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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

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Tietze, Hans: Die Literatur über die jüngste Kunst
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6187#0234

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447

Nekrologe — Wettbewerbe — Ausstellungen

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liehen mit Plänen und Abbildungen versehenen Bericht
von A. Brueckner im »Archäologischen Anzeiger« 1915,
Spalte 111—124, verweisen. Über die Ausgrabungen des
Jahres 1916 berichtet H. Knackfuß: Die Unternehmung er-
streckte sich auf den südöstlichen, etwa zwei Drittel des
ganzen Gebietes umfassenden Teil des zwischen Eridanos,
Stadtmauer und der letzten Grabung noch unberührt ge-
bliebenen Grundstückes. Der in der südöstlichen Ecke
noch aufgehäufte spätrömische Töpferschutt bestand haupt-
sächlich aus Lampenscherben, während gemauerte Kasten-
und Ziegelgräber der späteren Kaiserzeit nur in geringer
Anzahl in diesem Gebiete aufgefunden wurden. In der
südlichen Ecke zwischen Eridanos und Stadtgraben wurden
die Reste eines großen Rundbaues freigelegt, die Einfas-
sungsmauer eines 20—25 m im Durchmesser haltenden
Tumulus. Zwischen dieser bedeutenden Anlage und dem
Stadtgraben waren noch Reste von zwei kleineren recht-
eckigen Grabmonumenten zu erkennen. Der Stadtgraben
vor der Mauer des 4. Jahrhunderts stand nicht mit dem
Eridanos in unmittelbarer Verbindung, sondern war von
ihm durch einen Damm getrennt. In dem Stadtgraben-
schutt fanden sich einige gute Terrakotten des 5. bis 4.
Jahrhunderts und zwei Ostraka des Thukydides und des
Kleipides, auch eine kleine Grabstele der jüngeren Form
mit hübschem Relief. In einer Mauer waren zahlreiche
Marmorfragmente eingebaut, aus denen der Torso einer
lebensgroßen Gewandstatue guter frührömischer Arbeit so-
wie der eines Votivreliefs mit sitzender Göttin zusammen-
gesetzt wurden. Des weiteren haben die deutschen Ge-
lehrten die Freilegung und eingehende Untersuchung des
Dipylon selbst fortgesetzt; dabei wurde auch der über-
lebensgroße Marmorkopf einer archaischen Jünglingsstatue
von vorzüglicher Erhaltung und mit Resten der Bemalung
ans Licht gezogen. Einen vorderen Verschluß, wie er
jetzt durch die römischen Torpfeiler gebildet wird, hatte
weder der älteste noch der jetzige Torbau des 4. Jahr-
hunderts. Die Torwand des Südturms bildet wie bei dem
Ostturm einen einspringenden Winkel.

Im Beginn des Juni 1915 haben die Deutschen eine
neue Aufgabe begonnen, die schon seit Jahren Wunsch und
Ehrenpflicht des Institutes war: die Aufräumung der Altis
von Olympia. Diese Arbeiten wurden bis zum 30. Sep-
tember 1916 fortgesetzt. Es galt, die Ruinen von neuan-
gesammeltem Schutt und schädlichem Gestrüpp zu befreien,
die weiterverstreuten Glieder der Einzelbauten nach Möglich-
keit bei ihren Fundamenten zu vereinigen und so ein über-
sichtliches Bild des Heiligtums zu schaffen. Knackfuß
hat die ganze Schatzhäuserterrasse, das Metroon und das
Gebiet bis zum Stadion, dieses selbst soweit es ausge-
graben ist, die Echohalle und die Monumente vor ihrer
Front vollkommen in Ordnung gebracht, ferner einen Teil
des Chaos von Blöcken aller Art vor der Ostfront des
Zeustempels aufgeräumt, das Postament des Stiers der
Eretrier und ein paar andere vor dem Einsturz bewahrt.
Endlich hat er westlich vom Metroon und beim Pelopion
die Tiefgrabung von 1908—09 zum größten Teil wieder
zugeschüttet, da in diesem feuchten Terrain die prähisto-
rischen Hausfunde zerfallen. Weiter wurde im östlichen
Altisgebiet das Nerohaus und der Südostbau geräumt und
im Zusammenhang damit der baugeschichtlich wichtige
oktogonale Ziegelbau der römischen Thermenanlage zum
großen Teil freigelegt. Die Ausgrabung am Ostende der
Südhalle wurde weiter- und die Aufräumung und Auffüllung
des Platzes südlich von dem römischen Festtor durchge-
führt. Dadurch wurde auch der Rundaltar vor dem Bu-
leuterion freigelegt und eine sichere Grundlage für die Be-
urteilung der älteren Grenze und der Zugänge der Altis
gewonnen. Zuletzt wurde noch die Ordnung der Werk-

