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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.6187#0153

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285

Stiftungen — Literatur — Forschungen

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STIFTUNGEN

Die Tiedge-Stiftung in Dresden kann jetzt auf ein
75 jähriges Bestehen zurückblicken. Sie dient zur Unter-
stützung von deutschen bildenden Künstlern, Dichtern und
Musikern sowie von Angehörigen solcher; sie wurde von
Freunden und Vertretern des am 9. März 1841 in Dresden
verstorbenen Dichters Christoph August Tiedge mit be-
scheidenen Mitteln gegründet und trat am 31. Januar 1842
in Kraft. Sie erhielt dann einen starken Zuwachs von
450000 M. aus dem Ertrage der Schillerlotterie von 1859,
d. h. der Allgemeinen deutschen Nationallotterie, die der
Major Serre auf Maxen bei Dresden zu Schillers hundertstem
Geburtstage veranstaltete, aus der die Schiller-Stiftung
hervorgegangen ist. Major Serres Büste, im Auftrage der
Tiedge-Stiftung vom Bildhauer Donndorf hergestellt, steht
im Dresdener Stadtmuseum. Aus den Erträgnissen der
Tiedge-Stiftung wurde von 1862 bis 1945 die ansehnliche
Summe von 829880 M. für Ehrengaben und Unterstützungen,
278464 M. für Aufträge und für den Ankauf von Werken
der bildenden Kunst ausgegeben. Es wurden u. a. folgende
hervorragende Werke von der Tiedge-Stiftung angekauft
oder in Auftrag gegeben: die Marmorgruppe Drama von
Max Klinger im Albertinum zu Dresden, der Gerechtigkeits-
brunnen von Bruno Fischer auf dem Holbeinplatze zu
Dresden, das Otto Ludwig-Denkmal von Arnold Kramer
(Braunschweig) in der Bürgerwiese zu Dresden, vier Reliefs
von Martin Engelke in der Vorhalle des Annenfriedhofs in
Dresden-Löbtau, die bronzene Eingangstür der Jakobikirche
zu Dresden von Hans Hartmann-Maclean, zwei bronzene
Figuren in der Turnhalle des Allgemeinen Turnvereins zu
Dresden an der Permoserstraße von Richard König, die
Büste Schopenhauers von Sintenis im Stadtmuseum zu
Dresden. Der Bericht der Tiedge-Stiftung für 1916 weist
einen Vermögensbestand von 661880 M. 45 Pf. am Schlüsse
des Jahres auf. Ausgegeben wurden 19200 M. an Ehren-
gaben und Unterstützungen, 5500 M. für fünf Gemälde und
eine Zeichnung, die teils dem Dresdener Stadtmuseum,
teils dem Museum zu Freiberg, teils dem Kgl. Kupferstich-
kabinett zu Dresden überwiesen wurden, 500 M. für mehrere
Entwürfe zu einer Gedenktafel für Gerhard und Wilhelm
von Kügelgen und 54 M. für Instandhaltung des Denkmals
und der Grabstätte Tiedges. Verfügbar blieb ein Bestand
von 40595 M. 7 Pf., wofür u. a. ein größeres plastisches
Werk ausgeführt werden soll. Die 66 Maler, Bildhauer,
Musiker, Dichter und Schriftsteller sowie Hinterlassenen
von solchen und von Kupferstechern verteilen sich auf
ganz Deutschland, Osterreich und die Schweiz. Vorsitzender
der Tiedge-Stiftung ist jetzt Bürgermeister a. D. Leupold,
Mitglieder des Vorstands sind u. a. Geh. Räte Dr. Woldemar
von Seidlitz, Prof. Dr. Georg Treu und Bildhauer Prof.
Robert Diez, Geh. Hofräte Prof. Bracht und Prof. Kießling.

LITERATUR

Woltmann und Woermann, Geschichte der Malerei. Die
Malerei des Mittelalters. Neu bearbeitet von M. Bernath.
Alfred Kröner Verlag, Leipzig, 1916.

