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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 1.1857

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8. Heft
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Einige besondere Mängel am kirchlichen Weißzeuge
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Ueber zwei Mißbräuche
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https://doi.org/10.11588/diglit.18467#0145

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26

legen. Man hat es mit Recht rühmcnd er-
wähnt, daß sich Jungfrauen zusammeugethan
haben, um aufFesttage den Kircheubodeu auf-
zuwaschen; so viel verlangen wir nicht, aber
Frauen und Jungfrauen können ihre Liebe
zum Altare beweisen, wenn sie wenigstens die
feinere und wichtigere Kirchenwäsche uneut-
geltlich besorgten. Wer wollte dieß hindern?
Hier könnte sich sür den richtigsten »nd schön-
sten Schmuck der Kirche eine nicht unbedeu-
teude Thätigkeit entwickeln, und Viele sich be-
thetligen, deren Hände weniger iu der Kuust
des Stickens geübt, doch auch ihr Scherflein
zur Zier des Hauses Gottes beitragen können.

N.

Uelier zivei Mßlirüuche.

Wie man die kirchlichen Regeln und Be-
stimmungen in Bezng auf Architektur, Para-
mentik und sämmtliche Ornamentik verlassen
hat, so ist man auch vou den Gesetzen und
Regeln des Heiligschönen abgekommen uud
hat sich ganz willkülliche, der veränderlichen
Mode angepaßte Bildungen und Auszierun-
gen erlaubt. Will man das Kirchlichschöne
und Würdige wieder erfasscn und herstellen,
so wird man sich vor Allem wieder an die
mehr oder weniger ausdrücklichen Satzuugen
und Vorschriften der Kirche iu all diesen Ve-
ziehungen halten müssen. Jn treuem Festhal-
ten an die lleberlieferung und im bedächtigen
Vorwärtsschreiten bei unabweisbaren Umge-
staltungen hat die Kirche immer die Grund-
linien des Kirchlichschönen festgehalten oder
meu vorgezeichnet. Ste hat freilich nur die
Grundlinien angegeben sür die kirchlichen
Kunstgebilde und das Weitere dem christlich-
und kirchlichgebildeten Schönheitssinn zur
mannigfaltigsten Entwicklung überlassen; aber
diese Grundregeln sind nicht gegeben, um
unberücksichtigt zu bleiben. Dieses Verfah-
ren der Kirche zeigt sich bis in's Kletnste
hinein, wie wtr an zwei -Beispielcn nachweisen
werden. DerKelch, den der Priester zur Feier
der heil. Messe braucht, soll mtt einem Velum

(Schleier) von demselben Stoffc bedeckt sevn,

aus dem die Kasel ist; der Priester muß ihn

bedeckt auf deu Altar tragen und von dort
nach der heil. Feier bedeckt in die Sakristei
zurückbringen; und er soll bedeckt auf dem
Altare stehen bis zum Offertorium, und von
der Eommunion an bis zum Schlusse. Nun
sind abcr diese Velen mcistens so kletn gewor-
den, daß man den Kelch nur auf einer Seite
bedecken kanii, so daß er auf der andern offen
steht. Wenu man blos aufden äußern Schein
sieht, so ist daS Unschickltche uoch dadurch zu
vermcideu, daß man die vordere Seite des
Kelches, wenn er auf dem Altar stehet, ge-
hörig bedeckt. Allein wenn der Prtester deu
Kelch auf den Altar (oder zurück) trägt, wtrd
nothwendig die offenliegendeSeitedesKelches
dem Volke zugekehrt, weil das Kelchvelum
vornen aufgeschlagen wird. Man hat nun
freilich den Ausweg ergriffen, daß der Träger
des Kelches denselben in der Sakristei zuerst
umweudet und so die mit dem Velnm ganz
bedeckte Seite gegen anße» kehrt; so muß er
ihu dann auf dem Altare auch zuerst verkehrt
aufstellen, und danu erst umwenden, damit die
bedeckte Seite gegen das Volk zu stehen kommt.
Jedenfalls eine sehr unschickliche Manipula-
tton, die sich beim Zurückkehren vom Ällar
wiederholen mnß. Diese für das Heiligthiim
unwürdige Kargheit in der Zumessmig des
Stoffes ist nicht minder widerlich, als die
knauserige Zugeschnittenheit der Meßgewän-
der selbst. Bedeckt, ganz, von allen Sei-
ten bedeckl (ooopsrtuni) soll der Kelch seyn,
sagt die Vorschrift im Meßbuche; und soll die
Form schön werden, die das Velum da bil-
det, so muß es faltenreich nach allen Seilen
gleichmäßig herabwallen. Das Velum sollte
demnach ein O-uadrat bilden und so groß
seyn, daß es den Kelch, wcnn ihm Pa-
tene und Palla aufgelegt sind, von allen
Seiten in fließenden Falten gleichmäßig bis
auf das Corporale verhülle. Wir übersehen
dabeinicht, daß unsere modernen Zopfkelche oft
eine unuatürliche Höhe haben, fast doppelt so
hoch gebaut sind, als die alten schönen Kelche,
 
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