Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6187#0062

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
103

Literatur

104

bilen Stamm der bisherigen Mitglieder nicht allzusehr zu
erschüttern. Bewilligungen erfolgten für Burgen und Stadt-
befestigungen in 21, für kirchliche Gebäude in 30, für Rat-
häuser, Bürgerhäuser usw. in 54, für Bauern- (hauptsäch-
lich Fachwerkhäuser) in 61 und in sonstigen gemischten
44 Fällen. Vielfach konnte der Verein im Zusammenwirken
mit der staatlichen und provinziellen Denkmalpflege für
die Erhaltung von Denkmälern eintreten. Die Einnahmen
des Vereins beliefen sich im Jahre 1915 auf 166605 Mark,
denen 153830 Mark Ausgaben gegenüberstehen.

Über die praktische Arbeit des Vereins führte Prof.
Dr. Bredt aus: In der ersten Darlegung des Vereins über
seine Ziele und Aufgaben vor zehn Jahren hieß es: »Es
handelt sich nicht nur um Sicherheits- und Erhaltungs-
arbeiten an Denkmälern selbst, um praktische Schutzmaß-
regeln, sondern ebensosehr und zunächst darum, das all-
gemeine Interesse für die Denkmäler und ihre Gefährdung
zu wecken und zu stärken durch Veröffentlichung und Be-
kanntgebung dieser Schätze und durch steten Hinweis auf
die Notwendigkeit einer Gesundung unserer Architektur«.
Diese zweite Hauptaufgabe einer werbenden und belehren-
den Veröffentlichung in Wort und Bild ist im wesentlichen
der Zeitschrift, den sogenannten Mitteilungen des Vereins,
zugefallen, die heute ebenfalls auf ein zehnjähriges Be-
stehen zurückschauen. Der vor kurzem ausgegebene Zehn-
jahrbericht bringt eine umfängliche Zusammenstellung
dessen, was in dreißig stattlichen Heften im verflossenen
Zeitraum veröffentlicht worden ist.

Bischof Dr. Korum, Domkapitular Prof. Dr. Schnütgen
und Geheimer Kommerzienrat Dr. Emil vom Rath aus Köln
wurden zu Ehrenmitgliedern ernannt.

Im Anschluß an die Hauptversammlung hielt Geheim-
rat Clemen einen durch treffliche Lichtbilder unterstützten
Vortrag über »Denkmalpflege und Heimatschutz im west-
lichen und östlichen Okkupationsgebiet«. Ausgehend von
den vielfach verleumderischen Anklagen unserer Feinde über
unsere angeblich barbarische Zerstörungswut gegenüber
hervorragenden Kulturdenkmälern in den von uns besetzten
feindlichen Gebieten zeigte der Redner an wahrheitsge-
treuen Lichtbildaufnahmen, daß tatsächlich dort nur ver-
hältnismäßig wenige erhaltungswürdige Kirchen-und Profan-
bauten durch den Krieg Schaden gelitten haben, und daß
deutscherseits, vielfach unter Lebensgefahr der dabei be-
teiligten Offiziere und Mannschaften, wiederholt auf die Ret-
tung derartiger Werke vor dem Untergang Bedacht ge-
nommen worden ist. In den besetzten Landesteilen hat
überdies die deutsche Verwaltung die Wiederherstellung be-
schädigter Baudenkmäler erfolgreich in die Hand genommen.

LITERATUR

Handbuch der Kunstwissenschaft. Herausgegeben von
Prof. Dr. Fritz Burger, fortgeführt von Prof. Dr. A. E.
Brinckmann. Berlin-Neubabelsberg, Akademische Ver-
lagsgesellschaft Athenaion.

Es kann hier nur über die Anlage des umfangreichen
Werkes kurz gesprochen werden, da uns zunächst die ersten
14 Lieferungen zu Anzeige vorliegen. Trotz des Krieges
erscheint das Burgersche Handbuch bekanntlich ohne Hem-
mungen weiter, nachdem A.E. Brinckmann an Stelle des vor
Verdun gefallenen Fritz Burger die Leitung übernommen hat.
Die Bände über »Altchristliche und byzantinische Kunst«

