Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

DOI Artikel:
Werke deutscher Künstler des 19. Jahrhunderts bei Fritz Gurlitt in Berlin
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6187#0063

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
KUNSTCHRONIK

Neue Folge. XXVIII. Jahrgang 1916/1917 Nr. 13. 22. Dezember 1916

Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am breitage jeder Woche (im Juli und Augusi nach Bedarf) und kosten halbjährlich 6 Mark.
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder bei der Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seem ann , Leipzig, Hospitalstr. IIa.
Abonnenten der Zeitschrift für bildende Kunst erhalten Kunstchronik und Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigen 30 Pf. die Petitzeile; Vorzugsplätze teurer.

WERKE DEUTSCHER KÜNSTLER
DES 19. JAHRHUNDERTS BEI FRITZ GURLITT
IN BERLIN

Wie schon einmal im vorigen Jahre und mit
gutem Gelingen hat die Kunsthandlung Fritz Gurlitt
eine Ausstellung deutscher Maler des 19. Jahrhunderts
zusammengestellt, die als eine kleine Zehnjahres-
erinnerung der Jahrhundertausstellung von 1906 ge-
nommen werden darf. Im Mittelpunkte steht ein
großes Selbstporträt Anselm Feuerbachs aus dem
Jahre 1864. Es ist erstaunlich, daß das gründlich
durchleuchtete Werk des Meisters um ein so bedeu-
tendes Bild bereichert werden konnte. Sehr interessant
ist auch die frisch gemalte umfängliche Studie eines
Hundes. Die anderen ausgestellten Werke sind be-
kannt, insbesondere das sehr feine, farbig reizvolle
Bildchen einer Frau am Brunnen, dessen man sich
von der Jahrhundertausstellung her noch wohl ent-
sinnt. Neben Feuerbach ist Hans Thoma besonders
glücklich vertreten. Einige Bilder aus den siebziger
Jahren zeigen den Meister von seiner besten Seite, so
das anmutige und dabei ernste Porträt der Schwester
Agathe von 1871 und zwei Landschaften von 1875,
deren vornehm malerische Haltung von der zeich-
nerischen Härte mancher späteren Arbeiten des Künst-
lers angenehm absticht. Auch die feine und geschmack-
volle Kunst Johannes Sperls kann in drei hübschen
Bildern gut gewürdigt werden. Der Maler, der neben
Leibi allzusehr in den Hintergrund gerückt wurde, ist
wohl einer selbständigen Einschätzung wert. Vorteil-
hafter als gewöhnlich erscheint in einem Damenbildnis
Stauffer-Bern als Maler. Das schwarze Kleid ist eine
ansehnliche malerische Leistung, die an gute Stücke
des gleichzeitigen Trübner erinnern kann. Von Hans
von Marees endlich sieht man ein schönes und ernstes
Bild, zwei Kinder mit einem Hund.

Bilden diese Werke der Hauptmeister der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts die Hauptstücke der Aus-
stellung, so sind um so umfänglicher die Künstler der
früheren Zeit vertreten. Insbesondere wird von der
Münchener Malerei der ersten Jahrhunderthälfte eine
gute Anschauung geboten. Den Anfang macht Fer-
dinand von Kobell mit einer schönen großen Flach-
landschaft aus der Mainebene. Drei charakteristische
Bildchen von Max Josef Wagenbauer zeugen für den
engen Anschluß der Münchener Schule an die nieder-
ländischen Meister des Tier- und Landschaftsbildes.
Neben ihm ist der weniger bekannte Name des Franz
Meixner zu nennen. Mit Karl Rottmann kommt eine
neue Note in die Münchener Landschaftskunst, wenn
auch seine intimer behandelten kleineren Bilder mit
ihrer malerisch tonigen Haltung einer einseitigen Ein-

ordnung unter den Begriff der klassizistisch heroischen
Landschaft widerstreben. Die Überleitung in den neuen
Stil, der um die Jahrhundertmitte maßgebend wird, voll-
zieht sich in dem Werk des Johann Jakob Dorner,
der mit zwei charakteristischen Stücken aus dem Be-
ginn der vierziger Jahre vertreten ist. Der maßgebende
Künstler dieses Stiles, Adolf Lier, ist durch eine ziemlich
schwache Probe seiner Kunst nicht ganz würdig re-
präsentiert. Dagegen ist von einem Künstler wie Heinrich
Heinlein kaum besseres zu erwarten als die beiden
Gebirgslandschaften, lernt man Philipp Sporrer eben-
falls in zwei landschaftlichen Stücken schätzen. Als
Dritter mag neben diesen noch der Name des Ludwig
Hartmann Erwähnung finden. Eine besondere Note
ist in den zwei geschmackvollen Farbenstudien des
Ludwig von Hagn angeschlagen. Das eine der beiden
von 1867 datierten Bilder fand schon auf der Jahr-
hundertausstellung gebührende Beachtung und wurde
damals nicht zu Unrecht mit Skizzen von Hausmann
verglichen. Den charakteristischen Ton der Diezschule
vertritt ein Werk des Augustin Geiger. Als besondere
Erscheinung ist endlich der Maler Vogel von Vogel-
stein zu nennen mit scharf gezeichneten Porträts, die
aus dem Kreise der Nazarenerkunst zu erklären sind.

Der Hamburger Christian Suhr, dessen männliches
Bildnis die Nähe Runges weist, ist innerhalb der Aus-
stellung die nächst verwandte Erscheinung. Von den
bekannteren Hamburger Künstlern der ersten Jahr-
hunderthälfte ist nur Jakob Gensler mit einer Küsten-
landschaft veitreten, deren allzu sentimentale Staffage
ein wenig verstimmt. Dagegen wird die Dresdener
Kunst in ihren hauptsächlichen Trägern gut dargestellt.
Johann Christian Dahl ist zwar Norweger, wird aber
mit Recht als Meister der sächsischen Hauptstadt, in
der er sich ansässig machte, angesehen. Eine große
Seelandschaft von 1832 und eine Anzahl seiner zarten
Wolkenstudien zeigen ihn von seiner besten Seite.
Von Caspar David Friedrich ist die große, unvollendete
Nordlichtlandschaft ausgestellt, die ebenso wie die
frühe, kleine Waldlichtung schon von der Jahrhundert-
ausstellung bekannt ist. Ein eigentümliches Bild Rays-
kys mit zwei Gendarmen, die einen Dieb verhaften,
ist eine angenehme Überraschung, Ein so lebendiges
Werk, das in der eindringlichen Drastik an Daumier
erinnern kann, hätte man dem Dresdener Maler kaum
zugetraut. Die Berliner Kunst endlich ist durch zwei
Mitglieder der Familie Meyerheim vertreten. Wilhelm,
der bis vor kurzem nur wenig beachtete Bruder Eduards,
ist durch das spitz und zierlich gemalte Bildchen
mit Anglern gut charakterisiert. Von dem berühm-
testen Gliede der Familie, Paul Meyerheim, sieht man
zwei kleinere Studien, von denen namentlich die grau-
weißen Dächer im Schnee in ihrer vornehmen tonigen
 
Annotationen