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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

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Leo von König
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Tietze, Hans: Das Pettenkofenwerk des österreichischen Unterrichtsministeriums
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https://doi.org/10.11588/diglit.6187#0137

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Das Pettenkofenwerk des österreichischen Unterrichtsministeriums

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sorgfältige Schulung an edlen Vorbildern der Ver-
gangenheit. Man wird vergeblich in seinem Werke
die zukunftweisenden Züge suchen. Er ist durchaus
und mit Bewußtsein Eklektiker. Aber die Kunst ist
nicht nur eine abstrakte und überirdische Wesenheit.
Es bleiben ihr auch Aufgaben genug auf dieser Erde,
deren Erfüllung sie gerade da sich selbstherrlich ent-
zieht, wo sie auf einer vorgeblich allein ihr ange-
messenen Autonomie besteht. Mit anderen Worten,
der Maler, der nur seine Kunst im Auge hat und
nicht die notwendigen Konzessionen gelten lassen will,
die das Porträtbedürfnis ihm auferlegt, mag höher
stehen in seinem Reiche, aber er taugt nicht ganz und
letzten Endes, ein Bildnis zu schaffen, wie der Auf-
traggeber es erwarten darf.

König steht nicht wie andere seiner Altersgenossen
mit beiden Füßen in der Gegenwart. Seine Begabung
und sein künstlerischer Intellekt hätten wohl ebenso
ausgereicht, sich den herrschenden Strömungen anzu-
schließen und einen Platz zu finden in dem Strome,
der viele trägt. Er hat es vorgezogen, sich den Lehren
einer großen Vergangenheit anzuvertrauen. Er hat
von Rembrandt bis auf Manet viele Meister mit Eifer
studiert und seine Vorbilder mit gutem Verstand unter
den besten gewählt. Es wäre gewiß eine Vermessen-
heit, Königs »Boheme-Cafe« mit ähnlichen Werken
Manets in Vergleich zu setzen, so offenkundig die
Abhängigkeit zutage tritt. Man wird auch nicht König
als einen produktiven Schüler seines Meisters bezeich-
nen dürfen, denn ein solcher müßte es versuchen, in
irgend einer Weise über sein Vorbild hinauszugehen,
sei es auch auf die Gefahr, schon Erreichtes wieder
preisgeben zu müssen. Aber man soll gerechterweise
die malerisch höchst kultivierte und sehr ansehnliche
Leistung eines solchen Werkes anerkennen, auch wenn
man sich seiner eher nach rückwärts als auf die Zu-
kunft orientierten Haltung bewußt ist. König versucht
es nicht, Konsequenzen zu ziehen. Er ist vielmehr
bestrebt, das Vorgefundene zu analysieren und selbst
wieder auf seine Quellen zurückzuführen, wie er denn
nicht zum Nachahmer wird, sondern auf Grund eines
eingehenden Studiums ihrer Vorläufer die Stilstufe
der Manetschen Kunst aus sich nochmals zu erzeugen
unternimmt.

Man mag gegen ein solches Beginnen den Vor-
wurf der Unfruchtbarkeit erheben. Man wird darum
nicht leugnen wollen, daß König mit diesem gleich-
sam konstruktiven Eklektizismus sich eine gewählte
und vornehme Handschrift zu eigen gemacht hat. Es
kommt dazu die menschlich sympathische, unaufdring-
liche Art, in der der Künstler seinem Modell gegen-
übersteht, um ihn zu dem in gewissem Sinne idealen
Porträtisten werden zu lassen, als der er sich in dieser
Ausstellung präsentiert.

