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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

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357

Ausstellungen — Vermischtes — Literatur

358

beschreiben. Wer sich für Klingers geniale Jugendentwick-
lung interessiert, sei auf den Besuch dieser intimen Aus-
stellung hingewiesen. — Bei dieser Gelegenheit sei auch
noch der Leipziger Jahresausstellung gedacht, die diesmal,
wo viele Mitglieder durch den Krieg am Schaffen gehindert
sind, keine sonderlichen Überraschungen bringt, aber immer-
hin erfreuliche Gaben des Leipziger Künstlerstammes und
einiger geladenen Gäste zeigt.

Frankfurt a. M. Im April veranstaltete der Kunst-
verein eine Gesamtausstellung, die mit den Werken des
Künstlerehepaares Karl Casper und Maria Casper-Filser be-
kannt machte. Von ersterem hatte man gelegentlich ein-
zelne Bilder, deren Wirkung wesentlich auf den Umriß
gestellt, und deren Farbe meist ein schweres Braungelb war,
gesehen, die vielfach biblische Stoffe behandelten: jetzt
trat diese Tendenz, wo von 38 Werken 22 diesen Themen
gewidmet waren, noch sehr viel deutlicher hervor. Man
hat hier den Eindruck ernsthaften Ringens, das sich bei
einzelnen durch veränderte Fassungen als fortschreitend
stärkere Bewältigung kundgibt: »Barmherziger Samariter«,
»Jakob ringt mit dem Engel«; eindrucksvoller noch bei
den drei Fassungen des »Ölbergs«, wo die letzte des wie
auf einer Insel herausgehobenen Christus, oder des Johannes
auf Patmos, dessen flammende Umrisse durch die kolo-
ristische Haltung eine Unterstützung erfährt, wirklich, wie
etwas Endgültiges wirkt. Anderes erscheint einem wieder
billig, wie der »Moses vor dem brennenden Busch«, oder
in der Bewältigung des Raumes nicht überall geglückt wie
im Abraham mit den drei Engeln. In den wenigen Bild-
nissen spricht sich keine besondere Begabung gerade da-
für aus; sehr wohl dagegen in den mehrfach wiederkeh-
renden Figuren in freier Landschaft, wie den Frauen am
Meer mit ihrem wohl abgewogenen Aufbau und der leich-
teren farbigen Haltung. — Es ist nicht schwer, Einflüsse
verschiedener Art zu entdecken. Italiener und Greco und
Marees und Franzosen, aber man hat doch sehr den Ein-
druck persönlicher Verarbeitung, die den Weg zum Stil be-
deutet. Frau Caspar geschieht durch die Zusammenstel-
lung mit den Arbeiten ihres Gatten kein Dienst: ihre in
der Technik außerordentlich verwandten, an sich viel
Feines bietenden Landschaften und Stilleben wirken auf
diese Weise sehr viel mehr zufällig und einer inneren
Notwendigkeit nicht entsprungen, als es sonst wohl der
Fall sein würde.

Im Kunstsalon Schames zeigte Otto Kopp-München
eine Anzahl Bilder, die in tüchtiger, keine besonderen
Probleme aufwerfender Technik sich an bestimmten Situa-
tionen versucht: Akte im Freien und im Innenraum und
Figurengruppen, aber auch Kompositionen erzählenden In-
halts, wie eine Potiphar oder ein Christus. In moderne
Probleme führt, abgesehen von nicht sehr erfreulichen
Arbeiten von Schmitt-Rottluff-Berlin, wo weniger innere
Norwendigkeit als eine Modeströmung am Werke scheint,
August Babberger-Frankfurt. Er geht auf Monumenta-
lität aus, wie sie dem Fresko eigen ist; Typisierung der
Form, ins Helle abgetönte Farbstimmung sind ihm dazu
Mittel, die besonders in seinen Landschaften von guter
Wirkung sind, wenn sie auch eine gewisse Schwere trotz
der Steigerung über das nur Naturhafte hinaus nicht ver-
leugnen können; besonders widerstrebt die Wolkenbildung
der doch offenbar angestrebten Leichtigkeit, die z. B. Hodler
— es sind auch bei Babberger meist Schweizer Landschaften
und er hat zweifellos von Hodler Einflüsse empfangen —
in so hohem Maße erreicht. Gern sähe man Babberger
einmal eine größere Fläche überantwortet, auf der er sich
dekorierend ergehen könnte. Bei Figurenbildern wird eine Auf-
teilung der Fläche in geometrisches Schema versucht, die nicht

sehr überzeugend wirkt: das Halbfigurenporträt einer Frau
ist durch die strenge Linie und eine trotz aller Typisierung
doch zu spürende Naturnähe von bedeutender Wirkung.

