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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 1.1857

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8. Heft
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Miszellen / Korrespondenzen
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https://doi.org/10.11588/diglit.18467#0149

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30

^ findet als m den romamschen Mauerbanten. Jn-
deffen fehlt es doch nicht an Näumen, die zur Be-
malung sich eignen. Dazu gehören besonders die
Brustwände nnter den Fensterbänken und die Sci-
tenwände dcr dnrch die breiten Strebepfeiler ge-
bildeten Chorkapellen. Die in der östlichen Kapelle
noch oorhandenen Reste altdeutscher Wandmalerei
rechtfertigen diesen Aussprnch. Endlich gewährt
das Mobiliar einer Kirche Mittcl genug, um ihren
Eindruck durch wohlangebrachte Farbenpracht zu
erhühen. Wie die Alten die Flügelaltäre und die
einzeln stehenden Standbilder dazu benützt haben,
beweiscn uns die oielen noch vorhandenen Reste.
Aber auf Einen Pnnkt scheint man bisher überall
noch zn wenig geachtet zu haben, und halte ich da-
her nicht für überflüssig, darauf aufmerksam zu
machen, nämlich die ornamentale Ausstattung des-
jenigen Geräths, welches das ansgezeichnetste und
wichtigste in der ganzen Kirche ist, und daher auch
das ornamental beovrzugteste se yn svll, des Al-
tars, vnd zwardesAltartisches, denn dieser und
nicht der Aufsatz ist der Opferaltar. Der Aufsatz
ist nnr ein Beiwerk, das stch leider nach dem neuern
Geschmack oft nur allzubreit und oorherrschend
hinstellt. Es ist gewiß nicht zu rechtfertigen, daß
so hänfig die Altaraufsätze mit vexschwenderischem
Lurus ausgestattet sind., während man sich fnr den
Altartisch mit einer Mauermaffe und einer darüber
geschlagenen magern Verschalung begnügt. Jm
Gegentheile, hier soll der größte Aufwand an kost-
barem Material nnd die größte Sorgfalt anfschüne
Form angewendet werden. Sollte ich damit nicht
Recht haben? Nnd das eben ist die Aufgabe, die,
wie ich glaube, den Frauen zufällt. Die Holzver-
kleidung des Altartisches schcint mir nnr durch die
äußerste Anmuth entschuldigt zn seyn. Wo diese
nicht hindert, müßte, meine ich, der Altartisch nicht
nur aus svlidem Material sorgfältig bearbeitet,
sondern auch nach dem Muster der ältesten Kirche
nvch mit Antipendien von Webereien vder Sticke-
reien in Seide, wenn nicht von edlen Metallen,
verhüllt seyn?* Welch ein reiches Feld wird sich
der Kunststickerei eröffnen, wenn einnial die Frauen
dieses ihnen eigenthümliche und so ehrenvolle Ge-
biet wieder zurückerobert haben werden. Doch ich
verliere intch zu weit in die Zukunft. Nm eine Zu-
kunst zü ermöglichen, müffen wir vorerst bei der

* Getroffen. Vergl. das über die Antipendien
in Heft 5 des I. Äandes Seite 66 ff. Gesagte.

Anm. der Red.

magern Gegenwart anknist
licher Schmuck der Kirche ist
Wesentliche an diesem der Tisck
aller Farbenpracht der cdelsten StvM vrang
Nnsere Kirche hat schon eine ziemliche Zahl von
Altären nnd wird deren noch mehrere bekommen.
Möge das Gesagte bei dcren Herstellung nicht
außer Augen gelaffen werden. Jn nächster Ver-
bindung hiemit stehen die priesterlichen Gewänder.
Mit svlchen ist unscre Kirche rcich versehen. Daß
sie aber größtentheils die unwürdige ausgesckmit-
tene Fvrm und auch in den Stoffen das geschmack-
lvse buntblumige Dessin tragen, wem könnte man
das verübeln? Man hat es bisher nicht anders
gewußt, so sehr war man überall von Regel und
Tradition abgetrennt. Jetzt hat sich der bessere
Geschmack schon Bahn gebrochen, und sind von zn-
ständiger Seitc her schon Schritte geschchen, nm
bei Ncnaiischaffungen dem ehrwürdigen Charakter
des Tempcls und des darin gefeierten Ritus Rech-
nung zu tragen. Aber ich wiederhvle, was der
Patriarch der christlichenKunsterneuernng, Kreuser,
schon in Jhren Blättern ausgeführt hat: Der
Franen Sache ist es, diesen wichtigen Kunstzweig,
der zugleich^ selbst eine Art von Religionsübung
ist, wieder in die Hand zu nehmen und vorerst
wenigstens berathend und helfend uns zur Seite zu
stehen. Sie dürfen auch nicht glauben, es sey
hier noch gar nichts darin geschehen. Schon vor
der Restaurativn sah man in unserer Kirche nene
Linnentücher mit breiten, selbst gefertigten Spitzen
in Häkel- und Filetarbeit; die Spitalkapelle der
barmherzigen Schwestern weist manche Geschenke
frommer Hand anf in Linnenwerk, Kiffen, Fnßtep-
pichen u. dergl. Seitdem rie Franen und Jung-
franen erst Jhr Archiv in die Hände bekommen,
deüken sie nicht mehr daran, die Filetnäherei in
der bisherigen, vvn profaner Zimmerverzierung so
wenig verschiedenen Weise fortzusetzen, sondern
haben die schönen, alterthümlichen Muster und die
solide Technik entschiedcn lieb gewvnnen. Es fehlte
nur an muthigen Anfängen, um die Lust dazu in
vielen Herzen zu erwecken. Und diese Anfänge
sind, wenn anch vereinzelt, schon gemacht. Eine
Jungfrau hat nach einem schönen Muster eine
Stola mit aufopferndem Fleiße im Plattstich ausge-
führt, ein prachtvolles Werk, das allgemeine Be-
wunderung erregt, und dem man nicht ansieht, daß
es die erste Plattsticharbeit vvn dieser Hand ist.
Eine andere Jungfrau hat eine Bursa für die
Spitalkapelle gefertigt, das Lamm Gottes, mit
 
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