Die stets bedenkliche und heikle Aufgabe, ein wissen-
schaftliches Werk neu zu bearbeiten, hatte in diesem Falle
besondere Schwierigkeiten; das alte Gerüst unberührt zu
lassen und nur durch Zufügung der unumgänglich not-
wendigen Ergänzungen zu modernisieren, war bei einem
Buch fast unmöglich, dessen Wert von Anbeginn an nicht
so sehr in seinen allgemeinen Ideen als in der bewunde-
rungswürdigen Beherrschung und völligen Durchdringung
des vor vier Jahrzehnten zugänglichen Materials bestanden

hatte. Bei Burckhardts Werken mochte man den unver-
gänglichen Kern in einer von Auflage zu Auflage wachsen-
den Menge von Zufügungen zu erdrücken versucht sein, bei
Woltmann war — zumal nach so vielen Jahren — ein
radikaleres Verfahren nötig, hier mußte auch die Form in
Stücke gehen und der ganze in der Menge gewachsene
und in der Auffassung erneute Stoff völlig neu gegossen
werden. Der Bearbeiter hat aber den Rahmen allgemeiner
Ideen, der der ursprünglichen Denkmälerkenntnis durchaus
entsprechend gewesen war, bestehen lassen und eine Reihe
neuerschlossener Denkmäler unorganisch hineingestopft;
auf dem höchst gründlichen Woltmannschen Unterbau
wächst nun ein recht wurzelschwacher Bernathscher Strand-
hafer. Diese überarbeitete Geschichte der mittelalterlichen
Malerei ist nichts als eine ziemlich dürre Kompilation;
aller angewandte^Fleiß^macht ^keine wissenschaftliche
Leistung daraus. Nicht daß der Bearbeiter hie und da
etwas von der Literatur — und häufig sehr Wesentliches
— übersehen, oder daß er Denkmäler der Malerei — und
häufig höchst bedeutende — ausgelassen hat, mache ich
ihm zum Vorwurf; hätte er nur das, was er an Material
und Literatur dem alten Grundstock zufügt, innerlich be-
wältigt! Sondern, daß die neue Literatur, die er bringt,
zumeist nur wie äußerlich angeklebt und in der eigent-
lichen Darstellung nicht verwertet ist, daß die wesentlichen
Lücken im_Material dort sind, wo die Woltmannschen
Paragraphen keine Gelegenheit zum Nachfüllen boten," und
daß die Würdigung der neu eingeführten Denkmäler —
der alten Führung ermangelnd — über ein hilfloses Stammeln
nicht hinauskommt (so z. B. was S. 12 f. über S. Maria
Antiqua gesagt wird), all das macht dieses Buch zu einem
zwieschlächtigen Produkt, dessen einziges Verdienst und
schlimmster Fehler es ist, die Erinnerung an eine der
wertvollsten Inkunabeln der deutschen Kunstgeschichts-
schreibung heraufzubeschwören. Dem Text sind 432 Ab-
bildungen angehängt, zum größten Teil das allerland-
läufigste, lllustrationsmaterial, zum kleineren eine nicht
unerwünschte Ergänzung dazu, aber vielfach so klein,
daß sie zu wissenschaftlicher Arbeit nicht genügen; auch
diese Partie des Buches zeugt, wie der Text, von einer
Gesinnung, die sehr verschieden ist von der, aus der
Woltmanns Buch einst entstand und die hoffentlich nach
dem Kriege die kunstgeschichtliche Produktion wieder
stärker beherrschen wird, als dies zuletzt vielfach der
Fall war. h. t.

Über das Graphische Werk Otto Greiners erscheint
demnächst im Verlag der Kunsthandlung Ernst Arnold,
Dresden, ein ausführlicher Katalog, verfaßt von Professor
Dr. Julius Vogel, Direktor des Leipziger Museums der bil-
denden Künste. Das Werk wird neben der ausführlichen
Beschreibung der Blätter eine Würdigung Greiners als Gra-
phiker enthalten, es werden 12 ganzseitige Lichtdrucktafeln
beigegeben von den markantesten und seltensten Blättern,
außerdem werden alle übrigen Blätter Greiners — etwa 90—
abgebildet, je vier auf einer Tafel, so daß das Werl; mit dem
vollständigen Illustrationsmaterial einen genauen Überblick
über Greiner als Griffelkünstler bieten wird.

FORSCHUNGEN

Dirck (Rodrigo) Stoop. Aus dem Besitze der ver-
witweten Gräfin Eugen Csäky, geb. Reichsgräfin von Stadion,
gelangten am 26. Februar anläßlich der 34. Kunstauktion
von Albert Kende in Wien (I. Kärtner Straße 4) zwei große
Gemälde des Dirck Stoop zur Versteigerung (Nr. 71 und 72,
Abb. daselbst), welche in kunst- und kulturhistorischer
 
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