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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 1.1857

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12. Heft
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Sighart, Joachim: Ein Communiontuch der alten Zeit
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Die moderne Kasula: ein Wort an Lyon und seine deutschen Filiale
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https://doi.org/10.11588/diglit.18467#0218

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zier und im Schilde angebracht. Unter dem
Wappen lesen wir auf einem fliegenden Bande:

1538. L.

Damtt ware also die Zeit der Ausführung
und der Name des Stisters angedeutet.

Damit glaube ich, so wcit Worte es ver-
mögen, cine Vorstcllung von dieser großarti-
gen Weißstickerei des Mittelalters möglich ge-
macht zu haben. Was die Fülle der Arbeit
betrifft, ist sie so bedeutend, daß wir zur An-
nahme gezwungen sind, es seyen wohl meh-
rcre Jahre zur Ausführung verwendet wor-
den. Merkwürdig ist auch dte Mannigfaltig-
keit der Sttckmuster, die angewendet sind, und
wovon so manches gegenwärtig nicht mehr
gekannt und geübt ist, obwohl cs sich trefflich
ausntmmt. Die Hauptsache aber bleibt der
Gcist, der darin weht, die sinnige Zusammen-
stellung so schöncr biblischer Scencn, die alle
mit dem großen Mysterium des Altars innig
zusammenhäugen. vr. SiAlieert.

Dic moderne Kasula.

ClnMort nnI§on «nd sstne deutsriirn Kiwlr. *
Wie schon im letzten Hefte kurz berich-
tet wurde, so kommt die Lsvns äs l'nrt
cbretleo von Corblet in ihrem Dezember-
hcste auch aufdcn „Kirchenschmuck" zu sprechen
und bemerkt dabei unter Anderm, daß derselbe
bereits einen bemerkenswerthen Einfluß auf

' Mit „Lyon und Lyoncr Stoffen" bezeichnet
man gewöhnlich alle dic schlcchtern Erzeugnisse von
Sciden-, Halbseiden- und Wvllenstoffen für den
kirchlichen Bedarf, seyen dieselbcn in Lyon oder
außerhalb Frankreichs erzeugt. So versteht es auch
der Berfaffer dieser Zeilen über die modcrne Ka-
sula. Anders wäre der Borwurf, daß Lyon die
Schöpferin der kleinsten über alles Maß verkürzten
und zugeschnittcnen Kasula sey, nicht ganz gerecht-
fertigt. Denn es wird uns von Seiten der Be-
theiligtcn verstchcrt, daß deutsche Ornathändler die
in Lyon gcfertigten Kaselkreuze abermals der ver-
kürzenden Scheere nnterwerfen. Diese Thatsache
tiefert aber nur einen weitern Beleg zu den Kla-
gen desVerfassers, und gibt dem angeregten Gegen-
ftande, statt ihn abzuschwächen, eine erhöhte Be-
deutung. Wie weit werden wir auf diesem Jrrwege
noch verschlagen werden! Anm. der Red.

Lyon, dieHauptstadtder Seidenfabrikatiou für
profaneund kirchliche Zwecke ausübe. Der Kir-
chenschmuckdarfaufdieftsZeugnißdasverdicnre
Gewicht legen. Jtalien mit seiner Seidenpro-
duktion und seinen Webereicn ist für uns leider
so gutwie verschlossen; Lyon und diennter dem
Namen „Lyoncr Stoffe" bekannten Seiden-
und Halbseidenwaaren beherrschen nicht blos
den deutschen Markt, sondern auch, wir dürsen
dieses Wort hstr in diesem Zusammcnhang
wohlbranchen, dieModeindenKirchenFrank-
reichs und Deutschlands. Soweit der Ein-
fluß dieser modernen Fabrikation reicht, hat
sich das Verdcrben nach drei Richtungcn hin
ausgebreitet. Wir vernüssen die einfache und
correkte Farbe und die Solidität deS Stoffes,
die würdige Ornamentirung und dauerhafst
Technik, und endlich besvnders in Bezug auf
die Kasula die ernste Form der hl. Gewänder.
Jn dem ersten Hcste unseres Archivs ist der
jetzige Zustand der Paramentcnfabrikation
mit dem früherer Zeiten verglicheu worden.
Die Parallele ist allerwärts als treffend an-
erkannt worden; andernfalls hätten nichtstlbst
politische Blätter sie in ihre Spalten aufge-
nommen. Alle gutgesinnten Kathvliken, dte
nur einigcrmaßen diesen Zustand und die im
letztcn Hefte geschilderten Ausschreituugen des
„Ornathandels" kennen, alle, die für den
Glanz des Gottesdienstes, den Ernst und die
Würde der hl. Handlungen glühen, sind von
der Nothwendigkeit überzeugt, den jetzigen
Zustand der Dinge zu heilen. Wcr seine
Stimme mit der ihrigen vereinigt, verthcidigt
deßwegen noch nicht die Sache puristischer und
eigensimiiger Archäologcn, denen man — ob
mit Rccht, lasstn wir hier unerörtert — so
gern den Vorwurf macht, daß ste über der
Vorliebe für ihre Antiquitäten sogar die durch
kirchliche Auktorität legalisirte Entwicklung
vergesstn. Alle also, die in unsere Klagen ein-
stimmen, mögen jetzt das tröstltche Wort ver-
nehmen: Lyon fängt an, sich zu bekehren.
Wir stellen sonach die Frage: Jn welchem
Umfang wird dieß geschehen? Sollte sich dte
Vermuthung bestätigen, daß die Verbesse-
 
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