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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 1.1857

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12. Heft
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Die moderne Kasula: ein Wort an Lyon und seine deutschen Filiale
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Technische Erklärung der Beilagen
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https://doi.org/10.11588/diglit.18467#0220

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man sie aber nicht eben so breit machen
könncn? — und überschreitet dieselbe nur an
den Schultern, über die sie etivas weiter herab-
fälld Dabei ist ste ein wahres Gewand, das
kleidet, und kein Panzer, wie dic unkirchliche
moderne Kasula der neuerungssüchtigen Fab-
rikation.

Wenn jede Neuerung innerhalb des kirch-
lichen Gebiets, im Glauben ketzerisch, jn jeder
andcrn selbst scheinbar unbedeutenden Sache
höchst bedenklich ist, so dürfen wir billig unsere
Verwundcrung darüber ausdrücken, daß in
dem beregten Gegenstande eine solche Neue-
rung zur Herrschaft kommen und selbst gutgc-
sinnte Priester für stch gcwinnen konnte. Wür-
den stch die letztern zur unverbrüchlichen Auf-
gabe machen, kein modernes Meßgewand mehr
sür die Kirchen käuflich zu erstehen, könnte
dann die moderne Fabrikation widerstehen,
ohne, wir sagen nicht den gnten Geruch ihres
kirchlichen Gehorsams, aber doch gewiß die
Rentabilität ihres Geschäftes in Frage zu
stellen? Der Kampf ist nun einmal angeregt,
und wcnn diejenigen, welche über die Verun-
staltung des hl. Gewandes berechtigte Klage
führen, nicht vom Schauplatz abtreten, so wird
die Frage der Entscheidung mehr und mehr
zugesührt werden. Wessen sich Lyon dabei
zu versehen hat, kann nach Obigem nicht
zweifelhaft seyn. Wir dächten deßhalb, die
Begünstiger der Ncuerung würden besser thun,
ihr freiwillig zu cntsagen nnd ohne Vorbehalt
zur Ordnung zurückzukehren.

Technische Crklärung der Deilngen.

lHlr« 1. Zeichnung zu einer Mosaikstickerei,
angewandt als Medaillon auf einem Velum
zum Vorsetzen während der Ausstellung des
Hochwürdigsten Gutes.

Bei Gelcgenheit der Veröffentlichung dieser
Zeichnung wollen wir es in diesen Blättern
zuerst versuchen, die Technik der sogenannten
Molaikstickerei, die in jüngstcrZeit mit so
vtelem Erfolge in großartigem Maßstabe auf
kirchliche Ornamente* angewandt worden ist,

* Wir erinnern hier im Vvrbeigehen an die

des Näheren zu erläutern. Vor allen Stick-
arten dürfte keine so paffend gefunden werden,
größcre Bilder in vtelfarbiger Setde darzu-
stellen, als diese sogenannte Mustvstickerei,
welche aus kleinern und größern Comparti-
menten vielfarbiger schwerer Tafftseide sich zu-
sammensetzt. Mosaikstickerei wird diese auch
im Mittelaltcr vielfach geübte Manier von
Handarbeit wohl zunächst deßwegen gcnannt,
weil sie, ähnlich den Mosaiken, aus kleineren
farbigen Stücken zusammengesetzt wird. Am
meisten Aehnlichkeit hat, hinsichtlich der Zu-
sammcnsetzung, diese Art Stickerei nüt den
vielfarbig zusammcngesetzten Figurationen in
gebranntem Glas. Die Contouren und Um-
risse, die in gebranntem Glas meistens durch
eine dünne Verblciung angedeutet sind, wer-
den bei dieser Mosaikstickerei durch stärkere
Umriffe in gezwirnter Seide angegeben, die
in doppeltem Kreuzstich sehr dicht ausgesührt
werden müffen.

Die Schattirnngen der Figuren selbst, die
in den gemalten Fenstern durch stärkere Linien
angedeutet sind, werden hier ebenfalls durch
bte Kiinstfertigkeit der Stickerin in Vorsatz-
und in Plattstichen als Hülfslinien erzielt.
Diese Mosaikstickereien eignen sich besonders,
um größereFlächen auszufüllen und sind vor-
zugsweise berechnet aufSolidität und auf eine
imposante Wirknng in dcr Ferne. Deßwegen
dürfte diese Technik besonders ihre Anwen-
dung finden: bet Stickereien von Fahnenbil-
dern, bei scenerirten Darstellungen auf Anti-
pendien, Vorhängen, Wandbekleidungen rc.

Bei Emrichtung dieser Stickerei hat man
sein Augemnerk besonders dahin zu richten,
daß die auf etne Grundlage von Lcinen appli-
cirte und zu einem farbenreichen Gemälde zu-
sammengesetzten vtelfarbigen Seiden-Muster
nach Abspannung von dem Stickrahmen sich
nicht in die Höhe werfen sondern daß die auf-
genähten Tafftstücke nach der Abtrennung von
dem Sttckrahmen tn gerader Richtung straff
angezogen in ebener Lage bleiben. Man thut
deßwegen gut daran, wenn man die einzelnen
Compartimente der Seide, bevor man sie, der
Zeichnung zufolge, ausschneidet und auf die
Leinwand befestigt, vorher mit einem dünnen
Floß- oder Wvllenpapier sorgfältig unterlegt.

Um die in Zeichnung beigefügte Scenerie

eben vollendeteii prachtvollen Wandteppichc des
Kvlner Dvmes, in derselben Weisc ansgeführt, ein
bis in späte Jahrhunderte laut rcdendcs Zeugniß
der Ausdaucr, Hingabe und Kimstfertigkeit cdler
Frauen und Jungfrauen.
 
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