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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 1.1857

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1. Heft
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Bock, Fr.: Zwei Vorbemerkungen zu der nachstehenden technischen Erklärung unseres Musterbogens
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Bock, Fr.: Technische Erklärung der Beilagen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.18467#0017

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allgemein geübten Technik auch die Tcrmino-
logie, die genaue, allgemein verständlichc Be-
zeichnung für dicselbe, verloren gegangen ist;
und cs würden sich die Gebrüder Grimm kein
kleines Verdienst um unsern deutschcn Sprach-
schatz erwerben, wenn ste aus alten Schwcins-
lederbänden auch die verjährten Kunstaus-
drücke der Stickerei hervorsucheu würden.

Da nun heutzutage andere Bezeichnuugci!
im Norden eristiren als im Süden, andere im
Westen, als im Osten, so mag man es uns
verzeihen, wenn wir bei Erklärung der folgen-
den Tafeln hinsichtlich der dabei einzuhalten-
den Stickarten hin und wieder uicht so deut-
lich werden, wie wir es im Jnteresse der guten
> Sachc wünscheu möchten.

Sodann erlauben wtr uns daraus hinzu-
weisen, daß es dem guten Geschmack der Da-
men überlassen bleiben muß, htn und wieder
i die Zusammenstellung der Farbtöne
anzuordnen. Wir müssen aber von vornehcr-
ein Protcst einlegen gegen alle zu grelle und
schreiende Farben, die iu modernen Stickereteu
heutevielsachzumVorschcinkommeii. Weilun-
ser Bestreben daraufgerichtet ist, die vorliegen-
^ den und die auch später folgenden Zetchiiungen
im Geist des Mittelalters und strenge nach allen
vorfindlichen Mustersttckereien zu kompouireii,
so ist es begreiflich, daß auch die Farbenwahl
nach mittelalterlicher kirchlicher Anstcht anzu-
ordnen ist, d. h. die Farben müssen dem Auge
wohlthuend sein, zart und angenehm iu ein-
ander verschmelzen, so daß einc ausprechende
Farbenharmonie dadurch herbeigeführt wird,
diesich ebensoweit vom zu Grellen als zu Matteu
und Ausdruckslosen fern hält. (Die kolorirte
l Betlage soll jeweilen für die Hauptgegen-
stände Haltpunktc bieten.)

Technische Erklürung der Deilagen.

Xr«. 1. Erläuterungen zu eiuer
Vesper-Stole im gothischen Style,
mit Ornamenten und Spruchbän-
dern. Die Stole ist ein Ornalstück, das
vvn allen liturgischen Gewändern in der Kirche
wohl am häufigsten zur Anwenduiig kommt;
dte vorlicgende Zetchnung ist von geübter
Hand strenge nach einer Sttckerei aus dem
Schlusse des LV. Jabrhunderts angefertigt
worden.

Damit bei Angriff vorliegeuder Zeichnuug
nicht von vornchcrein ein Mißgriff gemacht
werde, sei es gestattet, über die Präpara-

tion des Stickleinens, d. h. der Unter-
lageu, Einiges vorauszuschicken.

Erfahrungen haben uns in letzten Jahren
vielfach dcn Bcweis geliefert, daß alle Platt-
stich- und Applikationsstickereten sich ziehen,
auswerfen, sobald sie vom Sttckrahmen losge-
trennt und dcm Gebrauch übergebcn werden.
Auch hat sich die Uebcrstreichung mit Gummi-
tragant auf der Rückseite dcr Stickerei nicht
immer als ausreichend bewiesen.

Fräulein Martcns in Cöln, die sich bei An-
sertigung der großen Wandteppiche im Cölner
Dom ein so großes Verdienst erworben hat,
hat nun in letzter Zeit folgende für den Platt-
stich höchst wichtige Entdeckung gemacht. Die-
selbe stellt in diescm Augenblicke etne kunst-
reiche Plattstichstickerei von eincm Pluviale
des Speierer Doms wieder her, und an dtcser
Stickcrei fand es sich, daß man im Mittelalter
eine doppelte Leinwand als Unterlage für den
Plattstich angewandt hat. Nach dem Mustcr
dieser Stickereien wäre also die Unterlage für
vorliegende Stole in folgender Weise cinzu-
richten: Man überspannt den Sltckrahmen
mit einer Letnwand, die nicht zu dicht ist, am
besten mit selbstgewobener, und feuchtet diese
mit dünneni Leimwasser an. Alsdann breitet
man über diese aiifgcspannte Leinwand eine !
zweite, die auch nicht zu dicht sein darf. Man
hüte sich dabei, die Nerleimung zu stark zu
nehmen, weil sonst die Stickerin Mühe hat
die Nadel durch die Uuterlage zu ziehen.
Man hestet nun in Krcuzstichen auf dieses
Stickleinen einen Streifen Damast-, Levan-
tin- oder Taffetseide, die in Bezug auf die
Farbe entweder weiß oder roth ist. Bei der
Wahl der weißen Seide geben wir den wohl-
gemelnten Rath, daß die Seide möglichst
gedämpft tm Ton, am wenigsten kreide-
oder schneeweiß gewählt werde. Unsererseits
i würdcn wir einem gelblich oder fleischfarben
angehauchten Kolorit den Vorzug gcben. So-
bald die Untcrlagc mit dtesem gedämpften
wetßlichcn Atlas überspannt ist, wird cs gut
sein, zunächst die Zeichnung mittelst einer
Durchpause auf Seidenpapier für die ganze
Stole aufzutragen. Darauf wird man zu-
nächst zu Applikation der Spruchbänder vor-
schrciten. Es kann nämlich dte Außenseite der
Spruchbändcr (vgl. Nro. 1) von gewebtem
Goldstoff (6rax ä'or) mit Kettenstichen aufge-
näht oder auch, was schwieriger und zeit-
raubender, jedoch kunstretcher ist, mit neben
einander liegenden zarien Goldfäden darge-
stellt werden. Dte Umrisse dieser Spruchbän-
der (vgl. 2) können dann, um die Kreuzstiche
 
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