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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

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Heft 4
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Rösler, Waldemar: Feldpostbriefe aus dem Westen: mit Zeichnungen vom Kriegschauplatz, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0195

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Ich habe nie geglaubt, dass ich oder überhaupt ehrer
von uns wieder rauskommen würde, da wir die ausserste
Linie waren. Es ist mir wie ein Wunder, dass wir
gerettet wurden.

Die nächsten Tage Verteidigungsstellungen und
endlich Abrücken nach T, wo ich von der Feldwache
in der Nacht um 3 Euch dieses schreibe.

Morgen ist der 1. November. Die Angelegenheit
fängt an kühl zu werden. Ich schreibe hier während
Gewehrreinigen. Die letzten Tage hat ein schrecklicher
Kanonendonner hier geherrscht. Heute ist er ferner,
es sind sehr schlimme Kämpfe um L. Die Engländer

zosen sammelt sich die Bevölkerung und guckt mit
sehnsüchtigen Blicken nach oben, wenn die Flieger über
uns kreisen, bald sind es unsere, bald feindliche.

Französische Soldatenfrauen, die von ihren Män-
nern seit Beginn des Krieges noch kein Lebenszeichen
bekommen haben, kochen für uns Mittag; wir liefern
das Rohmaterial.

Alles fragt, wie lange der Krieg noch dauern soll!
Hojfen wir —.

Jedenfalls können die Deutseben froh sein, den Geg-
ner zumgrösserenTeilausserderLandesgrenze zu haben.

Wie ich den Brief absenden wollte, kamen wir

WOLDEMAR RÖSLEE, LANDSCHAFT BEI D.

sind die schlimmsten Feinde, schiessen gut undreissen
nicht aus. Wir sind dauernd auf Wache, keine Nacht
richtiger Schlaf. Essen kann man eher entbehren, das
verlangt schon keiner in solcher Zeit, aber schlafen!
Aus den Kleidern kommt man natürlich nicht heraus,
seit einem Monat habe ich mich wohl nicht um-
gezogen.

Morgens gehts unter die Pumpe zum Waschen, aber
mit dem kalten Wasser ist es nicht mehr gethan. Dann
lauern wir dem Milchwagen auf, um ein bisschen Butter
zu bekommen: de beurrel n'a plus! Es ist knapp, die
armen Leute haben nichts ausser Gemüse. Oben am
Wall neben den Gräbern der neulich gefallenen Fran-

grade in Granatfeuer und ein Flieger warf Bomben.
Meine Kompagnie liegt seit Montag im Schützengraben.
Vorgestern regnete es den ganzen Tag und die Nacht.
Die Lage ist sehr schwierig. Wann wird hier die Ent-
scheidung kommen? Ich werde jetzt vielleicht nicht oft
schreiben, weil die Post schwer erreichbar.

1 C. den 11. 11.
Nachdem unsere Kompagnie acht Nächte und sieben
Tage, lange, lange Tage im Schützengraben gelegen hat,
der mehr aus einzelnen Erdlöchern besteht, hat der
Krieg nun hier ein paar Ruhetage. Was dann wird,
ob's wieder raus geht in diese entsetzlichste grösste

176

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