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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 18.1938

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Heft 7 (Juli 1938)
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Arbeiter, Bruno: Über naturwissenschaftliche Abbildungswerke
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https://doi.org/10.11588/diglit.28172#0136

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Augen Ergoetzung". 176) bis iSS; erscheint das nie über-
troffene Meisterwerk der „sslora vauicL", eine pflanzenlese
aus Dänemark, Vlorwegen, Schleswig.^olstein, «vldenburg
und Delmenhorst. >7dr bis isoo erscheint Schaeffers pil;<
werk, 176s und isio gibt Schreber seine „Beschreibung
der Gcäser nebst ihren Abbildungen nach der Natur" her-
aus, 1770 Iacquin ssin „plsntarum blorti kotanici Vinclo-
bonensis". 1774 2>oh. Fr. Esper die „Oescription ckes roo-
litkes..."

Eine kleine pause scheint sich in den Fluß der Neu.
erscheinungen einzuschieben. wir müffen übrigens auch be-
denken, daß die meisten der Veröffentlichungen über große
Zeiträume als Lieferungen und in ^eften vor sich gehen.
2>n diese Zeit fällt auch die Erneuerung des ^olzschnitts
durch Bewicks ^olzstichkunst. Das berühmte Buch, in dem
diese Technik ihre Leistungen vorführt, ist die „tiistory
oi öritisk IZiräs", 1797 bis 1S04.

Doch noch wächst der Bestand an Rupferstichwerken (wir
gaben oben und geben auch hier nur immer einzelne pro-
ben) und jedes übertrifft gewissermaßen seine Vorläufer.
1798 erscheint Borns „lestaceL Vlusei LaesLrsi Vinäo-
bonensis", eins der schönsten Muschelbücher. 1798 und
1804 gibt Iacquin ein weiteres werk heraus über die
Schätze des berühmten Schönbrunner Gartens. Immer
mehr ins einzelne wenden sich die Bücher: Beispiele sind
etwa wendlands werk über die Ericeen, 1798 bis isr;,
und 1S17 Rannegießers 'Zefte über die Aurikeln, Levkojen,
Ranunkeln und Anemonen. 1799 bis isr9 erscheint von
Decandolle „plsntsrum kistoriL succulentarum", illustriert
von pierre Ioseph Redoute. Die Stiche nach Redoutes
Zeichnungen sind Erlesenheiten sondergleichen. Redoute ist
der „kLpksel cles bleurs". Das Buch des Michaux „bli-

Differenzierung der Darstellun

Damit haben wir zusammengeraffte proben aus der
Entwicklung in der Zeit gegeben. Vielleicht mag so eine
Ahnung von der Fülle dieser künstlerischen Arbeiten ;wi-
schen Barock und Biedermeier aufgehen. während zu Be-
ginn die werke nur allgemein Rräuterbücher (für den
Heilgebrauch) oder Tierbücher oder Darstellungen von
Vlaturalienkabinetten waren, differenziert sich der Jnhalt
immer mehr. Einerseits gibt es die Vogelbücher, Fisch-
bücher, Insektenbücher, andererseits die Blumenbücher,
pilzbücher, Baumbücher, Früchtebücher. Neben die Räfer.
bücher, Falterbücher, Bienenbücher, Schnecken-, Schlangen-
und Muschelbücher treten die werke über Gräser, über
bestimmte Dlumenfamilien, über einzelne ^olzarten und
bestimmte Fruchtsorten. Bücher über Floven kleiner ^ei-
matbezirke und andererseits wieder über Floren und Fau-
nen exotischer Gegenden erscheinen, werke, die mikrosko-
pische wunder, etwa Infusorien, schildern und andere, die
Fossilien darstellen. Die Aufzählung deutet schon mit Be-
merkungen an, wie ebenso die Feinheit der Stiche, die
Runst der Farbengebung immer Erstaunlicheres leistet.
Auch der Umfang der einzelnen werke nimmt ;u. Die
plattengröße ist oft riesig über zwei Großfolioblätter
gehend. Stecher (heute zumeist noch unbekannt!) wie etwa
Lhristian Frederik Müller haben ihre Lebensaufgabe darin
gesehen, eine k^Iora OsnicL zu bebildern.

