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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

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Dresdner Kunstausstellung, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6187#0273

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525

Nekrologe — Personalien — Funde — Sammlungen — Literatur

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seinen Landschaften und Bildnissen Wirkung zu geben
sucht, und Gustav Schaf fer-Chemnitz, dessen biblische
Bilder in Lithographie und Wasserfarben immerhin
zeigen, daß dieser Künstler etwas Eigenes zu sagen
hat. Auch Otto Richard Bosserts (Leipzig) Ra-
dierungen Vier Schiffer, Landschaft, Zwei Männer
bekunden eine gewisse Größe und Eigenart. Auf eine
Reihe einzelner Werke, die ja noch manches Gute
enthalten, können wir leider nicht mehr eingehen.

NEKROLOGE

Toni v. Stadler f. Am 18. September starb in München
nach längerem Leiden der Landschaftsmaler Toni Stadler.
Mit ihm verliert die Kunststadt München mehr als einen
sympathischen Künstler von ansehnlichem Talent. Ein Mann
von lauterstem Charakter, ungewöhnlicher Bildung, ein
Sammler von Geschmack, ein kluger und verdienstvoller
Berater des Staates wie Privater in künstlerischen Ange-
legenheiten, ein opferfreudiger Kollege armen Kameraden
gegenüber, ein herzlicher Mensch ist mit Toni Stadler da-
hingegangen. Er war Niederösterreicher von Geburt (1850
kam er in Göllersdorf zur Welt) wandte sich mit 23 Jahren
nach etlichen Semestern Medizinstudiums der Kunst zu,
wurde in Berlin von Paul Meyerheim und seit 1878 in
München von Louis Neubert gefördert. Mit den Schweizern
Adolf Stäbli und Frölicher verband ihn mehr als mit all
den vielen anderen in München tätigen Malern, mit denen
der gesellige Stadler rasch in enge Beziehung kam, Freund-
schaft und künstlerische Verwandschaft, nur daß Stadler
nie sich zu Stäblis Pathos verstiegen hat, noch auch je so
weichlich geworden ist, wie man es Frölicher mehr als einmal
nachsagen muß. Eine leicht herbe, ganz unaufdringliche
Lyrik erfüllt die sehr klug und sorgfältig aufgebauten Land-
schaften Stadlers, der sich weise stets auf kleine und mittlere
Formate beschränkt hat. Diese Landschaften aus dem
oberbayrischen Moos und den Vorbergen, rrfit ihrem hohen,
weiten Himmel, der einfach großen und einsamen Natur
sind in der Frühzeit oft von überraschendem, koloristischem
Reiz und großer Zartheit. Später tritt ein gewisses gra-
phisches Moment stärker hervor. Als Schwarz-Weißkünstler
hat Stadler, in einfachen Zeichnungen wie in Lithographien,
nicht minder Gutes geleistet denn als Maler. Die Öffentlich-
keit kennt übrigens die besten Werke des Künstlers noch
nicht, da sie stets von der Staffelei in den Besitz der Familie
übergegangen sind. Eine Gedächtnisausstellung wird wohl
Anlaß genug geben, sich nochmals eingehend mit dem
Maler Stadler zu beschäftigen.

Stadlers vornehm-bescheidene, sich in alle Dinge ver-
tiefende Art zeigt sich auch in seiner Sammlertätigkeit.
Kleinkunst liebte er, japanische Holzschnitte und Schwert-
stichblätter, griechische Münzen, ägyptische Statuetten, alte
persische Teppiche, antike Bronzen und Terrakotten. So
war es selbstverständlich, daß Stadler jahrzehntelang den
Staatlichen Kunstkommissionen angehörte, auf gar manches
Gute überhaupt erst aufmerksam machte und dank seinem
Ansehen schlimme Mißgriffe verhüten half. Tschudi hatte
während seiner Münchener Wirksamkeit keinen aufrichtigeren
Freund als Stadler, und er war es denn auch, der nach
Tschudis allzufrühem Tod, von Heinz Braune unterstützt,
das schwierige Erbe antrat. Als »Beirat« des Ministeriums
übernahm der nicht mehr junge Künsler im Ehrenamt —
in seiner bescheiden-zurückhaltenden Art — die Aufgabe,
die Frage der »Neuen Pinakothek« zu lösen, die große von
Tschudi begonnene Münchener Museunisreform weiter
durchzuführen. Stadler hat sich während seines »Inter-
regnums«, das die Ernennung Dörnhöffers zum General-