von Oskar Wulff und über die »Baukunst des 17. und 18.
Jahrhunderts« von A. E. Brinckmann liegen bereits als voll-
endete Werke vor. Ihre eingehende Würdigung muß
Spezialforschern überlassen werden. Fritz Burger hat die
»Deutsche Malerei vom ausgehenden Mittelalter bis zum
Ende der Renaissance« als Torso hinterlassen. Als er den
Tod fand, war das Werk bis zu den Anfängen der Malerei
im alemannischen und schwäbischen Gebiete erschienen;
auf Seite 328 bricht es plötzlich ab. Auch wer Burger per-
sönlich nicht nahe gestanden hat, kann aus diesen drei-
hundert Seiten und aus der Grundidee des Gesamtwerkes
alle Eigenschaften, die seine Freunde an ihm rühmten,
herauslesen: sein leidenschaftliches Erfassen der Kunst-
werke, sein sehr persönlich ausgeprägtes Urteilsvermögen,
seinen rastlosen Arbeitsdrang und seinen Willen, die Dinge
in lebendiger und frischer Weise vorzutragen. Die Fehler,
die aus diesen Vorzügen erwuchsen, kann man dabei nicht
übersehen. Burgers Temperament ließ ihn oft vorschnelle
Urteile fällen, sein Mitteilungsbedürfnis verführte ihn bis-
weilen dazu, redselig zu werden, und die Einfälle, die sich
überstürzen, folgen in unübersichtlicher und sprunghafter
Weise aufeinander. Neben originellen Erkenntnissen und
feinen Bemerkungen stehen Sätze, aus denen ein entschie-
dener Mut zur Banalität spricht. Ehe Burger zur Sache
kommt — und auch dann bleibt er nicht streng sachlich —
läßt er sichauf reichverschlungene Erörterungentheoretischer
und technischer Fragen ein, mit denen man in einem »Hand-
buch« nicht viel anfangen kann. Man fragt sich überhaupt
immer wieder, an welche Leser sich Burger eigentlich ge-
wandt hat. Der Prospekt sagt an »Museumsbeamte, Samm-
ler und Antiquare, an Schulen, Geistliche, Behörden« usw.
Burger scheint aber manchmal auch an naive Leute gedacht zu
haben, denen man Begriffe wie »Vorstellung« erst erklären
muß. Ob die durch die Erläuterung »Unter Vorstellung
wird die auf Erinnerungsvorstellung fußende Tätigkeit des
sinnlichen Bewußtseins verstanden« viel klüger werden,
ist freilich recht zweifelhaft.

Über die wissenschaftlichen Ergebnisse kann erst ge-
sprochen werden, wenn das von Burger hinterlassene
Material zur Geschichte der deutschen Malerei von
seinem Nachfolger bearbeitet und durch eigene For-
schungen abgeschlossen sein wird. Dem Nachfolger,
dessen Name noch nicht bekannt gegeben worden ist,
möchte man strengere historische Auffassung, mehr Klar-
heit und wissenschaftliche Disziplin empfehlen. Man
muß aber auch wünschen, daß er in gleich starkem Grade
Fritz Burgers Freudigkeit und sein lebendiges Verhältnis
zu den Kunstwerken besitzt, und daß er die Fähigkeit hat,
den formalen Gehalt der Werke ebenso schön zu erfassen
und treffend wiedergeben zu können. Die Art, wie Bur-
ger im Sinne Wölfflins — freilich ohne dessen Strenge
und Prägnanz — die künstlerischen Schöpfungen dem Le-
ser zu vermitteln weiß, ist recht fein. Daß Burger den
Werken mit den unverbildeten Sinnen eines Künstlers ge-
genüberstand, spürt man am stärksten an der Auswahl
und an der Einordnung der Abbildungen, deren Zusammen-
stellung lehrreich und ungemein anregend wirkt. Schon
um der vielen guten Abbildungen willen kann man das
Werk empfehlen. Da man von den angesehenen Mitarbeitern
Gutes erwarten darf; so kann das Handbuch ein wichtiges
und brauchbares Werk werden, mit dessen Schöpfung sich
Burger bleibende Verdienste erworben hat. E. PI.

Inhalt: Kasseler Brief. Von Q. Qr. — Franz von Bayros und die Wiener Kunst. Von Hans Tietze. — Clemens Buscher t- — Kunstdebatten im
englischen Oberhaus. — Der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Heimatschutz. — Handbuch der Kunstwissenschaft.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig
 
Annotationen