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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

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Olaf Gulbransson
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Verschiedenes / Inserate
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Olaf Gulbransson — Personalien — Vereine — Literatur

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jähre konnte er seine Kräfte sammeln, seine Kunst von
krampfhafter Überspannung reinigen und zu einer
Klarheit entwickeln, die in der gehaltenen Farbigkeit
und formalen Harmonie seiner jüngsten Landschafts-
bilder ihren Ausdruck findet.

OLAF GULBRANSSON

Es gibt von Künstlern mittleren Grades zuweilen
erstaunlich lebendige Karikaturen, Gelegenheitsarbeiten,
die einem Zufall ihre Entstehung verdanken, und man
wundert sich,wenn man ihnen begegnet,wiedertrockene
Akademiker, den man kennt, zu so launigen und ganz
unkonventionellen Zeichnungen kam. Seitdem die
Karikatur eine selbständige Spezialität geworden ist —
sie ist als solche erst eine Erfindung der Neuzeit —
ist der umgekehrte Fall nicht ganz selten. Man kennt
einen witzigen und virtuosen Karikaturenzeichner und
entdeckt eines Tages, wenn man Bilder von ihm zu
sehen bekommt, einen höchst pedantischen und wenig
originellen Maler.

So ergeht es dem Besucher der Gulbransson-Aus-
stellung, die in den vorderen Räumen von Paul Cassirers
Kunstsalon zu sehen ist. Es braucht kaum ein Wort
verloren zu werden über die höchst geistreich abge-
kürzten Porträtzeichnungen, die aus den Wiedergaben
des Simplicissimus hinreichend bekannt sind. Wie
da ein Kopf mit zuweilen überlegenem Witz auf eine
lineare Formel gebracht ist, das kann in seiner Art
nahezu unübertrefflich genannt werden. Aber es zeigt
sich, daß man ein höchst virtuoser Spezialist eines
Instrumentes sein kann und doch ein sehr trivialer
Musikant. Man soll immer vorsichtig sein im Urteil
über einen Künstler, dessen Talent man nicht in seinem
ganzen Umfange, sondern nur aus einseitigen Äuße-
rungen kennt. Man mag sich nachträglich an das
halten, worin die spezifische Begabung und Stärke
des Einzelnen beruht, aber für den Tenor des Urteils
muß die Kenntnis aller Betätigungen seines Talentes
maßgebend sein.

So ist uns diese Ausstellung willkommen, die einen
Gulbransson enthüllt, der vielen eine arge Enttäuschung
bereiten wird. Man sieht gezeichnete und gemalte
Porträtköpfe, die ganz gewiß fabelhaft ähnlich sind,
virtuos in der Mache, aber als künstlerische Leistung
von einer Skrupellosigkeit, die in krassestem Wider-
spruch steht zu dem formelhaft knappen Ausdrucks-
mittel der rein linear gefaßten Karikatur. Man mag
auch in diesen Köpfen die Treffsicherheit bewundern.
Aber das bedeutet nicht viel, wenn es an jedem künst-
lerischen Maße fehlt. Der ausdrucksvolle Kopf Max
Liebermanns wird zerpflückt, wird spielerisch in kleine
und kleinste Formen auseinandergelegt, und dieses
haltlose Gebilde geschmäcklerisch blasser, uncharak-
teristischer Farben schwimmt in einer weißen Leinwand
wie die gezeichneten Köpfe in den zu großen Papier-
bogen. Es ist die pretiöse Manier Wienerischer Ar-
tistenkunst, und man mag zuerst an Gustav Klimt
denken, der aber kaum so sehr sich in den Mitteln
vergreifen konnte wie Gulbransson etwa in den aus
Blaßgrün in Blaßrosa modellierten Männerköpfen oder

den billigen Effekten eines spiegelnden Brillenglases.
Und das Resultat: der Meister des karikierten Charakter-
kopfes zeichnet, wo er ernst zu bleiben versucht,
Masken anstatt Menschen, den glatt gestrichenen
Wachsabdruck eines Gesichtes anstatt seiner leben-
digen Form.

Man braucht sich durch diese Ausstellung nicht
das Vergnügen an den witzigen Illustrationen des
Simplicissimus nehmen zu lassen. Aber man soll
den geistreichen Spezialisten nicht mit einem großen
Künstler gleichsetzen. Es gab einmal einen Zeichner
in dem Münchener Witzblatt, der weit über die enge
Sphäre der Karikatur hinausragte. Es war Rudolf Wilke.
Er hielt sich frei von formelhafter Manier. Er gab
in jeder Zeichnung sich ganz. Gulbransson fand eine
geistreiche Abbreviatur, innerhalb deren er sich zum
Virtuosen entwickelte. Aber wo er ehrgeizig ist und
mehr zu geben versucht, wo er sich frei machen will
von dem Leitseil einer selbst gewählten Ausdrucks-
formel, geht ihm die künstlerische Haltung verloren,
es ist, als wäre er nicht mehr derselbe Zeichner.
Wenn der eine Gulbransson, den wir schätzen, witzig
und geistvoll sich gibt, enthüllt sich der andere als
pedantisch und flach. GLASER.

PERSONALIEN

Mit den Gesandten hat auch der erste Sekretär der
Athener Zweiganstalt des Kaiserlich Deutschen Archä-
ologischen Instituts, Prof. Dr. Georg Caro, Athen ver-
lassen müssen. Die jüngeren Mitglieder des Instituts waren
größtenteils schon im Kriegsbeginn aus Athen abgereist,
um ins Heer einzutreten. Professor Caro selbst, Dörpfelds
Nachfolger in der Leitung des Athener Institutes, hat in
dem hergebrachten freundlichen Zusammenarbeiten mit den
griechischen Fachgenossen auch in der bewegtesten Zeit
in Athen ausgeharrt. Zwar die Ausgrabetätigkeit des
Deutschen Instituts hat fast ganz ruhen müssen. Die große
und vielversprechende Aufgabe, die die griechische Regie-
rung den deutschen Gelehrten anvertraut hat, die Aus-
grabung des berühmten Zeusheiligtums von Dodona im
alten Epirus, hat infolge der Kriegsläufte noch nicht in
Angriff genommen werden können. Aber trotzdem brauchte
die gelehrte Arbeit in der Erforschung der Schätze Alt-
Griechenlands nicht zu ruhen, wovon erst das kürzlich er-
schienene dicke Heft des Institutsjahrbuches Zeugnis ablegt.

VEREINE

Der Bund Deutscher Architekten wird seine dies-
jährige Hauptversammlung am 16. Dezember in Berlin
(Rheingold) abhalten. Die Tagesordnung enthält u.a. Anträge
der Ortsgruppen Hannover, Köln und Minden-Ravensberg
betreffend Wiederaufnahme der Architektenkammernfrage.

LITERATUR

E. Waldmann, Albrecht Dürer. Im Insel-Verlag zu
Leipzig 1916.

Sein Daseinsrecht neben den vielen Büchern über Dürer
beansprucht dieses Buch nicht mit Entdeckungen oder mit
neuer Auffassung, sondern als anregende und belehrende
Zusammenfassung des Bekannten für die »weiteren Kreise«.
Das kleine, wie alle Ausgaben des Insel-Verlages schön
gedruckte und gefällig gebundene Heft mit 83 Textseiten,

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