direktor beendete, eifrig bemüht, Tschudis Kunstpolitik
fortzusetzen. Vor allem gelang ihm, was keinem Beamten
so gelungen wäre, das Ausstellungsgebäude am Königs-
platz, die langjährige Heimstätte der Sezession für die
Staatlichen Sammlungen wieder zu gewinnen. Freilich hat
auch Stadler dies nicht erreicht, ohne mit seinen alten Kollegen
und Freunden Kämpfe durchgemacht zu haben, die ihn,
den äußerst feinfühligen Menschen, schmerzlicher berührten,
als er dies nach außen hin merken ließ. Für die Neue
Pinakothek gelangen ihm einige besonders glückliche Käufe,
Bilder von Liebermann, Thoma, Schuch und Leibi, die eine
außerordentliche Bereicherung der modernen Galerie dar-
stellen; für die Alte Pinakothek erwarb er das Familien-
bildnis des Baldassare d'Este.

Stadler war ein ausgezeichneter Kenner der gesamten
Münchener Malerei der letzten 40 Jahre. Es ist sehr be-
dauerlich, daß er sich nicht dazu entschließen konnte, seine
reichen Erfahrungen und seine interessanten Erlebnisse
niederzuschreiben, die ihm als Mittelpunkt eines weiten
künstlerischen Kreises beschieden waren. So geistvoll und
witzig er zu plaudern verstand, so sehr zögerte er trotz
wiederholter Aufforderung von Freundesseite, seine Me-
moiren der Nachwelt zu bescheren. Einseitigkeit war ihm
fremd, und mit Eifer suchte er stets neue künstlerische
Erscheinungen verstehen zu lernen. Ein gütiger und
vornehmer Mensch und Künstler, eine harmonische Per-
sönlichkeit, deren Humor mit leichter Ironie köstlich ge-
würzt war, ist mit Toni von Stadler dahingeschieden, und
sein Tod läßt eine Lücke klaffen, die noch lange zu
spüren sein wird. A. L. M.

PERSONALIEN
Prof. Rudolf Hellwag, der bekannte Karlsruher Land-
schaftsmaler, vollendete am 14. September sein 50. Lebens-
jahr. Er war ein Schüler von Schönleber und hat mit
seiner ernsthaften Kunst gute Erfolge erzielt. Ebenfalls
ein Fünfzigjähriger ist Ernst Oppler geworden, eine be-
kannte Künstlerpersönlichkeit in den Berliner Sezessions-
ausstellungen. Bei der Spaltung hat er sich zur Corinth-
Gruppe gehalten und gehört heute ihrem Vorstande an.
Namentlich die graphische Tätigkeit der letzten Jahre ist
mit großer Wertschätzung verfolgt und anerkannt worden.

FUNDE

Ein Gemäldefund in Lübeck. Das einzige, bisher
unechte Stück an dem berühmten Lukasaltar des Hermann
Rode, die Predella, konnte nunmehr durch ihr Original
ersetzt werden. Und zwar fand man unter der aufge-
nagelten Predellatafel eine andere, die die ursprüngliche
Malerei des Meisters Rode selbst aufwies. Es ist der leidende
Christus von je zwei Kirchenvätern umgeben dargestellt.

SAMMLUNGEN
Ein Ibsenbildnis von Walter Firle, das der Künstler
1889 in Gossensaß gemalt hat, ist von dem norwegischen
Volksmuseum in Christiania erworben worden.

LITERATUR

Max J. Friedländer, Der Holzschnitt. Handbücher der
Kgl. Museen zu Berlin. Mit 93 Abbildungen im Text und
2 Tafeln. Berlin 1917. Druck und Verlag Georg Reimer.
Die Reihe der »Handbücher der Kgl. Museen zu Berlin«,
die sich für die ideelle Nutzbarmachung der Sammlungs-
schätze als überaus wertvoll erwiesen haben, wird durch den
vorliegenden Band, der den Holzschnitt behandelt, um
ein Werk bereichert, das vor allem durch die sichere, über-
 
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