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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.6187#0197

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373

Zur Frage der Honorierung von Expertisen

374

Den »Ruinen Belgiens« sind außer den be-
kannten Ansichten von Dinant, Löwen, Ypern, Dix-
muiden und Nieuwport noch Photographien beigefügt
des nun zerstörten Grabdenkmals in Marmor des
Bischofs Jan Visschere (f 1613) aus der Kirche
St. Martin in Ypern, des Schreines des Heiligen
Hadelin, eine Arbeit in vergoldetem Silber aus dem
12. Jahrhundert in der Kirche in Visee und des
monumentalen Bildes von Jordaens »Die Anbetung
der Könige«, aus der Kirche in Dixmuiden; sowie
der zerstörten Kirchen von Pervyse, Loo und Woesten.

Steht diese Nummer also ganz im Zeichen des
Krieges, so spricht die zweite dagegen eine ganz
ruhige Sprache.

Wie wir schon gesagt haben, erschien darin der
Aufsatz des verstorbenen Robert Andre Michel über
die Wandmalereien im Palais der Päpste zu Avignon.
Diese Fresken wurden 1906 entdeckt in einem Zimmer
der dritten Etage des Turmes »de la garde-robe«.
Die Balkendecke ist hübsch bemalt; eine Reihe von
Illustrationen aus dem Leben der Jäger und Fischer
läuft an den Wänden entlang. Die Malereien wurden
von Herrn Yperman wieder freigelegt und haben bei
dieser Bearbeitung leider sehr leiden müssen. Sie
datieren aus dem 14. Jahrhundert. Eigentümlich ist der
Hintergrund von Blättern, der an Wandteppiche erinnert.

Von den übrigen Aufsätzen nennen wir noch
»zwei Arten von Stadtarchitektur« von Charles du
Bas, worin er erstens über die englischen Garten-
stadthäuser und zweitens über die Stadt der Zukunft
schreibt, und dabei auch Abbildungen von den Not-
wohnungen gibt, die man dort errichtet hat, wo der
Krieg gewütet hat.

Charles Oulmont veröffentlicht noch nicht heraus-
gegebene Bildnisse Voltaires.

In der Dezember-Nummer finden wir die Mit-
teilung, daß die Gazette des Beaux-Arts während
des Krieges nicht jeden Monat erscheinen wird,
sondern einmal im Vierteljahr in einer Stärke von
134 Seiten.

Mit der dritten Nummer erscheinen die Eng-
länder auch an der französischen »Kunstfront«. Ihren
Namen nach haben wir wenigstens Miss Florence
Ingersoll-Smouse und Maurice M. Brockwell für Briten
zu halten. Die erste schreibt über die barocke Grabkapelle
»della pietä dei principi di San Severo« in Neapel,
der letztere über das viel umstrittene Bild der sogen.
»Schiavona« aus der Sammlung Crespi, jetzt bei Sir
Francis Cook in Richmond bei London, dessen Sohn
Herbert Cook das Porträt als ein Bildnis der Caterina
Cornaro, Königin von Cypern, deutet und es
dem Giorgione zugeschrieben hat. Im Jahre 1914
hat er das Bild für die Sammlung seines Vaters gekauft.
Es kam noch rechtzeitig genug nach London, um auf der
Ausstellung der venezianischen Bilder im Burlington
Club paradieren zu können. Brockwell erzählt aus-
führlich, welchen Sammlungen dieses Bild angehört
hat, wie es möglich gewesen ist, ein so bedeuten-
des Bild aus Italien herauszubringen und zitiert
die verschiedenen »Entente-Zuschreibungen«. Ihm
scheint unbekannt zu sein, daß dieses Bild reprodu-

ziert ist auf Seite 11 des Tizian-Bandes von Dr. Oskar
Fischel in den Gesamtausgaben der Klassiker der
Kunst (Deutsche Verlagsanstalt). Brockwells Mei-
nung nach ist es eine Jugendarbeit Tizians, gemalt
unter dem Einflüsse von Giorgione. Was nun
die Identität dieser Dame betrifft, so haben ver-
schiedene Schriftsteller auf das Porträt von Gentile
Bellini in Budapest hingewiesen, auf das »Wunder
des wirklichen Kreuzes« in der Academie in Venedig,
auf eine Stifterin auf dem Gemälde des Jacopo di
Barbari in Berlin und auf die Marmorbüste aus der
Sammlung Pourtales in Paris. Nur ist allen das
venezianische Bild eines unbekannten Meisters aus
dem 16. Jahrhundert im Besitze des Herzogs von
Devonshire in Chatsworth entgangen, der offi-
zielle Empfang einer Königin in Venedig, auf welches
Brockwell zuerst hinweist. Er stellt die Frage, ob
es nicht möglich sei, daß wir in der Figur in der
Mitte dieser Komposition ein Bildnis der Caterina
Cornaro besitzen. Die Formen der Königin lassen
vermuten, daß wir in diesem Bilde ein historisches
Dokument besitzen, ein aus dem Gedächtnis ge-
maltes Bildnis, ausgeführt einige Jahre nach einem
Ereignis, woran die Caterina Cornaro teilgenommen
hat. Brockwell setzt das Bild an auf 1511 (Fischel um
1505—1506), also in der Zeit des Entstehens der
Fresken in Padua, weil ihm kein einziges früheres Werk
von Tizian bekannt ist. Gegen diese von ihm vorge-
schlagene Datierung und die gleichzeitige Möglichkeit,
daß wir hier ein Bildnis der Königin von Cypern
vor uns sehen, führt Brockwell an, daß Caterina Cornaro
um 1510 gestorben ist. (Fortsetzung folgt.)

ZUR FRAGE DER HONORIERUNG VON
EXPERTISEN

Nachdem wir in Nr. 28 bereits die Äußerung
eines vorzüglichen Kunstforschers abgedruckt haben, der
sich gegen die Reglementierung gewendet hat and der
individuellen Freiheit der durchaus selbstlosen Forschung
das Wort redet, sind uns inzwischen drei Äußerungen
zugegangen: Die erste unmittelbar durch Exz. von
Bodes Aufsatz hervorgerufen; die beiden anderen
— aus Wien — vor Erscheinen von Bodes Arbeit.
Die sich vielfach widersprechenden Anschauungen
zeigen, daß die Frage noch ungeklärt, die Diskussion
also nützlich ist.

* *
*

Ein jüngerer Museumsbeamter schreibt:

Exzellenz von Bode gibt selbst zu, daß die An-
nahme von Honorar für Expertisen eine gewisse Be-
rechtigung besitzt. Er wünscht aber, daß alle Gelder
in die Kasse des betreffenden Museums abgeführt
werden sollen.

Ich glaube nun, daß dies bei dem Direktor einer
Sammlung eher begründet ist, als bei einem Unter-
beamten. Denn ich brauche nur darauf hinzuweisen,
daß der Direktor von Haus aus eine andere Reisemög-
lichkeit besitzt, sich bei Dienstreisen stets vortrefflich
orientieren kann und Studienreisen nicht nur leicht ihm
 
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