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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 29.1931

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Heft 9
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Kunstausstellungen
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Post, Hermann: Neues aus Amerika
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https://doi.org/10.11588/diglit.7610#0394

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CARL MORGENSTERN, RHEINGRAFENSTEIN
BEI KREUZNACH. 1831

AUSGESTELLT IN BAD HOMBURG

WIESBADEN

Das Neue Museum veranstaltete eine interessante Aus-
stellung „Preußische Zeichner", Blätter von Chodowiecki,
Menzel, Liebermann und Groß. Es ist wirklich etwas ge-
meinsam Preußisches in den Zeichnungen: ein Streben nach
Präzision und Exaktheit. Dieses wird vor allem deutlich in
der bürgerlichen Ehrlichkeit Chodowieckis und in der fast
soldatischen Schärfe Menzels. Bei Liebermann kommt Male-
risches in die Linie und europäisch Weltmännisches in das
Preußisch-Sachliche. Die Zeichnung von Groß ist dann fast
wieder wie eine Rückkehr zur Tradition vor hundert Jahren:
seine Blätter sind kriegerisch im Thema, angrift'sbereit im
Strich und provozierend in der nackten Darbietung einer
scheinbar sinnlosen Realität. Vielleicht ist dieses der Aus-
druck eines zeitgemäß verwandelten Preußentums ohne
Militär und historisches Pathos. Hier liefert die Weltstadt
Berlin ihren Beitrag zur Haltung und Gesinnung der heutigen
europäischen Welt. Die Wiesbadener Ausstellung zeigt den
Weg der zeichnerischen Form im Bezirk des Preußischen,
doch auch die Idee des Preußentums selbst: von der Be-
sinnung auf nationale Würde bis zu einem Bewußtsein, das
ehrlich und stark genug ist, die überlebte Grenze zu zer-
stören, bis zu einem Glauben, daß ein so gewandeltes
Preußentum Ausdruck einer aus Tradition gewachsenen Form
für das Weltgewissen unserer Zeit sein kann — ein Ausdruck,
der jedoch ohne die zentrierende Kraft nationaler Zellen
nicht entstehen kann. Curt Gravenkamp (Frankfurt;

NEUES AUS AMERIKA

Dem Metropolitan Museum ist die Sammlung alter Bilder
des Colonel Friedsam, die auf zehn Millionen Dollars
geschätzt wird, unter der Bedingung vermacht worden, daß
sie als Ganzes erhalten bleibt. Wegen einer solchen Klausel
hat das Museum schon einmal ein Vermächtnis abgelehnt;
dieses Mal wird es aber wohl anders sein.

Das Pensylvania Museum of Art hat nach dreijähriger
Vorarbeit den Teil des Museums, der der mittelalterlichen
Kunst gewidmet ist, eröffnet. Am bemerkenswertesten sind
die vielen Architekturteile.

Ausstellungen: van Diemen Galleries — holländische und
vlämische Gemälde; Demotte — Zeichnungen von Ingres
bis Picasso; Durand-Ruel — achtzehn Bilder von Monet; Bal-
zac Galleries — Plastiken von Maillol, Despiau, Renoir und
Bourdelle; Reinhardt Galleries — Landschaften des siebzehn-
ten bis zum zwanzigsten Jahrhundert; 46. Jahresausstellung
der Architctural League of New York (die Goldene Ehren-
medaille erhielt die Firma Lamb & Harman für das „Empire
State Building", dem eben vollendeten, zur Zeit höchsten
Gebäude, das auf dem Bauplatz des alten Waldorf-Astoria-
Hotels im Zentrum der Stadt errichtet worden ist). Bemer-
kenswerter als diese Monsterschau war eine kleine Ausstel-
lung von Refusierten in einem Laden.

Im Grober Club, New York, fand eine Ausstellung statt
„Deutsche illustrierte Bücher und Buchillustrationen der letz-
ten hundert Jahre". Veranstalter waren W. Wiegand und
R. von Kuehlmann. Gezeigt wurden 150 Bücher und 100 Ori-
ginale, die Faustillustrationen von Cornelius, Illustrationen
von Chodowiecki, I. A. Koch, Carstens, W. Kaulbach, Rethel,
Spekter, L. Richter, Schwind, W. Busch, Menzel, Liebermann,
Corinth, Slevogt, Großmann, Kubin u. a. Die Veranstaltung
übertraf alles, was bisher an deutscher Kunst in Amerika ge-
zeigt worden ist. Um so bedauerlicher war es, daß die Ausstel-
lung schlecht besucht war und in der Presse kaum erwähnt
wurde. Der Grolier Club befindet sich in einem alten hol-
ländischen Backsteinbau. Die Ausstellung war in einem
Oberlichtsaal untergebracht und gut aufgestellt.

Dr. Hermann Post (New York)

MÜNCHEN

Das Graphische Kabinett J. B. Neumann und Günther
Franke macht erstmals mit den Arbeiten des 1929 mit drei-
unddreißig Jahren verstorbenen Karl Wimbauer bekannt,
dessen Werk Franz Roh gesammelt hat. Wimbauer hat nur
Zeichnungen hinterlassen. Ensor, Kubin, Klee mögen anre-
gend gewirkt und mitgeholfen haben, den Künstler von den
schweren Hemmungen zu befreien, gegen die dieser zarte,
stets kränkliche, dem Hintersinn des Lebens nachspürende
Mensch anzukämpfen hatte. Die farbig reiche Schwarz-
weißbehandlung und die phantasievolle, dem Chimärischen
zuneigende strukturale Umsetzung des Zuständlichen zeugen
von einer durchaus originalen Vorstellungs- und Gestaltungs-
kraft, die beklommen zur Formung der Gesichte vortastet,
in die sich ihr Landschaft und Mensch verfangen. — Gleich-
zeitig werden im Graphischen Kabinett Bildnisse, Landschaf-
ten und Stilleben des jungen Münchners Rudolf Ernst, des-
sen wir gelegentlich der Ausstellung bei den Juryfreien ge-
dachten, und Max Emsts phantastische Kosmogonie „histoire
naturelle" in lithographischen Drucken gezeigt.

Die Kollektiv-Ausstellung von Ludwig Herthel bei den
Juryfreien stellt einen jungen Maler vor, der in einigen
Landschaften eine tüchtige Talentprobe ablegt, dem aber
diese unbefangene Naturanschauung mit seiner Neigung
zu stärkerer Abstraktion im Formalen und Farbigen orga-
nisch zu verschmelzen noch nicht gelingt, so daß er der

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