Hamburg. Der Kunstverein hat in seinen sämt-
lichen Ausstellungsräumen eine Gedächtnisausstellung nach
dem im Felde gefallenen Hamburger Maler Adolf Otto
Eggeling veranstaltet. Die hier vereinigle große Zahl von Ge-
mälden, Zeichnungen und Lithographien spricht von starker
Begabung. Das mit ersichtlicher Aufmerksamkeit studierte
und gerne gemalte Selbstbildnis des Künstlers, das häufig
allein und in nicht immer gewählter Verbindung mit ver-
schiedenen Modellen wiederkehrt, zeigt einen alle Stufen-
leitern eines reichen, sinnlich-seelischen Empfindungslebens
widerspiegelnden Kopf. Daß er vom Kunstgewerbe herge-
kommen, ist vornehmlich aus seinen in zartester Durchzeich-
nung gehaltenen Lithographien zu ersehen, die von einem
großen Respekt vor der Linie erfüllt sind, der auch noch
in seinen späteren Ölgemälden heilsam nachwirkt. Als ge-
gewichtigste Dokumente für das Vorhandensein reicher
Entwicklungsmöglichkeiten, die mit dem so frühen Tod des
Künstlers in ihren letzten überzeugendsten Äußerungsformen
freilich ungehoben geblieben sind, erscheinen die Bildnisse.
Jedenfalls ist in dem auf dem Felde der Ehre Gebliebenen
den Hamburgern eine zukunftsvolle, künstlerische Begabung
verloren gegangen — von der vorher freilich die wenigsten
gewußt. h. e. w.

VERMISCHTES
Der Deutsche Werkbund wird im Einvernehmen mit
der Heeresverwaltung, den Kultusministerien der größeren
Bundesstaaten und den staatlichen Verwaltungsstellen für
Kriegerehrung ein Werk über Kriegergräber im Felde
und daheim veröffentlichen. Die Schriftleitung hat Geheim-
rat Dr. Peter Jessen.

LITERATUR

Zeichnungen alter Meister in der Kunsthalle zu
Bremen. (Veröffentlichung der Prestel-Gesellschaft
2. Teil.)

Van Dyck und Dürer stehen im Mittelpunkt der
Publikation. Der erstere mit geradezu glänzenden Arbeiten,
die uns diesen in seinen Bildern bis zur Kühle vornehmen
Künstler von einer geradezu hinreißenden Leidenschaft zeigen.

Wie prachtvoll kontrastieren die in den Umrissen hin-
gezauberten Charakterköpfe zu den breiten getuschten Flä-
chen, die sich um die Hauptfigur herumlagern, diese würde-
voll betonend und kräftig herausholend. Es geht von diesen
Blättern eine starke, innere Erregung aus, die sich dem
Betrachter spontan mitteilt und die ihn Fehlerund Schwächen
übersehen läßt. Aus der Rubenszeit stammt namentlich
die »Großmut des Scipio- Africanus«, wo die Rubenssche
Monumentalität namentlich in die Hände des Paares ge-
fahren zu sein scheint. Wie akademisch virtuosenhaft mutet
dagegen der in fataler Weise übermodellierte Greisenkopf
an, der als Rubensschule bezeichnet ist. Er stammt m. E.
von einem sehr geschickten Routinier und ist viel später
entstanden, wohl im 18. Jahrhundert, als man auf den Akade-
mien sich in allerhand Stilarten übte und zeichnete. Ein
Ideal der damaligen Zeit war Reynolds, der die Stilarten
aller berühmten Künstler sozusagen auswendig konnte. Was
ich von Handzeichnungen des Rubens kenne, ist frei von
allem Virtuosentum und wirkt sehr viel innerlicher und
intimer. Auch wüßte ich nicht zu sagen, wer von seinen
Schülern das Blatt gemacht haben könnte.

Wesentlich anders als van Dyck kommt Dürer zu Wort,
wenn man die zwölf Vorzeichnungen zu geschnittenen
Muschelreliefs, von denen elf einen Nürnberger Pokal
 
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