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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

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Mitteilungen aus ausländischen Kunstzeitschriften, [3]
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4Ö3

Mitteilungen aüs ausländischen Kunstzeitschriften

404

David im Kunsthandel bei Colnaghi und Obach. Das
wundervolle Bild, das hier ausgezeichnet reproduziert
ist, kennt man schon aus den Aufsätzen im Burlington
Magazine von Januar und September 1905, in den
Monatsheften von 1913 (S. 273), und aus Boden-
hausens »ausgezeichnetem Buche«.

Was wir im vorigen Aufsatz von den italienischen
Zeitschriften sagten, können wir, im Gegensatz zu den
französischen, auch von den englischen sagen: kein
Wort verrät kleinlichen Feindeshaß, der bis in die
wissenschaftlichen Arbeiten eingedrungen wäre.

Ohne irgend einen Vorwurf an die Feinde finden
wir in diesem Heft die Zerstörung des Deckengemäldes
von Piazzetta in der Kirche S. Giovanni e Paolo in
Venedig publiziert. Tancred Borenius, von dem der
Aufsatz herrührt, erzählt, daß die meisten Kunstwerke
dieser Kirche, auch die Glasmalereien, längst in
Sicherheit gebracht waren, was jedoch mit dem Decken-
gemälde nicht möglich gewesen sei. Der Verlust ist
um so schmerzlicher, als wir kein anderes Decken-
gemälde von Piazzetta besitzen. Eine Abbildung der
Apotheose von St. Dominic ist beigefügt.

Paul Buschmann schreibt über Zeichnungen von
Cornelis Bos und Cornelis Floris. Unter den neu
herausgekommenen Büchern wird eins erwähnt von
Mr. A. J. Koop, vom Victoria- und Albert-Museum
in London, und von Mr. Hogetarö Inada von Kiöto
über japanische Namen und wie man sie lesen muß.

Im Dezemberheft findet man zuerst eine Photo-
graphie der Madonna mit dem Kinde von Piero di
Cosimo, z. Z. im Kunsthandel bei Duveen Bros, und
vorher in der Sammlung von Mr. A. E. Street; 1904
war es auf der Winter-Ausstellung im Burlington
House. Dr. Knapp erwähnt es in seiner Monographie
über Piero di Cosimo (1899). Herbert Cescinsky
schreibt über die bekannten englischen Möbel-Künstler
Thomas Chippendale und George Hepplewhite. A.
van de Put weist einen Fehler in Berensons Katalog
der Sammlung von Mr. P. A. B. Widener nach. Die
Porträtbüste eines alten Kriegers wird hier dem
Francesco Buonsignori (1455?—1519) zugeschrieben.
Vom Dargestellten sagt Berenson, daß er ihn nicht
identifizieren kann mit einem ihm bekannten Gonzaga,
daß er aber doch wahrscheinlich dieser Familie an-
gehöre. A. van de Put erkannte das Emblem der
Sforzas und konnte so den Krieger als Francesco
Sforza identifizieren. Die Züge des Bildes stimmen
mit denen der Büste in Bas-Relief im Bargello überein
(Abbildung bei M. G. Clausse, »Les Sforza et les arts
en Milanais« pl. III). Auf der Medaille des Sperandio
auf Francesco Sforza erscheint der Herzog in ungefähr
derselben Rüstung wie auf dem Widenerschen Porträt
und dürfte auch ungefähr im selben Alter stehen.
In Arbeiten wie diesem Katalog sollte viel besser auf
die Familienwappen, die soviel zur Identifikation des
Dargestellten beitragen können, geachtet werden.
Lionel Cust schreibt über das neu restaurierte Bild
im Buckingham Palace, »Die Geliebten«, das ent-
weder Tizian oder Giorgione zugeschrieben wird.
Es gibt viele Variationen davon. Verschiedene Kenner
halten das Exemplar der Casa Buonarotti in Florenz

für das Original. Auch gibt es noch eins, das aus
einer Sammlung in Pesaro stammt und später dem
holländischen König gehörte; wahrscheinlich ist dies
dasselbe Gemälde, daß sich nun bei Mr. Godfrey
Clark in Tal-y-Garn, Llantrissant, Glamorgan, be-
findet, dessen Vater Mr. George T. Clark, F. S. A. es
durch Sir Henry Layard erworben hat. Vor kurzem
wurde nun in Bergamo, in der Sammlung von
Signor Cereza eine Ambrogio Figino (1550—1595)
signierte Kopie entdeckt. Lionel Cust glaubt, daß
dieses Bild nach dem Buckinghamer Exemplar ge-
malt ist. Signor Achille Locatelli Milesi, der im
»Emporium« vom April 1916 (einer in Bergamo er-
scheinenden Zeitschrift) über die neue Entdeckung ge-
schrieben hat, meint daß die Komposition von Giorgione
herrührt; er sieht das Londoner Bild als das inter-
essanteste der verschiedenen Exemplare an, glaubt
aber, daß alle auf ein unbekanntes Original zurück-
gehen. Lionel Cust hält es immer noch für möglich,
daß der englische König wirklich das Original von Tizian
besitzt, das van Dyck 1622 in Venedig gesehen hat.

Neben dem stattlichen Burlington Magazine steht
der Connoisseur mit seinen (nicht immer schönen)
Farbendrucken und dem weißen glänzenden Papier.
Von den drei Zeitschriften Burlington, Studio und
Connoisseur, über die hier referiert wird, entspricht
die letzte am besten dem Geschmack des englischen
Publikums. Für die farbigen Reprodruktionen wählt
man am häufigsten etwas süßliche Darstellungen, denn
wie in ihrer Literatur, so bevorzugen die Engländer
auch in der bildenden Kunst das Sentimentale. Auch
werden hier viele Bildnisse von Mitgliedern altbekannter
englischer Geschlechter veröffentlicht, denn die Eng-
länder interessieren sich ganz besonders auch für die
höchsten Kreise ihres Landes. (Man denke nur an
Zeitschriften wie »Sketch« und »Graphic«, wo über
die Hochzeiten dieser Familien lang und breit be-
richtet wird, von wem »er« der Sohn, Enkel oder
Vetter und mit wem alles »sie« verwandt ist). Der
Connoisseur unterrichtet nun regelmäßig über deren
Wohnsitze, Sammlungen usw. Daß dabei auch vieles
ist, das auch den ernsten Kunsthistoriker interessiert,
versteht sich von selbst.

Der Herausgeber, C. Reginald Grundy, berichtet in
zwei Aufsätzen im September- und Oktoberheft des
vorigen Jahres von dem »Mansion House« und der
Sammlung des jetzigen Lord Mayors Sir Charles
Cheers Wakefields. Verschiedene Bilder von Nicolaes
Maes, Sir Peter Lely, Sir Godfrey Kneller, Cornelis
Janssen, Thomas Gainsborough, Wheatley und Morland
sind dabei abgebildet; auch das Porträt eines alten
Mannes, das »Rembrandt 1664« signiert ist. Von
diesem Bilde, das im zweiten Rembrandt-Band von
Rosenberg (Klassiker der Kunst) nicht erwähnt ist, wird
gesagt, daß das Licht im Mansion House es nicht ge-
stattet, das Bild so gut zu examinieren, wie man wohl
möchte, und daß es dadurch unmöglich sei, zu
sagen, ob es später übermalt ist oder nicht. Es
sieht aus, als ob es vor einiger Zeit gereinigt worden
wäre und dabei einige seiner ursprünglichen Quali-
täten verloren hätte.
 
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