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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

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223

Sammlungen — Vermischtes — Krieg und Kunst

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Stauffer und Fritz Zerritsch. — Aus dem Kreise des Hagen-
bundes ragt Oskar Laske ganz besonders durch seine
glänzende Wiedergabe großer bewegter Massen hervor.
Es werden einige seiner Marktbilder, sein köstlich humor-
volles, unnachahmliches Temperabild »Noah«, das in an-
derer Auffassung als Radierung wiederkehrt, die Lithogra-
phien »Das Paradies«, »Besiegter Drache« und »London,
Royal Exchange«, und die Radierungen »Pionierarbeit an
der Weichsel«, »Der wunderbare Fischzug« und »Pferde-
markt in Radautz« gezeigt. Neben ihm bieten Otto Barth,
August Roth, Alois Seibold, Alfred Keller, Adolf Groß
u. a. manche sehenswerte Leistungen. — Die Sezession
weist eine ganze Reihe bekannter Namen auf. Es über-
wiegt die Landschaft, die in Wilhelm Dachauers »Obst-
ernte«, Richard Harlfingers stimmungsvollen Naturaus-
schnitten, Anton Nowaks zartfarbigen Städtebildern, Alfred
Polls Winterlandschaften und Josef Stoitzners »Aus Kirch-
berg am Wechsel« durch ausgereifte Stücke sehr günstig
wirkt. Rudolf Jettmars eigenartig allegorisierende Art
bringt das großformatige Bild »Die Nacht« gut zum Aus-
druck. Maximilian Liebenwein und Franz Wacik haben
eine Reihe von Werken, die Sage und Märchen behandeln,
ausgestellt, Grom-Rottmayer neben zwei Akten ein großes
Kaseinstück »Anbetung«, Karl Friedrich Bell groteske Al-
graphien, Ferd. Schmutzer eine Anzahl verschiedenwertiger
Radierungen. — Starken Eindruck hinterläßt die Klimtgruppe,
besonders Klimt selbst mit seinem farbenprächtigen »Tod
und Liebe« und anderen dekorativ außerordentlich wirken-
den Bildern. Von Koloman Moser sind nur drei kleinere,
nicht besonders bezeichnende Arbeiten zu sehen. Ko-
koschka ist mit einigen Porträts vertreten. Unter den aus-
gestellten Plastiken ragen Josef Breitners Gruppe in Holz
»Der Rattenfänger«, Franz Barwigs lebensvolle Bronzen
und die Bronzebüsten Rudolf Bachers und Josef Engelharts
hervor. a. n.

Chemnitz. Kunsthütte. Das Ausstellungsjahr 1916,
das wie seine Vorgängerinnen im Kriege regelmäßig vier-
wöchentlich wechselnde Ausstellungen brachte, schloß mit
einer Gedächtnisausstellung für Greiner, die den umfang-
reichen Besitz an Greinerschen Werken aus der Sammlung
des Kommerzienrats Hans Vogel und das ausgezeichnete
Selbstbildnis aus Klingers Besitz brachte. Die Ölbilder,
Aquarelle und Zeichnungen dazu, die vollständige Serie der
Gäadrucke sind z. Z. auf der Leipziger Greiner-Ausstellung
zu sehen. Aus den übrigen Ausstellungen seien die großen
Nachlaßsammlungen des noch nicht genügend gewürdigten
Carlos Grethe und des von seiner Dresdner Gemeinde
überschätzten Oskar Zwintscher hervorgehoben, ebenso die
Kollektionen Karl Caspar, Richard Dreher, Strathmann,
Feldbauer, Theodor Schindler und nicht zuletzt die
großempfundenen und gesehenen Erzgebirgslandschaften
von Buchwald-Zinnwald, in dem die Dresdner einen ihrer
stärksten, klarsten und scharf umrissenen Landschafter
haben. Der 50. Geburtstag eines Chemnitzer Künstlers,
Alfred Kunze, war der Anlaß zu einer Sonderausstellung,
die das Werk des zurückhaltenden und freundlichen Talentes
in seiner Entwicklung zeigte. Kunze ist aus dem litho-
graphischen Handwerk hervorgegangen, das sehr oft wie
ein leichter Schatten auf seine künstlerische Laufbahn fällt.
Für Chemnitz besteht seine Bedeutung vor allem auch in
der malerischen Erschließung der alten, allerdings spärlich
genug vorhandenen Winkel und Gassen, denen er als erster

mit künstlerischen Mitteln nachgegangen ist und von denen
er Darstellungen geschaffen hat, die fernab von den bisher
üblichen laienhaften, dilettantischen liegen. Ein gut aus-
gestatteter Katalog mit Abbildungen und einem von Gustav
Schaffer lithographierten Umschlagtitel gab der örtlich in-
teressanten Ausstellung eine besondere Betonung, s. w.