stücke vor der Ostfront des Tempels südlich von der Basis
des Stieres der Eretrier systematisch fortgesetzt und die
tiefe Grube der ehemaligen byzantinischen Festungsmauer
ausgefüllt, wodurch das antike Niveau wiederhergestellt
wurde. In welcher Weise die deutschen Gelehrten den
griechischen Kollegen bei der Neuordnung des Museums
von Olympia zur Seite gestanden haben, wurde oben be-
reits bemerkt.

Karos letzter Bericht schließt mit dem Passus, mit
dem wir auch unser längeres Referat schließen wollen:
»So hat unser Institut auch während des zweiten und
dritten Kriegsjahres dank bedeutender Spenden, für die
wir herzlich dankbar sind, weit mehr als gewöhnlich graben
können. Unsere Arbeiten am Kerameikos sind bis zum
Vorabend unserer Vertreibung fortgeführt worden. In
besseren Zeiten, wenn rohefeindliche Gewalt die wissen-
schaftliche Forschung nicht mehr verhindert, werden wir sie
wieder aufnehmen. Dann wird es auch möglich sein, die
Ausgrabungen von Dodona zu beginnen.« Das walte Gott!

München. MAX MAAS.

NEKROLOGE
In Hamburg ist ganz plötzlich Prof. Wilhelm Weimar,
Assistent am Museum für Kunst und Gewerbe, im Alter
von 60 Jahren gestorben. Prof. Weimar ist namentlich
durch sein kürzlich erschienenes Buch über die »Daguerreo-
typie in Hamburg« bekannt geworden. Er hat das Verdienst,
auf diese Inkunabeln der Photographie hingewiesen und
ein allgemeines Sammelinteresse für diese künstlerisch und
kulturgeschichtlich so wertvollen Dinge erweckt zu haben.

Hugo Flintzer, der Direktor der von Goethe ge-
gründeten Zeichenschule in Weimar, ist im Alter von 56
Jahren gestorben.

WETTBEWERBE
In dem akademischen Wettbewerb um einen Zier-
brunnen für den Marktplatz zu Mittweida hat der

Akademische Rat zu Dresden die Ausführung dem Prof.
August Schreitmüller in Dresden übertragen. Weitere
Preise in Geld erhielten die Dresdner Bildhauer Otto Pilz,
Arthur Lange und Hermann Fritz.

AUSSTELLUNGEN
Max Liebermann ist zu seinem siebzigsten Geburts-
tage, am 20. Juli, auf das Würdigste geehrt worden. Am
eindrucksvollsten durch die große Ausstellung seines Lebens-
werkes, die die Königliche Akademie der Künste in Berlin
in ihren unvergleichlich schönen Räumen veranstaltet hat.
Diese Ausstellung ist eines der bedeutendsten künstlerischen
Ereignisse, dessen wir uns erinnern. Sie gehört zu den
Dingen, die man erlebt haben muß. Auch der schon tief
in Liebermann Erfahrene empfindet eine ungeahnte Über-
raschung. Man mag jedes einzelne dieser Werke kennen
und als Erinnerungsbild besitzen: der Eindruck des Ganzen,
als einer einheitlichen, harmonisch gewachsenen Lebens-
leistung, ist so groß, daß man sich unwillkürlich die Frage
vorlegt: welchem Künstler unserer Zeit könnte eine so um-
fassende Ausstellung von gleicher Güte gewidmet werden?
Wer hat heute soviel gute Bilder gemalt und ist dabei so rast-
los immer und immer wieder zu neuen Ufern vorgedrungen?
Liebermanns Werk ist einfach, klar und reich; mehr als an-
dere, die so genannt werden, ist er ein Monumental-Maler.
Durch einen Zufall hatte ich das Glück, die Räume der
Ausstellung, nachdem sie eben fertiggestellt war, in dem
Dämmer eines klaren Achtuhr-Abends allein zu betreten.
Die Wirkung war von unvergeßlicher Feierlichkeit, a. K.
 
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