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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

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Cohen, Walter: Andreas Achenbach als Grafiker
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https://doi.org/10.11588/diglit.6187#0120

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219

Andreas Achenbach als Graphiker

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ist es zu bemerken, wie die Blaustrümpfe, die damals
den Hausbedarf an bürgerlicher Lyrik deckten, in
ihren Begleitstrophen, wie sie jedem »Sonnenunter-
gang« oder auch historischen Trauerfällen zur Erhöhung
der »poetischen« Wirkung angemessen wurden, den ver-
geblichen Versuch machen, den Düsseldorfer Künstler-
albumgeist in diese so ganz anders geartete herbere
Welt- und Kunstauffassung hineinzutragen. — Als
Einzelblätter seien erwähnt »Der Strand bei Scheve-
ningen« (1851, Meyer 41), die sehr verbreitete »Küste
von Capri« (1855, Meyer d: 6) und ein farbiges Blatt
von fatal-öldruckartiger Wirkung »Porto Venere bei
Mondaufgang« (1858, Meyer 42).

II. Die Radierungen. Es scheint, daß Achen-
bach erst in der Frankfurter Zeit begonnen hat, die
Technik der Radierung zu erlernen und zu handhaben.
Die ersten Blätter mit Matrosen und Schiffern aus den
Jahren 1837 und 1838 sind ziemlich befangen und
unfrei. Im Kupferstichkabinett des Städelschen Instituts
fand sich eine Radierung, die aus dem Nachlasse des
Frankfurter Kupferstechers Eugen Eduard Schäffer
(1802—1871) in die Sammlung gekommen ist. Von
drei Bildnisköpfen sind zwei karikiert und zwar in
der sofort kenntlichen aus den Steindrucken bekannten
Manier Achenbachs. Der untere dagegen, ein Bildnis
des Malers Christoph Rüben (1805—1875), weicht im
Stil vollkommen davon ab. Zwei Möglichkeiten bieten
sich dar, die durch die vollkommene Ubereinstimmung
mit den bekannten Porträtstichen Schäffers bedingt
sind. Entweder hat dieser, der ältere Meister, selbst
den Kopf auf die Platte verzeichnet, oder Achenbach
hat sich Schäffer auf das Engste angeschlossen.
Ein Kenner wie Rudolf Schrey neigt zu der letzte-

ren Ansicht: sie läßt der Vermutung freie Bahn,
daß Schaeffer, der Lehrer für Graphik am Städelschen
Kunstinstitute (seit 1832), auch der Lehrmeister Achen-
bachs in der Kunst der Radierung gewesen sei. Be-
merkt sei noch, daß auch Chr. Rüben und der gleich-
falls auf jenem Blatte wiedergegebene Maler Carl
Adolf Mende (1807—1857) ein Gastspiel, wenn auch
für kürzere Zeit als Achenbach, am Städel gegeben
haben. Mit Sicherheit darf angenommen werden, daß
das seltene Blatt in den Jahren 1837 oder 1838 in
Frankfurt entstanden ist. Ganz abweichend von dieser
Radierung und den realistischen, gleichfalls in Frank-
furt entstandenen Matrosendarstellungen ist die sehr
sauber, ja zart ausgeführte Radierung »Dichters Ge-
nesung« in dem 1838 erschienenen klassischen Illu-
strationswerke der Düsseldorfes Schule »Lieder eines
Malers mit Randzeichnungen seiner Freunde«, Verlag
von J. Buddeus in Düsseldorf. Der Verfasser ist be-
kanntlich Robert Reinick. Niemals ist Achenbach so.
»romantisch« gewesen, wie in diesem Elfen- und
Nixenblatte. Sollte Gesinnung und Laune Schwinds,
wie auf Rethel, so auch auf ihn einen Augenblick
eingewirkt haben? Daß es sich nur um ein Zwischen-
spiel handelt, zeigt sofort die »1839, Düsseldorf im
März« bezeichnete Radierung »Scheveninger Fischer-
weib« (Meyer 9). Wie saftig, vollblütig und un-
sentimental steht das derbe Weib mit in die Hüften
gestemmten Händen da, ein Protest gegen die selbst
noch in Rudolf Jordans Ölbildern herrschende Neigung
zum Weinerlichen und zur Pose. Einige radierte
Landschaften aus dieser Zeit (Meyer 10 u. 16) stehen
nicht ganz auf der Höhe des »Fischerweibs«. Aus
dem Jahre 1842 verzeichnet der Katalog der Düssel-
 
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