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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

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Schulze, Friedrich: Das Breslauer Erinnerungswerk
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6187#0037

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Wettbewerbe — Ausstellungen

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wertvollen Vorstudien, die 1913 ausgestellt waren, und
dem Nachstich von Scott — drei Fassungen des Krafft-
schen Bildes von der Überbringung der Siegesbotschaft
festgestellt, von denen zwei in dem Werk reproduziert
werden. Gleichfalls in der Ikonographie der Zeit
noch nicht verwertet dürfte der Name Franz von Haber-
manns sein.

In vollem Umfang aber ist in das Erinnerungswerk
aufgenommen: ein aus 24 Aquarellen bestehender
Zyklus von Georg Emanuel Opiz, der von dem
politisch-kulturellen Leben, wie es sich 1814 in Paris
abspielte, einen außerordentlich frischen Eindruck gibt.
Die Sensationen, die der Sturz der napoleonischen
Herrschaft und der folgende Regierungswechsel mit
sich brachte, werden in ihrer Wirkung auf die haupt-
städtische Bevölkerung dargestellt. Die Folge, auf die
zuerst Kurzwelly im Leipziger Kalender von 1912
hingewiesen hat, befindet sich in der Herzoglichen
Kunst- und Altertümersammlung auf Veste Coburg.
Die Aquarelle sind von den handkolorierten Stichen,
die Opiz später nach diesen Vorlagen herausgegeben
hat, durch größere Zartheit der Farbstimmung, nament-
lich jedoch durch lebendigere Gruppierung und zahl-
reiche Einzelheiten verschieden. Gleich ist die Treue
im Kostümlichen und in der Architektur sowie die in
der Grenze eleganter Formen sich verstohlen äußernde
Lüsternheit. Es ist zwar eine nicht mehr stark ent-
wicklungsfähige Manier, bei der Opiz schon als Dreißig-
jähriger angelangt ist, aber man darf ihn wohl trotz-
dem, wenn auch im entsprechenden Abstand, als
Sittenschilderer neben den Franzosen Debucourt stellen,
der ihn beeinflußt hat, und eine Spezialbegabung in
ihm sehen, wie sie das damalige deutsche Kunstleben
nicht kannte. —

Wir danken den Herausgebern und der Stadt Breslau
für dies Monumentalwerk mit all seinen Anregungen
umsomehr, als wir die mancherlei Schwierigkeiten zu
schätzen wissen, die die nach 1913 hereinbrechende
eiserne Zeit solchen Unternehmungen in den Weg
legen mußte. Kann man Besseres zu seinem Lobe
sagen, als daß es in Gehalt und Technik nichts, aber
auch gar nichts von irgend welchen Hemmnissen
verrät? Und so ist es nicht nur ein lebendiges Zeug-
nis von der Größe der Vergangenheit, sondern nicht
minder von der unerschöpflichen Schaffenslust und
der ungebeugten Kraft der Gegenwart.

WETTBEWERBE

Der unter den deutschen Städtebauern und Architekten
ausgeschriebene Wettbewerb für einen Generalbebauungs-
plan der Stadt Soest i. W. ist entschieden worden. Die
beiden ersten Preise fielen an Berliner Architekten: der
erste Preis an Regierungsbaumeister Lange und Dipl.-Ing.
Schmitthenner, ein zweiter Preis an den Architekten beim
Verband Groß-Berlin, Leopold Stehen.

AUSSTELLUNGEN

Zu Ehren und zum Gedächtnis für Otto Greiner hat
das Kupferstichkabinett in Dresden seine reichen Schätze
an Arbeiten des Meisters in einer öffentlichen Ausstellung

vereinigt. Ihr besonderer Reiz liegt in der Darbietung der
Jugendwerke des Künstlers, die der Allgemeinheit nicht so
gut bekannt sind wie sein eigentliches Lebenswerk. Er-
staunlich früh, schon als Neunzehnjähriger ist Greiner zu
einer Darstellungskunst gelangt, die in ihrer Art meister-
haft genannt werden muß. Die Arbeiten dieser ersten zwei
Jahre (1889 und 1890) sind mit einem Temperament hin-
gesetzt und mit einer Ursprünglichkeit aufgefaßt, die sie
von den in Ausdruck und Technik stark gehaltenen Werken
der späteren Zeit wesentlich unterscheiden.

