ARTUR SAMUEL, ZWEI TOTE KAMERADEN IM SCHUTZENGRABEN
EIN FELDPOSTBRIEF
VON
ART LI R SAMUEL
T teilte ist der zy. November ipij- Wehst Du,
JL JL dass dieser Tag geschichtliche Bedeutung gewonnen
hat? Du lächelst und glaubst, ich wollte Scherz machen,
Scherz in bitterer Kriegszeit und auf meinen heutigen
Geburtstag anspielen. Nein mein Freund, ich weiss,
dass mich heute kein Glückwunsch erreichen kann.
Mehrere hundert Kilometer von der deutschen Grenze
entfernt, im eisigen Russland stehe ich heute frierend
und denke in Sehnsucht all der Lieben daheim und
all meiner Freunde. Und doch hoffnungsfroher und
lebensfroher denn je. Heute ist der zy. November.
Ein wunderschöner Tag, trotz des unaufhörlichen
Regens. Ein herrlicher Tag. Verewigt im Heldenbuche
unserer Kriegsgeschichte. Lass Dir erzählen:
Von H. aus rückte unsere Kavallerie-Division zum
Angriff in Russisch-Polen ein, um im Verbände mit
anderen Truppenteilen die beabsichtigte Offensive der
Russen zu brechen. Unendliche Märsche und tägliche
Anm. d. Red.: Dieses ist die Zeichnung eines Amateurs, des
im Felde siehenden Oberarztes Dr. A. Samuel. Der Brief hat ein
besonderes Interesse noch dadurch, daß er an den im Westen
gefallenen Maler August Macke, in den die jüngeren Künstler
eines ihrer stärksten Talenten und einen ihrer selbstlosesten
Kameraden verehrten, gerichtet worden ist, ohne ihn noch zu
erreichen.
Gefechte, ständig in der Verfolgung, so ging es drei
Wochen lang. Eines Tages war die feindliche Linie
durchbrochen und wir befanden uns im Rücken der
Russen. Tausende wurden auf unseren Verfolgungs-
märschen zu Gefangenen gemacht. Selbstredend ging
es nicht ohne Verluste für uns ab, doch waren diese
im Verhältnis zum Erfolge gering. Von jedem Ein-
zelnen wurde das Aeusserste verlangt. Unsere Pferde
waren nicht weniger erschöpft als wir selbst. Wie
freuten wir uns, als die Botschaft durchsickerte „noch
einen Tag, dann ist das Loch zugemacht und einige
russische Korps sind gefangen." Gern nahmen wir
alle Mühen und Entbehrungen, von denen sich ein
Unbeteiligter keine Vorstellung machen kann, auf uns,
in Gedanken an den gekrönten Erfolg unserer Mühen.
Es sollte anders kommen.
Es gelang der Übermacht der Russen unseren
Ring zu durchbrechen. Gleichzeitig kam aus der
Richtung Warschau russische Verstärkung an. Wir
waren eingekesselt. Feuer von allen Seiten. Das war
am zz., zj., z^f. November. Wir glaubten der sicheren,
unentrinnbaren Einschliessung nicht entgehen zu können.
Da vollbrachten unsere braven Kerle, es waren Jnfante-
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EIN FELDPOSTBRIEF
VON
ART LI R SAMUEL
T teilte ist der zy. November ipij- Wehst Du,
JL JL dass dieser Tag geschichtliche Bedeutung gewonnen
hat? Du lächelst und glaubst, ich wollte Scherz machen,
Scherz in bitterer Kriegszeit und auf meinen heutigen
Geburtstag anspielen. Nein mein Freund, ich weiss,
dass mich heute kein Glückwunsch erreichen kann.
Mehrere hundert Kilometer von der deutschen Grenze
entfernt, im eisigen Russland stehe ich heute frierend
und denke in Sehnsucht all der Lieben daheim und
all meiner Freunde. Und doch hoffnungsfroher und
lebensfroher denn je. Heute ist der zy. November.
Ein wunderschöner Tag, trotz des unaufhörlichen
Regens. Ein herrlicher Tag. Verewigt im Heldenbuche
unserer Kriegsgeschichte. Lass Dir erzählen:
Von H. aus rückte unsere Kavallerie-Division zum
Angriff in Russisch-Polen ein, um im Verbände mit
anderen Truppenteilen die beabsichtigte Offensive der
Russen zu brechen. Unendliche Märsche und tägliche
Anm. d. Red.: Dieses ist die Zeichnung eines Amateurs, des
im Felde siehenden Oberarztes Dr. A. Samuel. Der Brief hat ein
besonderes Interesse noch dadurch, daß er an den im Westen
gefallenen Maler August Macke, in den die jüngeren Künstler
eines ihrer stärksten Talenten und einen ihrer selbstlosesten
Kameraden verehrten, gerichtet worden ist, ohne ihn noch zu
erreichen.
Gefechte, ständig in der Verfolgung, so ging es drei
Wochen lang. Eines Tages war die feindliche Linie
durchbrochen und wir befanden uns im Rücken der
Russen. Tausende wurden auf unseren Verfolgungs-
märschen zu Gefangenen gemacht. Selbstredend ging
es nicht ohne Verluste für uns ab, doch waren diese
im Verhältnis zum Erfolge gering. Von jedem Ein-
zelnen wurde das Aeusserste verlangt. Unsere Pferde
waren nicht weniger erschöpft als wir selbst. Wie
freuten wir uns, als die Botschaft durchsickerte „noch
einen Tag, dann ist das Loch zugemacht und einige
russische Korps sind gefangen." Gern nahmen wir
alle Mühen und Entbehrungen, von denen sich ein
Unbeteiligter keine Vorstellung machen kann, auf uns,
in Gedanken an den gekrönten Erfolg unserer Mühen.
Es sollte anders kommen.
Es gelang der Übermacht der Russen unseren
Ring zu durchbrechen. Gleichzeitig kam aus der
Richtung Warschau russische Verstärkung an. Wir
waren eingekesselt. Feuer von allen Seiten. Das war
am zz., zj., z^f. November. Wir glaubten der sicheren,
unentrinnbaren Einschliessung nicht entgehen zu können.
Da vollbrachten unsere braven Kerle, es waren Jnfante-
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