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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

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Carl Strahtmann
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Verschiedenes / Inserate
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245

Nekrologe — Personalien

246

Man wird zu diesem Schlüsse gedrängt. In der Aus-
stellung sind ein paar — mäßige — persische Teppiche
aufgehängt. Es scheint, daß sie einen Wegweiser geben
sollen, daß man der Meinung ist, Strahtmann habe in
seinen Bildern tatsächlich etwas erreicht, das der Wirkung
dieser Textilarbeiten nahekommt. Aber diese angeb-
liche Geschmackskunst ist gerade durch die Unrein-
heit ihrer Mittel von Grund auf geschmackswidrig,
und darum ist auch dieser Vergleich so gefährlich,
weil er anschaulich beweist, wie weit überlegen als
Flächenschmuck die rein ornamentale Leistung den
fatalen Mischprodukten ist, die Strahtmann bietet.

Gegenüber dieser prinzipiellen Feststellung bleibt
es relativ unwichtig, wie hoch oder wie gering man
das ursprüngliche Talent des Malers einschätzen will.
Ein noch nicht »gehäkeltes«, ein noch gemaltes Bild
aus dem Jahre 1891 ist nicht eben geeignet, allzu
großen Respekt vor dem ehemaligen Können und der
angeborenen Begabung einzuflößen. Und andererseits
lassen die an Geschmacklosigkeit kaum zu über-
treffenden neuesten Stilleben auch nicht das Bedauern
aufkommen, daß der Künstler sich nicht ganz der
kunstgewerblichen Vorlagezeichnung und dem Tapeten-
entwerfen gewidmet hat.

Das Ergebnis dieser Ausstellung ist das Gegenteil
dessen, was ihre Veranstalter beabsichtigten. Man ward
gezwungen, sich mit dem Schaffen des Künstlers näher
zu befassen, den man wohl als Sonderling hatte gelten
lassen, und man kommt zu dem Ergebnis, daß hinter
dem seltsamen Gebaren sich eine nichtige und öde
Manier verborgen hält. O.

NEKROLOGE
Wien. Am 26. Februar starb hier der Kunsthistoriker
Dr. Robert Stiassny, Privatdozent an der Technischen
Hochschule. Seine Arbeit war zuerst der altdeutschen
Malerei in ihrem vollen Umfang gewidmet gewesen
(Hans Baidung Oriens Wappenzeichnungen, Wien 1896;
Aufsätze über Altdorf er, Strigel, Jörg Breu usw.), hatte
sich aber dann speziell auf die Malerei in den öster-
reichischen Alpenländern eingeschränkt. Ein großer Auf-
satz über Alt-Salzburger Tafelmalerei im Jahrbuch der
k. k. Sammlungen des österreichischen Kaiserhauses XXIV
und mehrere kleine Aufsätze über die Pacher und
ihren Kreis liegen als Früchte von Stiassnys weit aus-
holenden und gründlichen Studien vor, eine große Mono-
graphie über Michael Pacher hätte die unermüdliche Arbeit
vieler Jahre zusammenfassen sollen. Daß sie unvollendet
geblieben ist, ist von dem unglücklichen Temperament
Stiassnys mitverschuldet, das seine menschliche und wissen-
schaftliche Laufbahn schwer umdüstert hat; mißtrauisch,
rechthaberisch, reizbar und unverträglich hat er eine er-
folgreich begonnene Beamtenkarriere (als Kustos des Gips-
abgußmuseums der Akademie) bald aufgegeben und sich
in schwerem Fron als Privatlehrerer die Mittel seiner
höchst bescheidenen Existenz erarbeitet. Er lebte einsam,
mit vielen Fachgenossen in ewiger, ätzend scharf geführter
Fehde; diese Herbheiten, die für viele sein Bild bestimmen,
dürfen aber nicht übersehen lassen, daß Stiassny ein Forscher
von reichen und umfassenden Kenntnissen, ein selbständiger
Geist und ein durchaus selbstloser uneigennütziger Mensch
war, der seinen idealen Zielen schwere Opfer zu bringen
imstande war. Wenn sein Pacher, schon so oft »fertig«,
nun doch nicht vollendet ist, liegt das daran, daß der Ver-

