Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 1.1857

DOI Heft:
11. Heft
DOI Artikel:
Hirtenstab und Insul des hochwürdigsten Herrn Bischof Konrad von Paderborn
DOI Artikel:
Beruf und Kunst gegen Spekulation
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.18467#0200

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
dte vortreffllche Künstlerin, Fräulein Fögen,
nnsere Leser für die vorliegende trockene Be-
schreibung mit einem authentischen Bericht
ncbst Anoeutungen über die Art der Ausfüh-
rung entschädigen möchte.

Derus und Kunst gegen Spekulation.

Es tst ein schlimmer Grundzug dcr heuti-
gen Jndustrie, daß sie von schrankenloser Will-
kür als threr einzigen Regel geleitet wird.
Kein inneres Gesetz derNothwendigkeit, keine
Rücksicht auf vorhandene Bedürfnisse leitet
die neuen Erfinvungen, ihren Gebrauch und
ihre Benützung zu socialen Zwecken. Die
blose Sicherheit, ja oft cin matter Schein von
Hoffnung auf Gewtnn, der höher seyn muß,
als bloßer Verdienst, gibt den Ausschlag bei
Ausführung von den weirgreifendsten Unter-
nehmungen. Dieses Uebel hat stch auch in
das Gebiet der kirchlichen Zwecken dienenden
Jndustrie cingeschlichen. Wte die ,/produci-
rcnde" Geschäftswelt dcr consumirenden Ge-
scllschast gegenübersteht, nur darauf bedacht,
durch immer neue verlockende Produkte dcr
Jndustrie nie gekannte Bedürfnisse zu befrie-
digen, und damtt den Verdienst und Vesitz der
consumirendenKlaffe vampyrartig auszusau-
gen, so hat sich auch dem Kirchenvermögen
gegenüber eine neue Art von Säkularisation
geltend gemacht. Eine Ueberzahl von Para-
menten-Fabriken oder kleinern Geschäften die-
ser Art hat stch aus dcn Betrieb dieses Ge-
schäftes geworfen, nicht umein „tiefgefühltes
Bedürfniß" zu befriedigen, sondern um bei
der hiebei üblichcn Proceniuation eincn enor-
men Gewinn zu erjagen. Derartige Ge-
schäfte haben früher nicht bestanden, sie sind
neu, sie sind wenigstens in ihrer jetzigen Ein-
richtung und Ausdehnung überflüssig, und um
so mehr siner Umgestaltung bedürftig, als die
Art des Verschleußes sehr oft an's Unwürdige
streift. Daß in früheren Zeiten die einzelnen
Kirchen ihrcn Bcdarf an Zeugstoffen unmit-
telbar vom Fabrikanten bezogen, beweist die
S. L6 des „Kirch'enschmucks" veröffentlichte

Paramenten-Rechnung bes 15.Jahrhunderts.
Jst es auch je nachweisbar, daß die künstle-
rischen Produkte der mittelalterlichen Weber-
und Stickerzunft regelmäßig nur durch dcn
Zwischenhandel von „Ornathändlern" ver-
mittelt und vertheucrt wurden? Nach dem
Untergang dieser Zünftebetrieben die Frauen-
klöster fast allein noch die vorher zwischen
beiden gethetlte Kunst; haben sich aber etwa
die Klöster mit einem Ornathandel befaßt,
oder haben sie ihrestZrodukte einem Großhänd-
ler abgeliefert, der seinerseits den Verschleuß
mit lohnendem Gewinn besorgte? Nichts von
Allem dem; und cben weil dieses Jnstitut des
Zwischenhandels ganz neu ist und den wahren
Jnteressen des Kirchenvermögens und des
Schmucks der Kirchen nicht dient, ist es auch
in jetziger Zeit ganz überflüssig. — So wie
Stoff, die Form und die künstlerische Aus-
stattung der zum Verkauf gebrachten Artikel
in erster Linie blos kaufmännischen Rücksichten
unterliegt, so ist auch bie Art des Verkauss
eine ganz profane und unwürdige. Wie an-
bere Handelsartikelwerden Kelche, Monstran-
zen, Caseln, Plnviale, Lcvitenkleider, Bal-
dachine, kirchliches Linnenzeug und derlei
Utensilien nach der Einrichtung eines Herrn-
oder Damenkleider-Magazins an den Schau-
fenstern unserer spottsüchtigen Städte ausge-
stellt; von Zett zu Zeit entleert sich das Ma-
gazin, benn derOrnathändler hat mit dem
Vorrath deffelben, wie er dieß schon früh-
zeitig in den Tagbläticrn angekündigt, dic
Frankfurter oder Würzburger Messe, oder die
Münchner Dult bezogen. Der Geschäftsstyl
des Oruathändlers kennt wte der profane,
nur mehr ein „Waarcnlager", und er hat
nicht blos die kirchlichen Gewänder aller Art
und Farbcn, alle Utensilien von geringcrer
Bedeutung, sondern auch, wie wir neulich zu
unserem Verdruß lesen mußten, Heilige und
den „Cruzifirus in verschiedener Größe und
zu den billigsten Prcisen auf Lager!"

Noch eincn gewichtigen Umstand legen
wir in die Waagschale. So wenig wir Alles
loben wollen, was vom sechzehnten bis neun-
 
Annotationen