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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 29.1931

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Heft 8
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7610#0360

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GEORG EHRLICH, ÖSTERREICHISCHE LANDSCHAFT

LEIPZIG

Der Kunstverein hat die Reihe seiner Ausstellungen aus
privatem Besitz mit einer Auswahl von Bildern aus der
zweiten Hälfie des neunzehnten Jahrhunderts fortgesetzt.
An Hand solcher Ausstellungen läßt sich noch am ehesten
ein Bild von der Aufhahmekraft und dem Aufnahmewillen
einer Stadt gewinnen. Was sofort auffällt, sind die fehlen-
den Überraschungen, die etwa in Süddeutschland auch heute
noch jede solche Ausstellung bietet.

Iiier in Leipzig bleibt man höchstens vor den feinen Bil-
dern des Weimarer Buchholz erstaunt stehen, die einem der
seltenen wirklichen Sammler gehören, der mit eigenen Augen
sucht und sich nicht auf festgelegte Werte verläßt.

An altem Besitz, der ebenfalls Überraschungen bergen
könnte, ist Leipzig für die zweite Hälfte des neunzehnten
Jahrhunderts immer ärmer geworden. An „gewachsenem"
Sammelgut sind nur zwei Bilder von Marees aus altem
Fiedlerschen Besitz zu nennen, zusammen mit der Büste
Fiedlers von Hildebrand. Unter dem Neubesitz entscheidet
sich ein Geschmack für die neueren Berliner, ein anderer
für das München der Leibizeit, Geschmacksrichtungen, die
sich deutlich mit gewissen Besitzerschichten — hier der
beweglichere Handel, dort der eingesessene Verleger und
Industrielle — decken.

Obwohl Leipzig geographisch Berlin viel näher als München
liegt, ergibt sich der stärkere Hinfluß der Kunststadt München,
dem gegenüber auch Dresden weit zurücktreten muß. Ge-
genüber diesem konservativen Geschmack hat es neue Kunst
schwer, in Leipzig Boden zu fassen. Die nächste, die Mo-
derne zeigende Ausstellung, wird sich auf eine intellek-
tuelle Mittelschicht stützen müssen, deren kleines Budget
ihren größeren Enthusiasmus nicht immer wettzumachen ver-
mag.

Um die beiden prachtvollen Porträts von Leibi gruppieren
sich die starken Persönlichkeiten seines Kreises: Trübner mit

sechs, Thoma mit sieben, Schuch mit zwei
Bildern, und geben der Ausstellung das Ge-
wicht ihrer schweren, kraftvoll aufgefaßten
Malerei. Die Bilder von Böcklin, Marees, Feuer-
bach vertreten viel weniger glücklich die
Deutsch-Römer. In besonders feinen Beispie-
len vergegenwärtigt L'hde mit Habermann das
spätere München. Menzel, Liebermann mit drei-
zehn Bildern, Corinth, Sievogt und Leistikow
bieten, da bis auf Liebermann die maßgeben-
den Stücke fehlen, nicht den Widerpart, den,
historisch gesehen, die Norddeutsche der Süd-
deutschen Schule gehalten hat. Die Bedeutung
des Leibikreises dem Kunstfreund in schönen
Beispielen wieder einmal vor Augen zu stellen
und den Leipziger Sammlern ihre Richtungen
und Möglichkeiten deutlicher zu zeigen, ist
das Verdienst der Ausstellung.

Bei Heinrich Barchfeld sieht man eine
kleine Kollektion von Bildern und Zeichnun-
gen des in Chemnitz lebenden Deutschböh-
men E. Th. W. Stein. Man ist leicht geneigt,
diese in sehr zarten Tönen entwickelten Bil-
der ihrer französisch scheinenden Haltung
wegen abzulehnen. Doch steckt unter dem zarten Schleier
von Grau verborgen ein Vorrat eigener farbiger und gegen-
ständlicher Beobachtung, der sich in einem größeren Frauen-
bild (Hochformat) stärker befestigt.

F>hard Göpel

M Ü N C II E N

Caspari stellte einen jungen Münchner: Hermann Mayr-
hofer-Passau vor. Der Künstler kommt aus der Schule von
Gustav Britsch-Fugen Kornmann, der er wohl in erster Linie
das Gepflegte und die technische Gediegenheit seiner Zeich-
nung verdankt. Eine Gefahr wird — besonders in der Malerei
und in den frühen graphischen Arbeiten Mayrhofers — deut-
lich: die streng methodische Verwendung künstlerischer
Mittel droht die offenbar vorhandene ursprüngliche Begabung
zu bildlicher Aussage zu absorbieren, so daß eine rein
technische Akribie bliebe. Die letzten Lithos haben an
Unmittelbarkeit des Ausdrucks entschieden gewonnen, allet-
dings ohne schon das Technische der inneren Bildvorstel-
lung ganz ein- und unterzuordnen. — Im Graphischen Kabinett
J. B. Neumann und Günther Franke war Schmidt-Rottluff
ausgestellt, seit einer Schau bei Goltz 1915 das erstemal
wieder in München in größerer Zusammenfassung des ge-
malten und graphischen Werks. Die Auswahl stellte vor
allem die neueren Werke heraus, die unbefangener dem
Natureindruck nachgehen und in der bildhaften Umsetzung
weniger gewaltsam erscheinen. Sie sind freier und damit im
ganzen eindringlicher geworden.

Der Bayrische Kunstgewerbeverein veranstaltete in der
Städtischen Galerie eine Ausstellung der Münchner Berufs-
und Fachschulen. Sie bekundete den intensiven Fortgang
der durch Kerchensteiner eingeleiteten Reformarbeit. In der
Meisterschule für Deutschlands Buchdrucker und der graphi-
schen Berufsschule unter Leitung Paul Renners, in den

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