fasser, wenn ihm eine Stelle nachträglich Bedenken machte,
lang Gedrucktes auflösen ließ, um eine noch teuere Ab-
bildung zu haben, die ganze Auflage einer Tafel vernichtete;
obwohl die Kosten einer neuen durch die Erteilung vieler
langweiliger Privatstunden schwer erkauft werden mußten.
Wahrlich, es war für Kollegen, Verleger, Photographen,
für Behörden und Private oft nicht leicht, mit Stiassny aus-
zukommen; aber sie alle kann der Gedanke versöhnen,
daß er mit niemandem grimmiger, unerbittlicher, schonungs-
loser verfuhr als mit sich selbst. Friede dem Andenken
des Mannes, den innere und äußere Dämonen sein Lebe-
lang gehetzt haben! h. t.

Friedrich Hauser f. Die deutsche archäologische
Wissenschaft hat das Glück, daß mit zu ihren besten Ver-
tretern solche Gelehrte gehören, die, vom Lehrberuf befreit
und ungehemmt von Universitätsrücksichten, sich voll und
ganz ihrer Lebensaufgabe widmen können. Walter Amelung,
Paul Arndt, Oskar Hartwig, Friedrich Hauser sind solche
»Privatgelehrte«, die den von allen andern Völkern uner-
reichten Ruhm der deutschen Wissenschaft der klassischen
Archäologie haben vergrößern helfen. Nun ist einer aus
dieser Phalanx, Friedrich Hauser, aus seinem schaffens-
reichen Leben dahingegangen, der tüchtigsten einer, ja
man darf sagen, einer der bedeutendsten Vertreter der
klassischen Archäologie in allen sogenannten Kulturländern.
Nur 57 Jahre hat der tapfere Schwabe erreicht, der alle
guten Eigenschaften seines Volksstammes in seiner wissen-
schaftlichen Tätigkeit vereinigte: zähen Fleiß, unentwegte
Zielbewußtheit, künstlerische Begabung und — Rücksichts-
losigkeit. Er ging seines Weges Schritt für Schritt. — Nur
seine Publikation über die »Neuattischen Reliefs« (1889)
und die Fortsetzung der Furtwängler-Reichholdschen Monu-
mentalpublikation »Die griechische Vasenmalerei«, die er
als die berufenste wissenschaftliche Autorität in .diesem
Gebiete nach Furtwänglers Tod übernahm, weisen seinen
Namen auf großen Publikationen auf. Aber eine ungeheure
Fülle von größeren und kleineren Aufsätzen aus den Haupt-
gebieten der klassischen Archäologie — Plastik sowohl wie
Vasenmalerei, wenn er auch letztere bevorzugte — von
Friedrich Hausers Hand und Geist schmücken die gelehrten
Zeitschriften, namentlich diejenigen des deutschen archäolo-
gischen und des österreichischen Instituts. Hier darf man
ruhig sagen, »sie schmücken diese Zeitschriften«, denn wie
Paul Wolters in einem kurzen Nekrolog der »Frankfurter
Zeitung« sich ausdrückte: »Hausers wissenschaftliche Ab-
handlungen gehören zum Anregendsten und Lesens-
wertesten, was die neuere Archäologie aufzuweisen hat«.
Die Straßburger Universität, auf der Hauser seine archäolo-
gische Schulung erhielt, hatte ihm auch dasjenige mitge-
geben, was wir als die hervorragendste und notwendigste
Unterlage für die klassische Archäologie betrachten: die
vortreffliche philologische Schulung. Hauser war ein aus-
gezeichneter Philologe; »Aristophanes und die Vasen-
malerei«, eine Aufsatzfolge in den »Österreichischen Jahres-
heften«, zeugen davon. Hauser hat bis zum Kriege fast
immer in Rom gelebt, zwar nicht als Einsiedler aber doch
sehr in Zurückgezogenheit; er erlag in Baden-Baden einem
schweren Nierenleiden. Max Maas.

PERSONALIEN

Der Direktor der indisch-asiatischen Abteilung des
Berliner Museums für Völkerkunde, Prof. Dr. Grünwedel,
hat den Charakter als Geheimer Regierungsrat erhalten.

Dem Leiter der Sammlung für deutsche Volkskunde,
Dr. Brunner, Direktorialassistenten am Museum für Völker-
kunde, wurde der Titel Professor verliehen.
 
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