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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

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30^ Personalien — Ausstellungen 310

Hamburg. In dem vor einigen Tagen hier verstor-
benen Kaufmann Siegfried Barden ist ein eifriger und
verständiger Sammler und Kenner der graphischen Kunst,
der ostasiatischen und antiken südeuropäischen Keramik
aus dem Leben gegangen. Ohne jegliche fachliche Vor-
bildung, nur von einem sicheren Gefühl für das auf diesen
Gebieten Beachtenswerte geleitet, erkannte er frühzeitig
den damals hier kaum beachteten Max Klinger. Im Laufe
der Zeit gesellten sich Blätter altdeutscher Meister und
Auslesen aus den Lebenswerken altniederländischer Meister
dazu. Auf Reisen erwarb er altjapanische Lack- und Ton-
arbeiten, althellenische Keramiken und eine größere An-
zahl tanagräischer Figuren und Köpfe von größter Schön-
heit. Im Laufe der Zeit mit führenden Persönlichkeiten
im Hamburger Kunstleben in nähere Fühlung getreten,
fand er — als Mitglied der Kommission für das Kunst-
gewerbe-Museum — Gelegenheit, sein mittlerweile durch
eifrige Studien theoretisch ausgebautes Fachwissen auch im
öffentlichen Interesse zu betätigen. Da seine Frau an seiner
Sammeltätigkeit stets mit Eifer teilgenommen, ist zu erwarten,
daß die an sich nicht große, doch insbesondere durch nicht
wieder erhältliche Unica hervorragende Sammlung bis auf
weiteres Hamburg erhalten bleiben wird. h. e. w.

PERSONALIEN

Erich Wolfsfeld, der jetzt als Leiter von Zeichen-
klassen an der Kgl. Hochschule in Berlin-Charlottenburg
wirkt, ist durch den Titel Professor ausgezeichnet worden.
Wolfsfeld wurde bekannt durch seine Radierungen, die
Zeugnis von einer höchst respektabeln zeichnerischen Kraft
ablegen, ähnlich Otto Greiner, an dem er mit großer Ver-
ehrung hing. Greiner ist auch seine bekannteste Radierung
»Die Freunde« (ein Blatt in Großfolio, erschienen bei
E. A. Seemann in Leipzig) gewidmet. Wolfsfeld als Graphiker
behandelt u. a. ein Aufsatz von Manfred Opperlin in der
Zeitschrift für bildende Kunst N. F. XXV Heft 5.

Der Maler Ferdinand Spiegel, der auch an der
Charlottenburger Hochschule tätig ist (er wurde im Oktober
vergangenenjahres von München nach Berlin berufen), wurde
ebenfalls zum Professor ernannt. Spiegel verdient als Maler
von Bauernbildern, aber auch als Illustrator Beachtung.

Max Slevogt ist, wie jetzt der »Reichsanzeiger* mit-
teilt, zum Vorsteher eines Meisterateliers für Malerei an
der Kgl. Akademie der Künste in Berlin ernannt worden.

Der Berliner Maler Friedrich Ernst Wolfram voll-
endete sein 60. Lebensjahr. Als Mitarbeiter Makarts hat
er sich seinen Ruf begründet. Seit 1892 lebt er in Berlin
und entfaltete hier eine rege Tätigkeit als Maler mytholo-
gischer Bilder und idealer Landschaften.

Dem Lehrer an der höheren Textilfachschule zu Berlin
Oskar Kunath ist der Titel Professor verliehen worden. Der
Künstler leitete vor seiner lehramtlichen Tätigkeit verschie-
dene bedeutende textilindustrielle Betriebe Deutschlands.

Dem Münchener Maler Eduard Grützner ist der

Verdienstorden der bayerischen Krone und der damit
verbundene persönliche Adel verliehen worden.

AUSSTELLUNGEN

Käthe Kollwitz' Zeichnungen. Nur selten und
ganz vereinzelt begegnete man Zeichnungen von Käthe
Kollwitz auf Schwarz-Weiß-Ausstellungen. Und alsbald
hatte man sie in den Betrachtungskreis ihres graphischen
Werkes einbezogen; so blieben sie dem Betrachter meist

nur Studien. Erst die Ausstellung von 150 Zeichnungen,
die der Salon Cassirer zu Ehren des 50. Geburtstages der
Künstlerin veranstaltet, gibt ihnen einen ^selbständigen
Charakter, den Wert eines »Werkes«, in dem^EIemente
ihrer Natur und ihrer Kunst öfter ursprünglicher zu fühlen
sind als in dem graphischen Werke, und manches, was in
dem letzteren einen weiteren Ausbau kaum gefunden hat.