Die Kgl. Akademie der Künste zu Berlin bereitet für
dieses Frühjahr eine umfangreiche Ausstellung des Werkes
Alfred Rethels vor. Die Veranstaltung soll nachträglich
an den 100. Geburtstag Rethels erinnern, der am 15. Mai
1916 begangen werden konnte. Sie wird besonders den
in Berlin noch unbekannten und nie gezeigten Nachlaß
aus dem Besitz seiner Familie vorführen.

SAMMLUNGEN
Chemnitz. Zu Klingers 60. Geburtstage schenkte der
bekannte Klingersammler Kommerzienrat Hans Vogel der
Chemnitzer Städtischen Gemäldesammlung (König-Albert-
Museum) das im Februarheft der Zeitschrift für bildende
Kunst wiedergegebene Klingerbildnis von Leopold
von Kalckreuth. Kalckreuth malte den Freund im Januar
dieses Jahres in seinem Atelier. Er steht vor der Staffelei,
die rechte Hand führt den Pinsel, ist aber nicht sichtbar,
die linke verbirgt sich unter dem zurückgeschlagenen Rocke,
übrigens eine gut abgelauschte Bewegung. Auf diese
Weise verzichtet der Künstler auf die Hände als sprechende
seelische Ausdrucksmittel und konzentriert alle Aufmerk-
samkeit auf den Kopf, der beherrschend auf breitem, wuch-
tigem Körper sitzt, dabei aber auch durch sein leuchtendes
Rot farbig beherrschend auf dem durch das Dunkelblau
des Anzuges umschlossenen Körpers steht. Im Antlitz,
vor allem im Auge, ist Klingers schönes Menschentum und
bedeutendes Künstlertum zusammengefaßt, dabei eine
sichere, knappe, lebensvolle Porträtähnlichkeit erreicht.
Wundervoll steht die Figur im Räume, der mit seinem
Atelierdrum und -dran lufterfüllt das Lebendige der Situation
steigert. Die junge Chemnitzer Gemäldesammlung erhält
mit diesem Werke nicht bloß das erste, wirklich bedeu-
tende und zeitgeschichtlich wichtige Klingerbildnis, sondern
auch eines der besten Gemälde Kalkreuths. s. w.

VERMISCHTES
Klinger-Ehrung. Der Rat der Stadt Leipzig hat dem
kleinen Gehölz, das an Klingers Wohnhaus in Plagwitz
grenzt, den Namen Klingerhain gegeben. — Klinger selbst
hatte sich dem Ansturm von Huldigungen entzogen.

KRIEG UND KUNST
Das Isenheimer Altarwerk, dessen Schicksal während
des Krieges vielfach Anlaß zur Sorge gab, befindet sich
zusammen mit einer Anzahl anderer altdeutscher Bilder
des Kolmarer Museums seit kurzem in Verwahrung der
staatlichen Galerien in München, wo die Gemälde zunächst
jener pfleglichen Behandlung unterzogen werden sollen,
deren sie teilweise in hohem Grade bedürftig sind. Nach
den zwischen der Direktion der staatlichen Galerien und
der Stadtgemeinde Kolmar getroffenen Vereinbarungen
werden die Kunstwerke nach Durchführung der Erhallungs-
maßnahmen und nach Beendigung des Krieges einige Zeit
hindurch in den Räumen der Alten Pinakothek der öffent-
lichen Besichtigung zugänglich gemacht werden. Mr.

Inhalt: Andreas Achenbach als Graphiker. Von Walter Cohen. (Mit Abbildung.) — Wettbewerb für kleinere Kriegs- und Kriegerdenkmäler. —
Ausstellungen in Nürnberg, Chemnitz und Berlin. — Klingerbildnis von Leopold v. Kalckreuth. — Klinger-Ehrung. — Das Isenheimer Altarwerk.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig
 
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