Es könnte durch die gegebene Analyse seines
Schaffens der Eindruck erweckt werden, als solle König
als eine gleichsam isolierte Erscheinung in dem Kunst-
schaffen unserer Zeit genommen werden. Dem ist
nicht so. Seine Malerei gehört eng zusammen mit
den Bestrebungen von Künstlern wie Hofer, Klossowski,
Caspar, die alle sich bemühen, auf eine mehr oder

minder akademische Manier aus dem Schaffen des
Cezanne eine handwerklich brauchbare Formel zu ab-
strahieren, auch sie in bewußtem Zurückgreifen auf
die Quellen, vor allem auf die Kunst des Greco.
Unsere schlagwortreiche Zeit hat für diese auch in
ihren französischen Parallelen, wieOthonFriesz, deutlich
umschriebene Gruppe noch keinen Sammelbegriff ge-
schaffen. Aber der Zusammenhang ist deutlich, und
wenn König nicht die markanteste Erscheinung inner-
halb der Richtung bedeutet, so stellen seine Porträts doch
das greifbarste und gleichsam brauchbarste Ergebnis
der bezeichneten Bemühungen dar. GLASER.

DAS PETTENKOFENWERK DES ÖSTERREICHI-
SCHEN UNTERRICHTSMINISTERIUMS

Die Monographien, durch deren Herausgabe das Mini-
sterium für Kultus und Unterricht ausgezeichneten öster-
reichischen Künstlern den ihnen gebührenden Platz erringen
helfen will, sollen nicht nur der kunstgeschichtlichen For-
schung große und dankbare Aufgaben stellen, sondern auch
den Reproduktionstechniken und allen Zweigen des Buch-
gewerbes Gelegenheit zu hochwertiger Betätigung bieten.
Auch das jüngst inmitten des Krieges erschienene, von
Arpad Weixlgärtner gearbeitete Pettenkofenwerk1) reiht
sich seinen Vorgängern — dem Segantini von Servaes,
dem Rudolf Alt von Hevesi, dem Führich Dregers —
durchaus würdig an; bis auf kleine Entgleisungen, wie
etwa das häßliche Verhältnis bei den Typen der Kapitel-
überschriften oder die verunglückten Vignetten, deren
Tiefenwirkung z. B. bei der Umrahmung auf S. 250 jeden
Eindruck von Flächenschmuck aufs peinlichste stört, ist
dieser Pettenkofen in buchtechnischer Hinsicht ein Meister-
werk, dessen tadellose Fertigstellung unter den jetzt so
schwierigen Verhältnissen das Ministerium mit stolzer Be-
friedigung erfüllen darf. Vor allem zeigen sich die gra-
phischen Anstalten Österreichs auf dem Wege unermüd-
licher Weiterarbeit, die allein auf diesem sich unablässig
vervollkommnenden Gebiete die Wahrung alterworbenen
Rufes sichern kann; unter der sachkundigen Leitung des
Verfassers, der seiner langjährigen Tätigkeit als Redakteur
der »Graphischen Künste« reiche und gründliche Erfahrung
verdankt, haben die zur Mitarbeiterschaft herangezogenen
Firmen fast durchweg Mustergültiges geleistet. Die ganze
reiche Fülle moderner Reproduktionsverfahren erschließt
sich vor uns; ja der Reichtum an verschiedenartigen ver-
feinerten Techniken ist vielleicht zu groß, so daß der ein-
heitliche Gesamteindruck darunter leidet. Für meine Empfin-
dungwenigstens ruft jede Reproduktionstechnik ein bestimm-
tes Verhältnis zum Original hervor, worauf sich der Beschauer
einstellt — ganz ebenso wie die alten graphischen Künste,
Holzschnitt, Stich oder Lithographie, jedes das Vorbild in
seiner eigentümlichen Weise umsetzen. Sobald man —
im Gegensatz zu einer Bemerkung Weixlgärtners, der im
Vorwort seine Abbildungen zu charakterisieren unter-
nimmt — nicht in der möglichen Verwechslung mit dem
Original das höchste Ziel der Wiedergabe eines Bildes
erblickt — eine Art von technischem Naturalismus, der so
verwerflich und widersinnig sein dürfte wie irgend ein
anderer — wirkt diese bunte Reihe von mannigfachen
Reproduktionsweisen, die zu stets erneuer Einstellung
nötigt, einigermaßen stillos, ganz wie ein Durcheinander

1) Arpad Weixlgärtner, August Pettenkofen. Heraus-
gegeben vom k. k. Ministerium für Kultus und Unterricht.
Wien 1916, Gerlach & Wiedling.
 
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