Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

DOI Artikel:
Haupt, Richard: Schutz weltlicher Baudenkmäler in Preussen und Dänemark
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6187#0082

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
143

Schutz weltlicher Baudenkmäler in Preußen und Dänemark

144

worfen sind, in das Oesetz über Verunstaltung der
Ortschaften geflüchtet haben; auf dessen oft recht
schwieriger Auslegung, Erstreckung und Anwendung
ist dann zu fußen, wenn man einen Denkmalschutz
gewissen privaten Eigentümern gegenüber begründen
will. Schwer belastet ist das Ganze schon selbst da-
durch, daß seine Wirksamkeit im wesentlichen an die
Einsicht, den guten Willen, die Beschlüsse und die
Tätigkeit der verschiedensten einzelnen Körperschaften
geknüpft ist, von denen man nun erwartet, daß sie
den Mut und die Entschlossenheit finden und ent-
wickeln, die der Gesetzgeber selbst nicht finden und
entwickeln konnte, so daß es als nächster Zweck und
oft einziges Ergebnis dieser Gesetzgebung erscheint,
Ortsstatuten unter zahlreichen Erschwerungen und
Rücksichten hervorzurufen, die dann ihrerseits die
Handhabe geben sollen.

Zu dieser Betrachtung unserer Verhältnisse wer-
den wir veranlaßt dadurch, daß wir aus Dänemark
anziehende Nachrichten erhalten über das dort vor-
bereitete neue Denkmalschutzgesetz. Die Nachrichten
darüber sind wichtig und bedeutsam genug, um einige
allgemeinere Beachtung zu finden. Zudem berühren
sie unsere Verhältnisse näher, als allgemein bekannt
ist und kommen für einen kleinen Teil von Preußen
unmittelbar in Betracht. Denn in einer Anzahl von
Gegenden Schleswigs ist das dänische Denkmalschutz-
gesetz von 1861 in Gültigkeit, allerdings nicht in
besonders fruchtbarer; denn es fehlt an den weiterhin
in Dänemark getroffenen näheren Bestimmungen, Er-
gänzungen und Ausführungseinrichtungen, und die
diesseitige Gesetzgebung und Verwaltung hat sich um
den Gesetzesstumpf, der stehen geblieben ist, noch
nicht bekümmert.

Jenes dänische Gesetz betrifft bloß die kirchlichen
Denkmäler. Jetzt, nach langer Zeit, ist durch den
Drang der auch dort mächtig gewordenen Bemühungen
zum Schutze der Heimat und der vaterländischen
Altertümer die Gesetzgebung darauf vorbereitet, auf
eine Ausdehnung des Schutzes auch für die profanen
Denkmäler zu dringen und zwar: 1. für die in öffent-
lichem Besitze irgendeiner Art begriffenen und 2. für
die in reinem Eigenbesitz befindlichen.

Ein bezüglicher Gesetzentwurf, am 24. November
eingebracht, liegt vor. Die Grundzüge sind, ins
Kürzeste zusammengefaßt, diese: Die älteren Baudenk-
mäler, d. h. die Baudenkmäler mit Ausschluß der
noch nicht hundert Jahre alten, werden in ein Ver-
zeichnis eingetragen. Der Begriff der Baudenkmäler
ist folgendermaßen bestimmt: ihr Wert muß so hervor-
ragend sein, daß Zerstörung, wesentliche Veränderung
oder verderbliche Vernachlässigung einer wesentlichen
Verminderung des vaterländischen Kulturbesitzes gleich-
kommt. Je nachdem dies im vollen Maße zutrifft
und deshalb der Schutz unbedingt notwendig ist, oder
wegen geringerer Bedeutung die Erhaltung als wün-
schenswert anzustreben ist, enthält das Verzeichnis
zwei Abteilungen oder Stufen. Der Minister des
Kultus läßt die Verzeichnisse selbständig herstellen;
es gibt keinen rechtlichen Einspruch dagegen. Die
Eintragung wird in zweckmäßiger und umfassender

Weise den Beteiligten kundgegeben, zu denen auch
alle Behörden gehören, in derem Bereich der Gegen-
stand liegt, die also für die Durchführung verant-
wortlich sind. Auch wird sie in das Grundbuch
aufgenommen.

Alles Übrige hiernach ist eigentlich selbstverständ-
lich als Folgen der Aufnahme in die Liste. Die
Gegenstände stehen, um gesichert zu sein und des
Schutzes teilhaftig zu werden, unter Aufsicht, und es
wird gesorgt, daß ihnen zweckmäßige Behandlung zu-
teil werde. Dafür wird eine Behörde eingerichtet.
Sie soll bestehen aus dem Konservator der Kunst-
denkmäler, einem von der Kunstakademie zu be-
nennenden Mitgliede, das bauverständig sein muß,
einem Vertreter der freien Vereinigung für die Erhal-
tung der alten Bauwerke und einem Rechtsverständigen.
Diese haben die zu treffenden Maßregeln zu prüfen,
zu genehmigen, abzuändern, anzuordnen. Der Kultus-
minister ist die oberste, in besonderen Fällen ent-
scheidende Stelle.

Wer sich an den geschützten Werken eigenmächtig
vergreift, wird bestraft; die Buße beträgt bis zu 10000
Kronen. In der Verfügung über sein Eigentum wird
der Einzelne aber weiter nicht behelligt; er kann es
belasten oder veräußern, wie er mag. Die ganzen
Kosten der Einrichtung trägt der Staat vorweg; sie
werden auf jährliche 5800 Kronen angeschlagen. Die
sachlichen Kosten, welche durch die Anordnungen
und das Eingreifen der Behörde und durch die von
ihr bestimmten Maßregeln erwachsen, werden durch
Bewilligungen des Reichstags gedeckt. Allerdings wird
den einzelnen die Sorge für die regelmäßige, zweck-
mäßige Unterhaltung, die ihnen selbstverständlich ob-
liegt, nicht abgenommen. Machen es die Umstände
jedoch nötig, so kann der Minister, um die Gegen-
stände wirklich wirksam schützen zu können, sie ent-
eignen. Sie werden dann dem Bestände der gefrie-
deten Denkmäler hinzugefügt, die als öffentliches
Eigentum des Staates unter der besonderen Aufsicht
der Abteilung des Nationahnuseums stehen, die
dem Konservator der geschichtlichen Kunstdenkmäler
untersteht.

Die Begründung gibt uns die merkwürdige Nach-
richt, daß die Sicherung der profanen Baudenkmäler
bereits 1915 angestrebt gewesen ist. Aber auch nur
so nebenbei, nämlich untergebracht in einem Winkel
des Ganzen zur Sicherung der Naturdenkmäler. Der
Ausschuß des Reichstags hat diesen Punkt verständiger-
weise ausgeschieden und verlangt, daß eine besondere
Vorlage ausgearbeitet würde. Bisher unterlagen, von
den 20 bereits gefriedeten Denkmälern abgesehen, die
übrigen profanen Baudenkmäler keinerlei schützender
Aufsicht, haben also der Willkür der Eigentümer oder
der als Eigentümer schaltenden Behörden unterstanden,
und dies ist für den Kulturbesitz des Vaterlandes mit
nachweisbar schweren Verlusten verknüpft gewesen.
Im Auslande hat man sich der Lösung der Aufgaben,
die hier vorliegen, nicht entzogen, und es wird als
auf eine Art von Vorbildern auf das französische
Gesetz von 1887 und das italienische von 1902 hin-
gewiesen. Dann auch in einer Weise, die zwar
 
Annotationen