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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

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Pauli, Gustav: Der deutsche Museumsbund
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KUNSTCHRONIK

Neue Folge. XXVIII. Jahrgang 1916/1917 Nr. 36. 8. Juni 1917

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DER DEUTSCHE MUSEUMSBUND
Von Gustav Pauli

Am 23. Mai sind im Städelschen Kunstinstitut zu
Frankfurt zweiundzwanzig Direktoren deutscher Museen
zusammengetreten und haben nach einer Erörterung
der gemeinsamen Ziele und Aufgaben und nach An-
nahme des vorgelegten Satzungsentwurfes den deutschen
Museumsbund begründet. Die Mitwirkenden waren
die Herren: Behncke-Hannover, Böhlau-Cassel, Dörn-
höffer-München, Fries-Elberfeld, Graul-Leipzig, Gro-
nau-Cassel, Hampe-Nürnberg, Koetschau-Düsseldorf,
Lauffer-Hamburg, Lehmann-Altona, Masner-Breslau,
Müller-Frankfurt, Pauli-Hamburg, Pazaurek-Stuttgart,
Polaczek-Straßburg, Poppelreuter-Bonn, Sauerrnann-
Flensburg, Schäfer-Lübeck, Swarzenski-Frankfurt, Vol-
behr-Magdeburg, Waldmann-Bremen, Wichert-Mann-
heim. Wie man sieht, handelt es sich um einen Zu-
sammenschluß öffentlicher Sammlungen für Kunst und
Kulturgeschichte, was aus dem gewählten kurzen Namen
des Bundes nicht ohne weiteres zu entnehmen ist.
Die Mitgliedschaft kann jeder Leiter, sowie jeder aka-
demisch oder fachmäßig vorgebildete Beamte eines
deutschen Museums der bezeichneten Art erwerben. Zu-
nächst wurde eine Reihe von weiteren Direktoren durch
Zuruf gewählt, die um ihren Beitritt ersucht werden
sollen. Einige waren nur durch äußere Umstände
verhindert gewesen, zu erscheinen. Späterhin wird die
Aufnahme durch unterstützten Vorschlag und Wahl
mit der Sonderbestimmung erfolgen, daß die nicht
an leitender Stelle stehenden Beamten durch ihren
Direktor, sofern dieser dem Bunde angehört, vorzu-
schlagen sind.

Die neue Organisation findet ihre Aufgaben in
verschiedenen Richtungen. Einerseits handelt es sich
um die Förderung musealer Arbeit durch gegenseitige
Anregung. Wohl stehen hierfür Zeitschriften und
Korrespodenz zu Gebote. Allein sie vermögen es,
wie die Erfahrung lehrt, nie, die lebendige Wirkung
des persönlichen mündlichen Austausches und der
gemeinsam in der Diskussion geübten Kritik zu er-
setzen. Darüber hinaus gibt es Ziele — z. B. der
Kreditgewährung bei besonders kostbaren Ankäufen —,
die schlechterdings nur durch eine Organisation zu
erreichen sind.

Andererseits wünscht der Bund den Museumsbe-
amten Rückhalt und entscheidende Auskunft in Fragen
der Standesehre zu gewähren, die der Disziplinarge-
walt der Behörden nicht unterstehen. Und es gibt
solche Fragen. Wohl wird durch Vorschriften des
Dienstes der wesentliche Bereich der Pflichten und
Rechte eines Museumsbeamten umschrieben, allein sein
Verhalten der Öffentlichkeit gegenüber kann auf diesem

Wege nie völlig geregelt werden. Es bleibt vielmehr
dem persönlichen Gefühl für Takt und Verpflichtet-
sein ein Spielraum übrig —, der sich leider durch die
Erfahrungen des letzten Jahrzehntes als recht weit er-
wiesen hat. Es bestehen peinliche Meinungsverschieden-
heiten darüber, inwieweit ein Museumsbeamter selber
sammeln dürfe, ob er sich am Kunsthandel beteiligen
oder materiell interessieren dürfe, ob er berechtigt sei,
sich seine Gutachten honorieren zu lassen. Hier ist
eine befriedigende und wirksame Antwort nur von
einem Ehrenrat zu erwarten, der auf der Basis der
Kollegialität errichtet ist.

Daß eine derartige Organisation zweckmäßig und
zeitgemäß sei, daß sie also einem gegenwärtig emp-
fundenen Bedürfnis entspreche, ist von W. von Bode
in Nr. 32 dieser Zeitschrift ausgeführt worden. Die
dort berührten Anlässe sind auch für die Begründer
des neuen Bundes maßgebend gewesen. Dies fest-
zustellen ist um so wertvoller, als es sich um ein
spontanes Vorgehen von mehreren Seiten handelt.
Denn wie Bodes Vorschläge augenscheinlich unab-
hängig von den Plänen des Museumsbundes erfolgt
sind, so ist auch die von Koetschau ausgehende An-
regung zu dem neuen Bunde zunächst im engsten
Kreise weniger Beiteiligten erörtert worden — an-
fänglich noch vor dem Kriege und neuerdings seit
dem letzten Spätherbst.

Man sieht, inwiefern sich die Absichten des Bundes
mit denen Bodes begegnen und inwiefern sie von
ihnen abweichen. Das Gemeinsame darf füglich be-
tont und vorangestellt werden, weil es für die weitere
Entwickelung der Sache erfreuliche Aussichten er-
öffnet. Wenn in Frankfurt von einer allgemeinen
Fachgenossenschaft abgesehen und der erwünschte
Verband auf die Museumsbeamten beschränkt worden
ist, so war hierfür die Überzeugung maßgebend, daß
die Wirksamkeit des Bundes in solcher Beschränkung
nur gewinnen könne. Aus demselben Grunde wurde
auch einer anderen weitergehenden Anregung keine
Folge gegeben, die dahin ging, daß man den Bund
auf alle Arten von Museen ausdehnen möchte, also
auch die naturwissenschaftlichen Sammlungen ein-
beziehen sollte. Der Bund würde sich in solchem Falle
in Sektionen zersplittern, während die gegenwärtig
beschlossene Form der Vereinigung allen Beteiligten
Aussichten auf ein einheitliches Übereinkommen er-
öffnet — sowohl in den fachlichen und sachlichen
Angelegenheiten der Museumsarbeit, wie in den heik-
leren Fragen des standesgemäßen Verhaltens.

Wenn nun auch bei dem vorliegenden Plane die
kunstgeschichtliche Forschung nicht in das Arbeits-
gebiet des Bundes gehört, so muß doch gleich be-
tont werden, daß seine Wirksamkeit allerdings der
 
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