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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 1.1857

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6. Heft
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Schwarz: Der Gebrauch der Leinwand zu den kirchlichen Gewandstücken
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https://doi.org/10.11588/diglit.18467#0111

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92

sckehen. Reine und zierliche Leinwand, die
man gewiß in Ehren hcilt, vertrant man kei-
nem unreinen, durch Moder und Feuchtigkeit
eckelhaften Schranke an, man wlrd an diesen
selbst und sofort an die Besserung des Zustan-
des dcr Sakristei überhaupt Hand anlegen, und
schwerllch wird die Thätigkelt sich auf dte
engen Wände bleses zweiten priesterlichen
Vorhofs der Kirche beschränken, ohne endlich
auch die geheiligten Räume selbst zu betreten.
Die blendende Weiße des reinlichen Linnen-
zeuges befriedigt an stch schon das ästhetische
Gefühl. Aber sür den Katholiken, und zu-
mal den Priester, gibt es einen noch höheren
Gestchtspnnkt, nämlich die ganz bündige unb
klare Vorschrift der Kirche, welche den Ge-
brauch der Bamnwolle für kirchliches Wetß-
zeug verbietet. Anastastus, der römische Bi-
bliothekar, erzählt im Leben des Pabstes Syl-
vester I. (von 314—336): „Derselbe gab die
Verordnung, daß das Opfer des Altares nicht
auf einem seidenen oder gefärbten Tuche ge-
feiert werden dürfe, sondern nur auf einer
Leinwand, die ans dem der Erde entsproßenen
Flachs gemacht sev, sowie auch der Leib un-
seres Herrn Jesu Christi in einem reine» lin-
nenen Tuche begraben wurde." Unsere klassi-
schen Sprachforschcr nnd Archäologen betrach-
ten es zwar als eine ansgemachte Sache, daß
die Aegyptier und in Folge davon das übrige
Alterthum auch den Byssus, die baumwolle-
nen Gewande, zur Leinwand rechneten. Wir
sind nicht gewillt, diese in der gelehrten Welt
feststehende Thatfache zn verschweigen, obgleich
daraus auf den dem Hohenprtester des Alten
Bundes vorgeschriebenen Byssns und das
Sindon, das Schweißtuch und die Bänder, in
welche der Leichnam Jesu gehüllt wurde, so-
! wie auf das Leinwandtragen der Altcn über-
: haupt Schlüsse gezogen worden stnd, die mit
dem richtigen Verständniß des kirchlichen Ge-
botes in Widerspruch stehen. Für uns han-
delt es stch gar nicht von dem Gebranche der
heidiiischen Welt: die obige Konstitution des
Pabstcs Sylvester hat eine Erklärung gege-
ben, dte für uns maßgebend ist. Die für den

Altar vorgeschriebene Leinwand muß etn Pro-
dukt der Erde seyll (nisi tantuin in linteo ex
torrono lino pioeiento); denn dieß sey auch
mit dem Leichentuche Jesu Christi der Fall
gewcsen. Alle die einschlägigen kirchlichen
Verordnnngen fnßen anf diesem ältesten De- ,
krete. Nach eincr Entscheidung der Congre-
gation der Riten vvm Ist.Mai 1819 sollen
das Schultertuch, die Albe, die Korporalien,
Pallen, Purifikatoricn und die Altartücher
aus flächsernem oder hanfenem Tnche verfer- >
tigt seyn, nicht aber aus Baumwolle. Das-
selbe Dekret beruft stch auf eine frühere Ent-
scheidung der Congregation der Riten, welche .
die Nnsitte, Alben, Altartücher, Korpora-
lien u. s. w. halb aus Leinengarn, halb aus
Banmwolle zu verfertigen, auf's Herbste ta-
dclt. IIm so strenger ist der bloße Baum-
wollenstoff verboten. Die Palla soll ganz
von Letnwand seyn, nnd es ist ausdrücklicb
verboten, den obern Theil derselben mit
etnem seidenen Zeuge zu bedecken (Dekret
der Congregation der Riten vom 2. Ja-
nuar 1701). Demnach ist dte heuttge Pra- i
ris, die Palla von dem zum Meßgewand ver-
wendetcn Stoffe zu fertigen, ganz regelwidrig.
Wie Pabst Sylvester den Gebrauch gefärbker
Altartücher verbot, so steht jetzt auch das
Verbot aufrecht, den Albenspitzen eine Unter-
lage vvn gefärbtem Tuche zu geben (Dekret
der Congregation der Rtten vom 17. August
1833). Dem „Ktrchenschmuck" steht eS nich!

> zu, anders als mit der größten Achtung von '
diesen kirchlichen Vorschriften zu sprechen und
deren strenge Beobachtung um so mehr als
nnverbrüchliche Regel zu empfehlen, als hier
die Armuth wohl keine berechtigie Einsprache
erheben kann, zumal, da in den ärmüen Land-
Pfarrgemeinden in der Regel der Fleiß der
Parochianen selbst und eine kaum drückenoe
Opsergabe an eigenen Produkten dem Uebel
gründlich abhelfen kann. Mancher Pfarrer
hat in neuestcr Zeit den gesammten Bedarf
an Leinwand für setnc Kirche mit den bereit-
wtlligst gcopferten eigenen Gespinnsten der
Jungfraucnbündnisse vollständig erneuert. 8.
 
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