Ihr eigener Charakter ist es gewesen, der ihr die
leitende Idee ihrer Kunst wurde. Die Anklage, die Käthe
Kollwitz für die Idee des reinen Menschentums des
Sozialismus erhebt, ist das ergreifende Bekenntnis ihres
eigenen sozialen Mitgefühls. Mehr als die sozialpolitischen
Vorwürfe geben die Themen, die sich in der Gruppe Mutler
und Kind vereinen, die ganze Wärme ihres hingebenden
Mitfühlens wieder. Gerade diese Gruppe ist in den Zeich-
nungen reicher vertreten als im graphischen Werk, und
der durch das Leiden verdunkelte Lebenstrieb regt sich
hier zu freieren Äußerungen.

Wenn man an keiner Stelle in dem Werke der
Käthe Kollwitz mehr an die Frau denkt, hier wird man
dennoch das Geschlecht erkennen dürfen. Dieselbe
ganz persönliche Verbindung, wenn man so sagen darf,
hat sie auch mit sich selbst. Es gibt in der modernen
Kunst nur wenige Selbstporträts von gleicher Kraft des
Bekennens, des Mitfühlens mit sich selbst. Sie nehmen
einen breiten Raum in ihrem Werk ein und sind keine
Gesichte, die als Laune aufstiegen, sondern stehen unter
derselben leitenden Idee ihrer Kunst des Mitfühlens wie
die anderen Themen. Kaum hat sie je mit den Zügen
anderer Porträts mitgefühlt. Und auch ihre Selbstporträts
sind überindividuell, wie ihre ganze Kunst. Meist nimmt sie
den Blick, besonders in der frühen Zeit in seiner Vorder-
ansicht, auf den Spiegel zu; mit ihrem Auge allein im
Spiegel, spricht sie immer nur zu sich selbst zurück, zu
ihrer Idee. Daß diese Idee nicht die Konsequenz eines
Programmes, sondern das intensive Lebensgefühl eines
starken Charakters ist, der die Welt nun einmal nach
seinem Wollen sieht, zeigt deutlich die grandiose Verein-
seitigung ihres sozialen Mitgefühls. Persönlichkeit und
Idee verschmelzen hier miteinander. Den breiten Strom
des Lebens, der auch in diesen dunklen Schachten mensch-
licher Gemeinschaft fließt, hat ihre Persönlichkeit nicht in
all seinen Mannigfaltigkeiten gefühlt, ihr^ Mitfühlen nicht
gestaltet. Für das heranwachsende Kind, dem das Pro-
gramm des Sozialismus soviel Beachtung schenkt, hat sie
wenig Raum in ihrem Werk, und von der Liebe kennt sie
allein die Mutterliebe. Diese Einseitigkeit, die das
gute Recht ihrer Persönlichkeit ist, möchte man spezifisch
deutsch nennen. Blickt man auf Meunier und auf lebende
Belgier, auch auf Millet, so sieht man, daß dort die
leitende Idee weniger in der einmaligen Anlage der Per-
son wurzelt und daher andererseits die Programmwerte
stärker sind als die reinen Gefühlswerte.

Das Leben, dessen Käthe Kollwitz bedarf, um ihre
Vision zu realisieren, tritt nur ganz vereinzelt in der Form
des Motivs auf. Die Selbstbestimmung ihrer künstlerischen
Formensprache ist so fest, daß diese kaum in sich selbst
eine merkliche Wandlung durchgemacht hat — auch hierfür
können die Zeichnungen deutlichere Zeugen stellen als die
Radierungen. — Nur in den Zusammenhang großer Be-
wegungen ist sie erst langsamer hineingewachsen. Die
Einzelform war von Anfang an plastisch orientiert. Man
darf sich durch die artistischen Reize der frühen Feder-
zeichnungen nicht irreführen lassen; die malerische Haltung
ist nur Technik, Ateliertradition. In Wahrheit dringen alle
diese Mittel, besonders das scharfe Licht, darauf, die Form
aus dem Grunde herauszuholen. Das künstliche Licht, bei
dem sie viel gezeichnet haben muß, hatte dieser Aufgabe
 
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