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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 18.1938

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Heft 10 (Oktober1938)
DOI Artikel:
Böttcher, Robert: Die nationalsozialistische Kunstpolitik und die kunsterzieherische Arbeit der Schule
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https://doi.org/10.11588/diglit.28172#0204

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1§1

5. Arb'eit cines sjährigen Schülers. Volksschule ^alle.

Museum verblieben ist und immer wieder abgedruckt und
verössentlicht wird.

was hier vom Hornhauser Reiter und der Schlesischen
Spanschachtel gesagt ift, gilt natürlich gleicherweise fast
für das gesamte Bild- und werkgut der volkskunde so-
wie der Runst der Vor- und Frühzeit.

Man sieht, wohin man kommt, wenn man sich verleiten
läßt, Führerworte, dic für die hohe Runst Gültigkeit
haben und auch nur haben sollen, schematisch auf Gebiete
anzuwenden, die einen gan; anderen Maßstab und einen
gan; anderen Standpunkt des Rritikers kategorisch fordern.

Der Bamberger Reiter sowohl als die Eva sind ;war
Spitzenlcistungen zweier der genialsten Meister, die unser
Volk überhaupt hervorzubringen vermochte; aber alles,
was zu irgendeiner Zeit den Anspruch macht, als hohe
Runst gewürdigt ;u werden, muß nach seinem künstlerischen
wert ;um mindesten auf dem wege liegen, der hinführt
;u den werken dieser Größten. Und auf diesem wege liegt
u. a. all das, was auf den MUnchener Äusstellungen dem
deutschen Volke als die Runst des Dritten Reiches präsen-
tiert wird, wcnn auch manches noch recht nahe dem Anfang.

wer es wagen wollte, diese Dinge mit dem Hornhauser
Reiter ;u vergleichen, oder übcrhaupt von seinem Stand-
punkt aus das werk zu kritisieren, der hat überhaupt kein
Recht ;um Urteil. Diese Ausdruckssprache ist unserer Zeit
fremd. Das Lebensgcfühl, unser ganzes Erleben, hat sich in
den dazwischen liegcnden zroo Iahren ungcheuer gewan-
delt, auch schon bis ;um Mittelalter.

Der Mann, der den Reiterstein meißelte, sprach die
Sprache seines Volkes und seiner Zeit. Er gab seinem
werk von wotan und dessen pferd genau so viel an
Sinnbildkraft mit, wie er geistig ;u faffen und bildnerisch
aus sich herauszustellen vermochte. Nicht mehr, aber auch
nicht weniger. Und deshalb ift es echt und wahr und gültig.

wäre der Mann etwa in der Lage gewesen, nach grie-
chisch-römischen Vorbildern ;u arbeiten, so wäce vielleicht
ein „richtigeres" pferd und ein „richtigerer" Reiter ent-
standen, und manchem Volksgenoffen würde es heute beffer
gefallen, aber es besäße keinen Symbolwert, es kündcte
nicht von unserem Volk, seiner Rulturlage und seiner
weltanschauung. Es wäre unwahr und unecht.

Uebcr die formalästhetischen werte, die in dem werk
investiert sind, brauchen wir hier nicht ;u reden. Soviel
ist aber sicher: mancher Rünstler könnte für seine prak-,
tische Arbeit noch heute außerordentlich viel durch das
Studium solcher und ähnlicher werke gewinnen.

wie es dem Schöpfer des ^ornhauser Reitersteines gänz-
lich fern lag, ein Runstwerk schaffcn ;u wollen, so ist dieser
Gedanke auch dem Gestalter der schlesischen Brautschachtel
nicht einen Augenblick in den Sinn gekommen. Ec ist bei-
leibe kein Rünstler im Sinne der hohen Runst. Nein, das
ist er nicht, hat aber an Schaffens- und Gestaltungskräften
das mit auf die welt gebracht, was eben jeder gesunde
dcutsche Mensch in sich trägt und, was mchr bedeutet, er
hat sie sich gesund erhalten und durch werktätiges Be-
mühen gestärkt.

Lci der Brautschachtel handelt cs sich zweifellos um cin
Geschenk an einen liebcn Menschen.

Das müßte eigentlich alles sagen; aber was weiß unsere
Zeit noch vom Sinne wahren Schenkens. Unsere Zeit, die
auch diescn Bedarf doch ;um allergrößten Deil durch Rauf
billiger Fertigware deckt.

Die Fragcn lauten heute nur noch: was muß ich wohl
„anwenden"?, und: was kann cr (sie) gebrauchen? Der Gel-
dcswert bcstimmt fast immer den wert dcs Gcschenkcs,
während doch die Mcnschen, die jcne gcschmücktcn Span-
schachteln, wcbckämme, wäschebrctter usw. schcnkten, aus
dem GefUHI dcr wertschätzung oder der Licbe zwangsläu-
fig dazu kamcn, sich sclbst und das cigene vcrmögen voll
in den Dienst dcs Schenkcns zu stcllcn, und allcs so „schön"
;u machcn, wie sie es nur konntcn.

So kommt cs, daß alle dicse Dinge, mögen inanche noch
so naiv sein, an Echtheit und wahrhcit, ja, und an natür-
lichem Gesühl für das Schöne so hohe wcrtc in sich ber-
gen, daß cs Zeit wird, die hohc Scheidcwand, dic man
willkürlich zwischen der volks- und dcr hökeren Runst auf-
richtctc, nicdcrzurcißcn und dicsc Dinge in ikrcr Anspruchs-
 
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