildung und
Entwicklung erfahren, war das heutige Röck-
lein ein weites, faltenreiches Gewand mit wei-
ten Aermeln, das dic Geistlichen, namentlich
die Stifts- und Klostergeistlichkeit, zur Be-
deckung eines Untergewandes, Talars, anleg-
ten, der besonders im Winter bei Abhaltung
der Tageszeitcn mit Pelz gefüttert war. Die-
ses weite Chorhemd aus weißem Letnen hieß
deßwegen auch das suxer xsllioinm, also cin
Gewand, das, wie der gelehrte Bischos Du-
randus von Mende es erklärte, über dcn Pelz-
talar (vsstis suxsr xslles) getragen wurde.
Jn der Kirchcnsprache wird heute noch das
Röckleinbezeichnet als „suxsrxsIUeiuiu" (fran-
zösisch surxUs), obschon der warme Winter-
Talar nicht mehr darunter angclegt wird.
Dieses Gewand, das in Form der Albe bis
zu den Füßen weit herunterfloß, mit weiten,
offenen Aermcln, wurde im Laufe dcr Jahr-
hunderte immer mchr und mehr verkürzt, so

daß bereits im 16. Jahrhundert der Talar in
Seide oder Tuch als Untergewand unter dem
Röckletn ersichtlich wurde.

Seit dteser Zcit hat nun das Röcklein eine
größere nnd zierlichere Ausbildung gewonnen,
namentlich an dem untern dekorattven Sanm.
Znnächst fielen im 16. und noch mehr im 17.
Zahrhundert bei der höhern Geistlichkcit die
weiten Aermel wcg, und es entstanden enge
und anliegende Aermel, die meistens an dcr
Ausmüudung mit einer mehr oder weniger brei-
tenSpitze ausgerandetwnrden. Die römischen
Liturgisten bezeichnen dieseS Röcklein mit eng-
anliegenden Aermeln als „rosUstum", her-
stammend vom Wortc „rooous", unsere deutsche
Bezeichnung „Rock", womit ein leichtesOber-
gewand bczeichnet wird. Durch die allmälige
Verkürzung des Röckleins* entstand nach und
nach die Nothwendigkeit, zumal an Festtagen
die Stifts- und Chorgeistlichkeit in Röcklein
vou sehr feinem Leincn erschien, sowohl den
untern Saum als anch die Ausmündung der
weiten Aermel mit einem ornamentalen Be-
satz zu verzteren. Dteses Bestreben, die Röck-
lein mit reichem Spitzenwerk zu dekoriren,
machte sich aber erst dann recht geltend, als
im IS.Jahrhundert die spanischen Kragen mit
zierlichem Besatz, und im 16., mehr aber noch
im 17. Jahrhundert dte Spitzenwirkereien in
Flandern in Aufnahme kamen. Leider ging
zu einerZeit, da derLnrus derHöfe, nament-
ltch unter dem prunkliebendenHouis XIII. und
l,ouis XIV. die Kleidungsstücke mit den bekann-
ten kostbaren Gnipüres und Dentelles von Va-
lencienne, Arras, Brügge nnd Brüsscl zn gar-
niren begann, auch diese weltlicheVerzierungs-
und Garnirungssucht anf die kirchliche Klei-
dnng übcr, so daß im 17. und 18. Jahrhundert
bei vtelen Rochets der höhern Geistlichkeit der
primitive feinere Leinenstoff Nebensache ge-

* Jn vielen Diöcesen Frankreichs und Jtaliens
wird heute noch strenge darauf gehalten, daß dieses
eben bezeichnete Nvchet mit engen Aermeln blvs
von der hvhern Stists- nnd Kathedralgeistlichkeit
getragen werde; die Pfarr- und niedern Klvstergeist-
lichen dürfen nur in Superpclliccen mit wcitcn
Aermeln erscheinen.
 
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