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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

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Kunstleben am Rhein
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6187#0022

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Personalien

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vereinigt zeigt. In diesen Werken ist nichts von den
Übertreibungen zu bemerken, die in der »Gründerzeit«
die Gemälde O. Achenbachs zu entstellen pflegen.
Er zeigt sich hier wie in den bereits früher von Pro-
fessor Koetscliau erworbenen Untermalungen, Skizzen
und Studien als den begabtesten und urspünglichsten
Koloristen der Düsseldorfer Schule, zugleich als den
Anreger einer Anzahl ihrer bedeutendsten Vertreter,
wie K. Seibels, G. von Bochmann und E. te Peerdt.
Im Hinblick auf eine gewisse Überschätzung des
Künstlers, die jetzt nach einer Zeit der Verkennung
das Urteil über ihn zu trüben droht, muß es be-
grüßt weiden, daß die städtischen Kunstsammlungen
als drille ihrer »Ausstellungen zur Geschichte der
Düsseldorfer Malerei« eine Gesamtschau der Graphik
von Andreas Achenbach vorbereiten. Viele ganz un-
bekannte, noch nie beschriebene Blätter werden dar-
unter sein; besonders die Frankfurter Zeit Achenbachs,
die er mit seinem Freunde Alfred Rethel verbrachte,
dürfte in einem neuen Lichte erscheinen. Andreas
entwickelt wie in seinen Gemälden, so auch in einer
Anzahl seiner Schwarzweißblätter einen Sinn für das
Monumentale, der dem jüngeren Bruder, so geistreich,
ja blendend er sich in seinen besten Schöpfungen,
d. h. einer sehr kleinen Auswahl aus einem übergroßen
Lebenswerke, darbietet, abgegangen ist.

In den unteren Räumen der Düsseldorfer Kunst-
halle wechseln unaufhörlich die Sonderausstellungen,
aber nur weniges verdient notiert zu werden. Will-
kommen ist die Ausstellung der Malerfamilie Schüz,
des Vaters Theodor Schüz (1830—1900) und seiner
Söhne Friedrich (geb. 1874) und Hans (geb. 1883).
Leider war es nicht möglich, das Hauptwerk des
älteren Schüz zu zeigen, die »Mittagsruhe bei der
Ernte« von 1861, aus dem Besitze des Stuttgarter
Museums, ein Bild, das der Künstler niemals über-
troffen hat. Der sechs Jahre später entstandene »Oster-
spaziergang« aus Privatbesitz in Barmen hat schon
ein wenig den Sonntagspredigtton, der die Werke des
gemütstiefen Schwaben von denen des beweglicheren
B. Vautier unterscheidet. Im Malerischen und be-
sonders in der Behandlung der Landschaft zeigt sich
Schüz dagegen überlegen. Von anderen Werken seien
als aktuell erwähnt das sehr anziehende, schon 1853
gemalte kleine Bildnis des jungen blondhaarigen Grafen
Zeppelin, ferner »Das Mädchen im Frühling« (1870)
und das »Herbstfest am Neckar« (1864). In einem
kleinen Bauernzimmer-Interieur, das die Galerie be-
reits vor einiger Zeit erwarb, jedoch noch nicht
ausgestellt hatte, überraschen rein malerische Qualitäten,
wie sie ja auch das »Kornfeld« auf der »Deutschen
Jahrhundertausstellung« bot. Auffallend ist es nun,
wie selbständig, fast ohne Zusammenhang mit der
Kunst des Vaters, sich die Entwicklung der Söhne
vollzogen hat. Allein die Bevorzugung religiöser Motive
könnte auf die Tradition des Elternhauses hinweisen.
Friedrich Schüz, der Düsseldorfer, ist ja besonders
durch Gemälde wie »Joseph und seine Brüder«, das

»Abendmahl« und »die Heimkehr vom Tempel« be-
kannt geworden. Von längerem Aufenthalte im Süden
her brachte der Künstler die Vorliebe für helles Sonnen-
licht mit; für die Farbengebung bevorzugt er die male-
rischen Mittel des Neu-Impressionismus. Interessanter
wirkt Hans, der schon seit Jahren in München lebt und
den Kreisen der Neuen Münchner Sezession nahesteht.
In einem kleinen »Abendmahl« überrascht er durch
geradezu emailartig leuchtende Farben und eine ur-
sprüngliche Auffassung, die Großes von dem Künstler
erwarten läßt. In Radierungen und Zeichnungen
scheint Schüzens Begabung sich weniger gewaltsam
als in den Ölbildern zu befreien: hier ziehen besonders
die Zeichnungen weiblicher Akte durch eine süße
Strenge an, wie man sie wohl bei Ingres zu finden
gewohnt ist. Es wäre schade, wenn dieser Künstler
sich in Münchner Atelier-Tradition verlöre, wovon
wenigstens einige Anzeichen zu verspüren sind.

Im Kunstverein zu Köln ist Anfang Oktober ein
großer Teil der hier besprochenen Jahresausstellung
der Neuen Münchner Sezession zur Ausstellung gelangt.
Im Wallraf-Richartz-Museum fesselt die von der Ber-
liner Nationalgalerie veranstaltete Wanderausstellung
Menzelscher Zeichnungen. Dauernder Besitz des
Museums ist schon seit einigen Monaten die Sammlung
Schnitzler-Camphausen durch das Vermächtnis der in
Berlin verstorbenen Erblasserin. Die Gemälde alter
Meister werden später hoffentlich gesichtet und richtig
bezeichnet werden: beispielsweise sind die dem D.
Teniers d. J. zugeschriebenen sicher apokryph. Am
wertvollsten erscheinen »eine Dame am Spinett«, ein
kleines Ölbild der seltenen Katherina von Hemessen

... CATERINA DE HEMESSEN . ß
(beze.chnet PINGEBA(T) 1548) ' e'" gr°ßeS
Familienbildnis eines unbekannten Holländers des
17. Jahrhunderts, das Kniestück einer alten Dame mit
wundervoll gemalten Händen von B. von der Heist,
ein dem K. du Jardin zugeschriebenes großes weib-
liches Bildnis und schließlich ein neueres Kunstwerk,
der 1856 entstandene »Martinsabend in Düsseldorf«
von Eduard Geselschap, dem älteren Bruder Friedrichs.
Geselschap war der eigentliche Entdecker des vielge-
feierten Th. Mintrop. Er hat aber auch als Maler Ver-
dienste, die noch zu würdigen sind. Im übrigen ist
zu bemerken, daß die wertvollsten der älteren Ge-
mälde des Kölner Museums wegen der Fliegergefahr
deponiert sind. C.

PERSONALIEN
Unser langjähriger Mitarbeiter, Professor Dr. Richard
Haupt in Preetz, der Provinzial-Konservator der Provinz
Schleswig-Holstein, beging am 6. Oktober seinen siebzigsten
Geburtstag. Haupt ist in Büdingen in Hessen geboren.
Von seinen größeren selbständigen Werken seien beson-
ders »Die Baukunst und Kunstdenkmäler in der Provinz
Schleswig-Holstein« 1887—89, »Die Bau- und Kunstdenk-
mäler im Herzogtum Lauenburg« 1890, »Die Domkirche
zu Schleswig« 1897 und »Die Johanniskirche in Oldenburg«
1907 hervorgehoben.

Inhalt: Franz Ehrte. Von j. a. F. Orbaan. — Kunstleben am Rhein. Von C. — Personalien.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig
 
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