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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 18.1938

DOI Heft:
Heft 7 (Juli 1938)
DOI Artikel:
Arbeiter, Bruno: Über naturwissenschaftliche Abbildungswerke
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https://doi.org/10.11588/diglit.28172#0137

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127

tät Rose als der Holzschnitt, abcr dics ebcn nur krast der
kiinstlerischen Gesinnung, die im Ulühen um For-
men ihre Aufgabe sieht. Am wescn des Rupferstiches aber
liegt ech dieser Differcnzicrunc; besondere »Ailfe ;u bieten.
Dies wollen wir, nach einer Zwischenbcmcrkuny, noch aus-
zuführen suchen.

Rünstlerische und u n k ü n s t l e r i s ch e Darstcl-

lung und w i s s e n s cha f t I i ch e Erfordcrnis.

wir fragen hier nach der Gestalt dcr künstlcrischcn
Naturgeschichtsillustration. Dabei müffcn wir auf cine Lc-
merkung cingehen, die oft in dem Zusammenhang gemacht
wird. Man mcint, wiffenschaftlich exakte Darstellung ließe
stch nur durch vermessende Zcichnungen oder naturalistische
Farbbilder (was eben das Gros der Allustrationcn aus-
macht) erreichen. Man stcllt also die „abbildende" Darstel-
lung als einzig mögliche für cin diencndes naturwissen-
schaftlichcs .Lild hin, nicht die „gestaltcndc". Dies bc-
dcutet also, daß die künstlcrische Darstellung nicht die wis-
scnschaftliche 'Kilfe gcben könnte, wie die unkünstlerischc
cs vermag. wenn es an dem wäre, daß nur durch dicse
abbildende Funktion der Allustration die erkennende Auf-
gabe zu erreichen wäre, ja, daß das Hinzukommen einer
künstlerischen Gesinnung diese Aufgaben hemmen würde,
dann wäre unsere Fragestellung sinnlos. Nun, die alten
werke zeigen, daß diese Zllternative gar nicht gilt. per-
sönlich war mir als Beispiel ;u diesem „problem" lchr-
reich, daß ich einen Entomologen in großes Erstaunen vcr-
setzen konnte, als ich ihm die mit Rupfern geschmückten
Räferbücher vorführen konnte (Merian, Roesel, Christ,
Voets, panzer, Sturm, Aacquelin du Val, Dejcau, cs
gibt aber noch mehrere). Dies erreichten die Allustrationen
seiner modernen Bücher in keiner Beziehung, mußte er
zugeben.

Es gibt eben nur den Gcgensatz zwischen einer künstle-
rischen und einer unkünstlerischen Bebilderung eincs
Vlaturgeschichtswerkes.

Frage nach dcn Gründen für dcn Verfall

der guten Abbildung.

weshalb aber verzichten wir schon seit eincm Aahr-
hundert und heute immer noch, angesichts dieser vierhun-
dertjährigen Vorarbcit, auf die künstlerische Gcstaltung
der Allustration?

Nun es gibt viele Antwortcn darauf. Sic sind äußcrcr
und innercr Natur und laufen auf grundsätzlichc künstle-
rische Fragen überhaupt hinaus. wenn gcsagt wird, wir
haben nicht die Holzschneider und Stecher, so ist klar, daß
wir sie nicht haben, weil kein „Bcdürsnis" nach ihncn bc-
steht. (piraneso hatte in sciner werkstatt an 100 Gchil-
fcn.) Dic wenigen trcfflichcn aber, die noch arbciten, wcr-
den doch nicht zu diesen Arbciten herangczogcn, denn Ticr-
und pflanzenbücher erscheinen nach wie vor.

Das Bedürfnis nach bebildcrten Florcn und Faunen
überhaupt könnte in Frage gestellt wcrdcn. Nun, ich kenne
nicht die Auflage des Rochschen Blumcnbuchcs, des Rräu-
ter- und pilzbuches dcr Anscl-Büchcrei. Aber dic große
Verbreitung wird doch cincm cchtcn Dcdürfnis entgegen-
kommen. Es wäre auch nicht anders ;u verstchen, daß
Hendcl vor einigen Aahrcn dcn Faksimiledruck cines alten
Rräuterbuches vcranstalten konntc; dcnn dcr Druck wurde
crst aufgelegt nach der Zustimmung ciner fcstgcsctzten Sub-
skribcntenzahl. Auch für die Schul- und Lchrbüchcr for-
dern cinsichtige Runsterzieher schon Biider, die den An-
spruch cincr künstlcrischcn Gcstaltung in sich tragcn.

Der lctztlichc Grund für das Aussctzcn dcr Ücberliefc-
rung ist aber ticfcr im wcsen der Zcitlage zu findcn.
Ursache für den Vcrfall dcr künstlcrischcn Allustratio.i ist
einmal das Eintrcten dcs imprcssionistisch gerichtetcn
l,Aat»raIismus, -ann das Auftretcn dcr Pbotvgrapbic als

ncuer Nköglichkeit „Bildcr" zu schaffen, drittens die neu-
artigcn maschinellen und chemischcn Möglichkeiten des
Bilddruckes. Dicse drei „Fortschritte" hängen zusammen.

Das wescn des Rupfcrstichs in seincr Bc-
dcutung für das knns t I crischc pflanzen-
und Ticrbild.

Distel aus dem wcrk: „lAaiiturum liorlum kotnniui
Villüobousnsls" von Vl. I. Iaquin, 1770

Haltcn wir dic beutigc Eagc gcgen die frühcrc. wir
müffen uns die alten Holzschncidcr, dic Rupferstccher nicht
als „Äünstlcr" vorstcllcn, dic nun cben !)ild für Dild
schufen, das in dic Dcpte eingcfügt, odcr, mit der preffc
auf dcm Vüttenblatt abgczogcn, eingclegt ivcrdcn konnte.
Sie ivarcn dicncndc Handwerker, dic in cincr kunstlcrischcn
Zeit lebtcn, und die (im Ganzcn geselien) als anonvmx
 
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