Gerade dec Rupferstich gewinnt in der künstlerischen
Gestaltung dicser Dier- und pflanzenbücher eine beson-
dere Bedeutung. Die Verwendbarkeit des Linienholzschnit-
tes, den wir in den ersten werken finden, hatte eine be-
stimmte Grenze, eine Grenze, die sich aus der äußeren De-
dingtheit des wcrkzeuges und Materials ableiten läßt.
Dcr ^olzschnitt ist Verwandter der geschnittenen Schrift.
Er kann wie diese in den Satzblock gefügt werden, wird
glcichzeitig mit der Schrift von der Farbwalze geschwärzt
und auf das Papier gedruckt. Die Struktur des langfase-
rigcn Birnbaumblockcs läßt schließlich nur cine bestimmte

stoire ües ckenes cle I'Vmeriqus ..." enthält Tafeln nach
Redoute. Allergrößte Berühmtheit erlangten aber das
Lilienbuch und das Rosenbuch des Meisters: „l-es kiliL-
cees", S Bände, iSor bis iöl6, „l.es koses", ; Dände,
1817 bis isr4, und schließlich der „sLrckn äe In VlLlmLi-
son", iso; bis 1S04 mit iro Farbtafeln. Doch diese letzten
Bücher sind keineswegs einsame ^öhepunkte. Rostbare
künstlerische Iuwele erscheinen weiterhin: iöoi bis 1S;4
bringt Nicolaus Thomas ^ost seine „Icones et clescriptio-
nes ZrLminum VustriLcorum" heraus, ein herrliches Grä-
serwerk. iSor folgt die Arbeit „Oisesux clores ou L rek-
lets metLlIiques" von 2>ean Baptiste Audebert et L. P.
Vieillot. Man bedenke, was die Arbeitsweise des Stiches
in einer Darstellung von Gefieder mit den feinsten 'Aär-
chen ;u leisten vermag, dazu soll nun die Rolorierung in
den goldigen, schillernden und glänzenden Tönen hinzu-
kommen, wie sie etwa ein Eisvogel, ein Rolibri besitzt.
Es entsteht wie der Ratalog ;u der Flensburger Ausstel-
lung angibt, „eins der schönsten ornithologischen werke
jener Zeit von ungewöhnlich hervorragender Farbgebung,
jedenfalls das kostbarste Lber Rolibris". 1S06 bis 1S40
bringt ein Londonec Verlag in ;o Exemplaren des Iohn
Sibthorp k'IorL OraecL, eine der „kostbarsten Erschei-
nungen aus der botanischen Literatur".

Diese Zeit bringt dann die ersten lithographierten Bil-
derwerke. Eins der frühen ist das von Franc De paula
von Schrank „Sammlung von Zierpflanzcn", 1S19- Vor-
trefflich ist die Sammlung der plsntae okkicinLlis, iSri bis
1ö;; von Aime L. T. Henry. Und eins der letzten großen
Rupferstichwerke überhäupt, das palmenbuch des F. p.
Martius, iör; bis 1S52 bringt sowohl Rupferstiche wie
Lithographien.

ist ein künstlerisches problem.

Feinheit des geschnittenen Steges zu. welche ^öchstlei-
stungen da möglich sind, die Schnitte van Lampens nach
den Zeichnungen des van der Borcht für das werk des
Rembert Dodoens oder die Schnitte der Loriolan nach den
Zeichnungen Lorenzo Benninos und Lornelius Swintus'
;u der Ornithologie des Ulysse Aldrovandi zeigen es.

Gleichzeitig mit der Spezialisierung der wiffenschaft-
lichen Erkenntnisse ist beim RUnstlcr das Bedürfnis nach
einer differenzierten, einer verfeinerten Darstellung ent-
standen. Diese leistet aber der Rupferftich seinem wesen
und seiner ^andlung nach in einzigartiger weise. ^ier
sei gleich angemerkt, um einem stets wiederkehrenden 2>rr-
tum in der ganzen Fragestellung ;u begegnen, daß die fort-
getriebene Vollendung der Darstellung keine irgendwie ge-
meinte „naturalistische Annäherung" an das „wirkliche"
Bild der pflanze oder des Tieres bedeutet. Der einfachste
^olzschnitt im Tabernaemontanus wird stets mehr von
dem wesen der pflanze aussagen, als die Federzeichnungen
und ^olzstiche ;u den bekannten Botanik- und Zoologie-
büchern unserer Zeit (die gemeinhin als beste Darstellun-
gen eben wegen dieser „2lnnäherung" gelten). Denn solch
cin Holzschnitt ist eine Erkenntnisleistung über die darge-
stcllte pflanze. Er gibt die Idee der pflanze, er erhebt sie,
kraft seiner künstlerischcn wesenheit, in die „2>dee dcs
Bildes". Gleichweit entfernt von dem durch photogra-
phische Aufnahmen etwa festzustellenden meßbaren Aus-
sehen der pflanze ist auch der Rupferstich, mag cr auch
solch feinste Formung besitzen wie bei Rcdoute, wie bei
Turpin. Redoutees Bild ist ebenso eine Erkcnntnisleistung
in dcr Ebene des RUnstlcrischen wie der alte Schnitt, aber
eine reichcre, ein reicheres Fortschreiten in dcr künstlc-
rischen Auseinandersctzung. Nicht naturwiffenschaftliches
Erkcnnen führt Verfeincrung dcr künstlerischcn Leistun-
gen herbei, sondern gestalterische Auscinandcrsetzung in dcr
Ebcne der Runst. So wird das Bild bei Redoute schwin«
gendcr, gefüllter, lebendigcr, es gibt mchr von der G.uali-
 
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