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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

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Charlottenburger Kunstsammlung
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Simon, K.: Boehle-Ausstellungen in Frankfurt a. M.
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KUNSTCHRONIK

- Neue Folge. XXVIH. Jahrgang 1916/1917 Nr. 23. 2. März 1917 '

Die Kuiistchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 6 Mark.
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder bei der Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstr. IIa.
Abonnenten der Zeitschrift für bildende Kunst erhalten Kunstchronik und Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigen 30 Pf. die Petitzeile; Vorzugsplätze teurer.

CHARLOTTENBURGER KUNSTSAMMLUNG

Es wurde kürzlich an dieser Stelle die Liste der
Jahresankäufe der Berliner städtischen Kunstdeputation
veröffentlicht und — nicht zum ersten Male — eine
Erörterung der nachgerade unhaltbaren Zustände in
der Kunstpflege der Reichshauptstadt angeknüpft. Wir
hätten gewünscht, daß die städtische Verwaltung zur
Rechtfertigung gegen die erhobenen Vorwürfe das
Nächstliegende getan, nämlich ihren Kunstbesitz aus-
gestellt und der öffentlichen Kritik unterbreitet hätte.
Aber es geschah nichts dergleichen, und wir erwarten
nach Ablauf eines Jahres eine neue Liste, von An-
käufen, die den vorangehenden aufs Haar gleichsieht.
Nun zeigt eine Ausstellung, die zu wohltätigem Zweck
im Charlottenburger Rathause stattfindet, den Kunst-
besitz dieser größten und reichsten Nachbargemeinde,
die zu dem Bezirke von Groß-Berlin gehört, und es
muß leider gesagt werden, daß das Ergebnis nicht
viel besser ist, als es von einer gleichen Berliner Aus-
stellung zu erwarten wäre. Wohl gibt man sich hier
im ganzen ein wenig moderner, indem man der Tat-
sache Rechnung trägt, daß Charlottenburg seit ihrer
Gründung die Ausstellungen der Berliner Sezession
beherbergt. Man sieht da einen stattlichen Leistikow,
einen guten Ulrich Hübner, Bilder von Brockhusen,
Rösler, Linde-Walther, Spiro, Philipp Franck, Balu-
schek, Breyer, Büttner, Klemm, Paeschke; Kleinbronzen
von Meunier und Gerstel. Aber das Ganze macht
denn doch im besten Falle den Eindruck einer Provinz-
galerie allerbescheidensten Ranges. Wem in Berlin
mit einer öffentlichen Sammlung solcher Art gedient
sein soll, bleibt unerfindlich, und man fragt ver-
gebens, welcher Plan, welcher leitende Gedanke der
Anschaffung dieser Kunstwerke zugrunde lag. Und
auch hier gilt, was gelegentlich der Besprechung der
Berliner Ankäufe gesagt wurde: denkt man überhaupt
daran, eine städtische Sammlung anzulegen, so braucht
man vor allem, und noch ehe das erste Geld für eine
Erwerbung ausgegeben wird, einen verantwortlichen
Beamten. Sonst möge man den ganzen Titel im Etat
getrost streichen und die Mittel der öffentlichen Wohl-
tätigkeit überweisen. Will aber die Stadtverwaltung
in Wahrheit zeigen, daß sie sich auch ihrer Kultur-
aufgaben bewußt ist, so sichere sie sich vorerst
einen tüchtigen Berater in künstlerischen Angelegen-
heiten und gebe ihm vor allem möglichst freie
Hand. Versteht er sein Handwerk, so brauchen die
Mittel, die ihm zur Verfügung gestellt werden, zunächst
gar nicht übermäßig groß zu sein, kaum viel mehr,
als auch bisher aufgewendet wurde. Zeigt er nur die
nötige Initiative, so wird ihm bald von anderen Seiten
zufließen, was er braucht, um ein lebensfähiges Pro-

gramm zu verwirklichen. Er hätte die Übernahme
der Sammlung Raußendorf sicherlich abgelehnt oder
den Stifter, der gewiß ein vortrefflicher Mensch, aber
ebenso gewiß auch ein schlechter Musikant gewesen
ist, dazu vermocht, nur den reizenden kleinen Menzel
zu stiften, aber er würde die vielen reichen Liebhaber,
die Charlottenburg zu seinen Bürgern zählt, an seinem
Werke zu interessieren wissen, und die Stadt besäße
— wir sind dessen sicher — schon heut die Werke
von Liebermann, Trübner, Thoma, Slevogt, Corinth,
die es zu allererst braucht, wenn sie in ihrer Galerie
den bleibenden Ertrag der bedeutenden Ausstellungen,
die sie beherbergen durfte, zu bewahren trachtet. Eine
solche Galerie würde zu einem Ruhmestitel städtischen
Bürgersinns, besser und dauernder und kaum kost-
spieliger als der hohe Turm auf dem Rathause, den
der Ehrgeiz jeder Groß-Berliner Gemeinde fordert.
Noch ist es Zeit. Aber es ist hohe Zeit zur Be-
sinnung, denn schon ist die Reichshauptstadt weit
ins Hintertreffen geraten neben vielen bescheideneren
deutschen Städten. Muß immer von neuem an Licht-
warks vorbildliche Wirksamkeit in Hamburg erinnert
werden? Man denke an die Bürgermeisterporträts,
die er bestellte. Charlottenburg ließ seine Bürger-
meister von Schulte im Hofe malen. Licbtwark ent-
deckte den Hamburgern eine künstlerische Vergangen-
heit. Die Charlottenburger Kunstdeputation fand ein
einziges bescheidenes Bildchen von Gärtner, das den
Platz »Am Knie« in den sechziger Jahren darstellt.
Wir wollen nicht nörgeln. Aber wenn diese Aus-
stellung die Taten, zeigen soll, die manchen schönen
Worten gefolgt sind, wie sie in Reden zur Eröffnung
der Sezessionsausstellungen in früheren Jahren gehört
wurden, so kann man nur wünschen, daß unter die
Vergangenheit ein Strich gesetzt werde, um für die
Zukunft zu verzichten oder ganz und mit besserem
Plane noch einmal von neuem zu beginnen.

BOEHLE-AUSSTELLUNGEN IN FRANKFURT A.M.

Durch den Tod Fritz Boehles hat das Frankfurter
Kunstleben eine sehr fühlbare Einbuße erlitten, und
so war es nur mit Dank zu begrüßen, daß der Kunst-
verein in einer länger währenden und in sich mehr-
fach wechselnden Schau im Dezember und Januar einen
Überblick über Boehles Schaffen zu geben versuchte.

Zweierlei drängt sich dabei sofort auf: ein eminentes
Können und ein eiserner Fleiß, der in einer verhältnis-
mäßig kurzen Zeit eine lange Reihe großer Schöp-
fungen hat hinstellen können, und wir wollen doch
nicht vergessen, daß einer der Maßstäbe für die Größe
eines Künstlers auch der größere oder geringere Grad
von Produktivität ist, d. h. von Reichtum an sich
 
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