Es ist ja bekannt, daß Greiner als einfacher Berufs-
lithograph mit der Anfertigung von Geschäftskarten und
ähnlichen Dingen seine Laufbahn begann. Eine ganze An-
zahl trefflicher Belege für diese Schaffensperiode sind in
der Ausstellung zu finden, bei denen namentlich die Sicher-
heit und Leichtigkeit der Figurenzeichnung und -kompo-
sition auffällt. Im Jahre 1889 aber gibt es dann plötzlich
in des Künstlers Entwicklung einen gewaltigen Ruck, und
der noch nicht Zwanzigjährige steht als Meister seiner
Kunst und seines Handwerkes vor uns. Es sind meistens
Einzelfiguren, Bildnisse ihm bekannter Personen, die der
junge Greiner in der Eigenart ihrer Erscheinung und ihres
Wesens mit unglaublich sicherer Hand und mit einer ganz
freien, an kein System gebundenen Technik getroffen hat.
Da ist der recht gelassen dreinschauende »Maler Kopfstein«,
dann das Bildnis des Herrn Kellermann, aus dessen Kurz-
halsigkeit und Kopfhaltung man eine ganze Psychologie
herauslesen kann, die beweglicheren, lebhafteren Figuren
eines »Alexander Oppler« und des »Kunsthändlers Schall«
und noch so manche andere treffliche Personenzeichnung.
Die technischen Mittel sind ganz frei, sie ergeben sich
scheinbar von selbst aus den Forderungen des Objektes.
Mit mehr oder weniger Federstrichen, mit kleineren oder
größeren Tuschflecken wird eine solche Figur in ihrer
malerischen und seelischen Eigenart festgehalten.

Neben dieser Reihe von Bildnissen finden sich bereits
Blätter mit größerem und reicherem Inhalt, wie die beiden
Steindrucke »In der Laube« und »Betrunkene«. Hier herrscht
dasselbe ursprüngliche Naturgefühl, das jeder Darstellung
den Reiz bedingungslosen Erlebens verleiht. Es genügt
schon, ein kleines Stück Laubwerk mit einer gleichartigen
Zeichnung der späteren Zeit zu vergleichen, um sich des
Wandels der Anschauung recht bewußt zu werden.

Und dieser Umschwung der Anschauung kam schnell,
überraschend schnell. Der harmlose, jugendliche Übermut,
der unbekümmerte Schaffensdrang wird gebändigt, mit einer
Energie von idealem Ernst und Gediegenheit, die dem
Menschen Greiner alle Ehre macht, den Künstler Greiner
aber auf einen anderen Weg führte, dem er allerdings bis
zu seinem Tode treu geblieben ist. Zwei Worte geben viel-
leicht Aufschluß über diesen Gesinnungswechsel: Klinger
und Rom.

Im Herbst 1891 geht Greiner von München nach Rom
und schafft dort in fünfundzwanzigjähriger, rastloser Arbeit
die Werke, die ihm seinen bedeutenden Ruf und seinen
großen Namen gemacht haben. In ziemlich lückenloser
Folge werden in der Dresdener Ausstellung alle diese
Dinge gezeigt, zum Teil in Serien aller Zustandsdrucke.
Zuerst die Reihe der Übergangswerke, aus der das »Paris-
urteil«, der »Bacchantenzug«, »Herakles am Scheidewege«,
das »Münchener Schießdiplom« und die frühen Stiche, der
»Raub des Ganymed« und »Dantes Inferno« hervorgehoben
seien. Daran schließt sich als wesentlichster Teil seines
graphischen Werkes die Folge der berühmten Bildnisse,
und endlich 18 ausgewählte Handzeichnungen, die die un-
nachahmliche Durchbildung und Durchfühlung der Form
am reinsten veranschaulichen. Es seien einige Aktstudien
zu größeren Werken, das prächtige Pastell eines römischen
 
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