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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

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The arbitrary government of D. Bode
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https://doi.org/10.11588/diglit.6187#0240

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The Arbitrary Government of Dr. Bode

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Friedrich-Museums für mustergültig, für die beste,
die er je in einer öffentlichen Galerie gesehen habe
und empfiehlt sie für London zur Nachahmung.

Sodann wird Mr. C. Fairfax Murray (Kunsthändler)
vernommen. Es wird auch die Preisfrage besprochen
und Murray bemerkt, daß zahlreiche Bilder eigentlich
von Amerikanern überzahlt würden. Wenn Listen
von Stücken angefertigt würden, die von den einzelnen
Künstlern im Lande und sonstwie vorhanden sind, so
täte man gut daran, sie als Geheimdokumente in den
Archiven der Galerien zum Nachschlagen aufzuheben.

Der Beisitzende Sir Charles Holroyd bemerkt, es
würde aber dann doch sehr schwer sein, die Gemälde
zu prüfen und gleichzeitig das Geheimnis zu wahren.

Murray: »Nein, das ist ganz und gar nicht schwierig.
Was zu geschehen hätte, wäre eine allgemeine Auf-
nahme aller Gemälde Englands. Genau so, wie es
Bode bei seinem Rembrandtbuche gemacht hat. Ich
bin der Ansicht, daß diese Art Buchherstellung ein
Angriff auf alle Galerien war. Bei dieser Gelegen-
heit wollte man Kenntnis von allem haben, was über-
haupt zu haben war, nicht nur von den Rembrandts.
Die Anzahl der Gemälde, die allein in Verbindung damit
verloren gegangen sind, ist fürchterlich (tremendous).«

Der Kunsthändler Mr. W. Lockett Agnew wird
um seine Meinung befragt. Es werden im allge-
meinen wieder dieselben Themen behandelt. Mr. Ben-
son fragt, wie es möglich gewesen ist, daß Dr. Bode
eine so große Reihe von Stücken aus England hat
herausziehen können.

Agnew antwortet: »Ausschließlich durch sein über-
legenes Wissen.«

Beisitzer Benson: »Er weiß was er tut und ent-
schließt sich augenblicklich. Wie geht er vor? Sucht
er sich jemand, der eine Offerte macht?«

Agnew: »Dr. Bodes Anstrengungen in den letzten
zehn Jahren sind bedeutend schwieriger gewesen. In
dieser Zeit hat er wenig aus England bekommen können.«

In einer anderen Sitzung wird Sir Sidney Colvin,
British Museum, befragt. Earl Curzon spricht von
der Anlage des Kataloges der National Gallery. »Haben
Sie irgendwelche Vorschläge und evtl. was für welche
hinsichtlich des Kataloges der National Gallery zu
machen?«

Colvin: »Wasdie Form des Kataloges der National
Gallery betrifft, so denke ich, kann die letzte Aus-
gabe des Gemälde-Kataloges vom Berliner Museum
in jeder Hinsicht als Muster dienen, besonders die
Methode, neben jede Bildbeschreibung eine kleine
Schwarz-Weiß-Reproduktion des betreffenden Bildes
zu drucken.«

Der Vorsitzende behandelt die Frage, ob es zweck-
mäßig sei, Händler bei den Ankäufen der Museen
hinzuzuziehen.

Der Beisitzer Sir Edgar Vincent bemerkt: »Ich kann
mich irren, aber soweit ich es beurteilen kann, würden
Leute mit großen Vermögen wie Agnew und Sulley
mit Vergnügen mit der Gallery in offizielle Verbindung
treten, und zwar zum Vorteil der letzteren.«

Vorsitzender (zu Mac Coli, dem Keeper der Wal-
lace Collection): »Ist ihnen bekannt, ob eine Verbindung

dieser Art zwischen den Händlern des Kontinentes
und den Galerien des Kontinentes besteht?«

Mac Coli: »Soviel ich weiß, nein. In Berlin be-
steht eine andere Einrichtung; dort hat Bode einen
Kreis von Sammlern um sich, der in der Lage ist,
auf Versteigerungen solche Stücke zu kaufen, die für
die öffentlichen Sammlungen geeignet sind, und sie zu
behalten, falls sie dennoch nicht gewünscht werden.«

In einer ferneren Sitzung wirft Lord Curzon die
Frage auf, ob man dem Direktor einer öffentlichen
Galerie eine sehr weitgehende, sozusagen unbeschränkte
Vollmacht bei den Ankäufen lassen soll. Der befragte
Mr. Clutton Brock bejaht diese Frage.

Vorsitzender (fortfahrend): »Sie sind also der An-
sicht, daß die Trustees nicht Kenner zu sein brauchen,
sondern Geschäftsleute, die für die Bilder, die zu er-
werben wären, nicht verantwortlich sind? Glauben
Sie nicht, daß es große Schwierigkeiten machen würde,
Herren von Verantwortlichkeitsgefühl und geschäft-
licher Gewandtheit zu gewinnen, die unter solchen
Umständen als Trustees eintreten möchten? Glauben
Sie, daß Trustees, durch ihre Stellung, Mittel usw.
einflußreiche Leute, fähig sind, dem Direktor außer-
gewöhnlichen Beistand beim Aufbringen des Geldes
zu leihen, das für die Erwerbung von Kunstwerken
nötig ist?«

Clutton Brock: »Ich glaube in der Tat, daß sie
dazu fähig sind, und ich glaube auch ferner, daß
diese Umstände die Herren mit Befriedigung erfüllen
würden, Trustees zu sein.«

Der Vorsitzende: »Aber dabei würden sie doch
überhaupt keine Stimme beim Ankauf der Bilder haben;
sie wären eben einfach Geldherbeischaffer. Wenn der
Direktor die Mittel selber nicht aufbringen kann, so
geht er zu den geduldigen Schafen, und sie müssen
es herbeischaffen?«

Clutton Brock: »Ich glaube, das ist die Hauptsache.
Der Kernpunkt ist jedoch, eine Persönlichkeit zu haben,
die sich sofort eine Meinung bildet. Ein solcher Mann
kann Irrtümer begehen, aber er wird sich auf Kom-
promisse nicht einlassen. Das ist meiner Ansicht nach
der Fall im Berliner Museum, mehr oder weniger.«

Der Vorsitzende: »Sie denken dabei an die Wachs-
büste?«

Clutton Brock: »Jawohl; es setzt sicher heftige Feh-
ler, aber meine Ansicht ist, daß die gelegentlichen, wenn
auch großen Irrtümer mehr als ausgeglichen werden.
Das Berliner Museum hat eine ganze Reihe von Wer-
ken verhältnismäßig billig erworben, nicht bloß aus
Deutschland. Nein, es ist auch fähig gewesen, so-
zusagen den Krieg in Feindesland zu tragen, erstens
weil der Direktor in der Lage war, seine ganze Energie
darauf zu konzentrieren, herauszufinden, wo die Stücke
stecken, und zweitens, weil er fähig war, sofort
zu handeln und zu kaufen. Meine Ansicht über Ber-
lin ist die: Ich glaube, Bode ist in der Lage, stets
bereit zu sein, zuzugreifen und ununterbrochen zu
wissen, welche Bilder in der ganzen Welt in einem
gegebenen Momente zum Verkauf stehen. Ich würde
dem Direktor die größtmögliche Freiheit einräumen,
diese Art von Wissen sich anzueignen.«
 
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