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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 1.1857

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12. Heft
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Kreuser, ...: Briefe an eine edle Frau, [6]
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https://doi.org/10.11588/diglit.18467#0209

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pfangene ist keme wirkliche, sondern zn-
künftige Gestalt, kein geborenes Wcsen,
sondern eine Hoffnung dereinst in der Füllc
der Zeiten. Also, wenn Kunst Gestalten bil-
den heißt, so mußten wir an der Ausgabe ver-
zweifeln. Durch Engel, Heilige u. s. w. nichts-
sagende Gedanken verkörpern wollen, ging
auch nicht an; denn die makellos Empfangene
ist eben ein Werden, kein Bestand, hat also
als zukünftige Königin der Engel u»d aller
Heiligen einstweilen mit diesen noch keine Be-
rührung. Wie ich hoffe, Verehrteste, erschei-
nen Jhnen diese Erwagungen folgerecht und
meinKleinmuthgerechtfertigt. Judessenwandte
ich meine Blicke zur altcn Kunst, und fand,
wie sie eben so schwierige Aufgaben zu lösen
verstand, sogarZukünftigcs darstellte, z.V.
den Antichrist, die Auferstehung der Todtcn,
das jüngste Gericht. Wie verfuhren aber die
Alten? Sie erbauten ihre Werke und Btlder
immer aus der heil. Schrift, und da ist man
gleich im Klaren über den Antichrist und sei-
nenAnhang (sjus äomiuii äiAiio ants snscula
xraosoiuutur. 6r0tzor Na.AU. Noral. in lob
LXV. 16. u. 34) und alle letzten Dinge, wie
entfernt und zukünftig sie auch seyn mögcn.
Der Wcg war also vorgezeichnet, und es fragte
stch nur, welche Schriftstellen Passen, um die
makellos Empfangene im Bilde aufzubaucn?

Jch könnte nun, Verehrteste, Jhnen eine
weitläufige Abhandlung über den Engel des
großen ffiathes (XuAelus maZui oousili!)
schretben, wie ihn die Kirchenväter darstellen
als den künftigen Heiland, der stch mit dem
ewigen Vater über d«s deretnstige Werk der
Welterlösung bespricht. Viclleicht haben Sie
selbst auch alte Bilder gefthen, wo Gott der
Vater setnen eingeborcnen Sohn, der eben der
Engcl des großen Rathes ist, zur Erde sendet,
und dieser steigt hinab, aus dcn Schultern das
Kreuz, in der Linken ein Körbchen mit den
Leidenswerkzeugen tragend. Jedoch statt vie-
ler Weitläufigkeiten verweise ich Ste unmittel-
bar auf die kirchliche Darstellung beim heil.
Johannes vom Kreuze. Dieser (s. sämmtltche
Gedichte des heil. Johannes vom Kreuze und

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der heil. Theresia von Jesus, übersetzt von
Storck. Münster, Theissing 1854, S.25)
läßt am Anfang der Dinge den ewigen Vater
also reden:

Sohn! du siehst, ich schuf nach deincm
Bild die Braut, die dir verbunden,

Die in Allem, was dir gleichet,

Deiner würdig du gefunden.
und S. 28 heißt es bei der Verkündigung:
Das Geheimniß war vollcndet,

Wic die Magd ihn hold bescheidet,

Und in ihr von der Dreieinigkeit
Mit dem Fleisch das Wort bekleidet.

Dreier Thun ist's; doch ihr Wille,

Daß die That dem Einen bleibe;

Und das Wort ist Fleisch geworden
Jn Mariens heil'gem Leibe.

Sie wcrden schon meinen Gedanken heraus-
nehmen, allein ich kann ihn noch deutlicher in
einer andern Schriftstelle aussprechen. Gott
ist das ewige Seyn, er spricht in der Schrift:
,/ich bin, der ich b in" (sAo sum, gui sum),
er hat kein war als Vergangenheit, ketn
werde seyn in der Zukunft, sondern in ewi-
ger Gegenwart übersteht er alle Dinge und
Zeiten (Oso nse xrastsritum tsmxus oon-
Kruit nso lüturum. 6rsAor.N.in llob.XXIII.
19. n. 35. tzuia xrustsritum st kuturum tsm-
pus Oirinitas non Iiubst, ssä ssmxer ssss
bnbet.. Xit: Xnts SAo (JohaNN. VIII. 58)
s um. lä. 80m. XVIII. n. 3). Wo ist aber,
werden Sie fragen, hier ein Anknüpfungs-
punkt an unser Madonnenbild? Jch meine,
er liegt sehr nahe, denn der Herr sah schon in
dcn ersten Schöpfungstagen die makellos Em-
Pfangene, die nach dem Ablaufe dcr Jahrhun-
derte den Weltheiland zur Welt brtngen sollte.
Wie so? Jch bitte Sie nur, der Worte einge-
denk zu seyn, die im Paradiese zur verführeri-
schen Schlange gesprochen wurden. Es heißt
(Genesis III. 15: iuimioitiam xonam Lo.):
„Feindschaft wtll ich setzen zwischen dir
und dem Weibe, zwischen deinem Sa-
men und ihremSamen" u.s.w. Daß das
Weib, welches der Schlange den Kopf zer-
treten soll, keine andere ist, als dte heil.Jung-
 
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